Kickstarter-Produkte fürs Smart Home – und was aus ihnen wurde

Crowdfunding ist beliebt in der Smarthome-Branche. Vor allem junge Unternehmen beteiligen ihre Kundschaft gerne an den Entwicklungskosten neuer Produkte. Sie veröffentlichen ihr Konzept auf einer Online-Plattform wie Kickstarter oder Indiegogo und hoffen, dass möglichst viele Menschen das Gerät vorbestellen. Manche Start-ups haben auf diese Weise schon Millionenbeträge eingesammelt.

Crowdfunding: Koppelwort aus den englischen Begriffen für Menschenmenge (Crowd) und Finanzierung (Funding).

Wird die festlegte Kapitalmenge erreicht, geht die Arbeit oft erst richtig los. Dann kann es Jahre dauern, bis das das Produkt seine Käufer erreicht. Manche Ideen schaffen es auch nie bis zur Serienreife. Andere legen den Grundstein zu einem erfolgreichen Unternehmen, das ohne diese Schwarmfinanzierung nie entstanden wäre. Risiko für die Geldgeber: Im Falle eines Fehlschlags ist nicht gesagt, dass sie ihre Investitionen zurückbekommen. Einige Projekte laufen seit 2014 ohne Aussicht auf Erfolg. Andere haben sich scheinbar in Luft aufgelöst: Mit der Aktion verbundene Webseiten, Twitter- oder Facebook-Profile sind aus dem Netz verschwunden.

Stichprobe: 55 Prozent der Aktionen führten zum Erfolg

Aus Interesse habe ich mir einige Crowdfunding-Aufrufe der vergangenen Jahre genauer angesehen. Auf meiner Watchlist standen 31 zufällig ausgewählte Smarthome-Produkte – vom App-gesteuerten Raumbedufter bis zur Universal-Fernbedienung. Ergebnis: 17 davon sind aktuell erhältlich. Der große Rest hat es allerdings nicht geschafft. Sei es, weil die Finanzierung fehlschlug, es technische Probleme gab oder das Unternehmen inzwischen gar nicht mehr existiert. Vielleicht fragt sich der eine oder andere Leser ja auch, was aus den vollmundigen Produktankündigungen geworden ist. Hier kommt das Ergebnis meiner Recherche.

Über 16 Millionen US-Dollar haben die folgenden Produktideen auf Kickstarter und Indiegogo eingesammelt.

direkt zu: Barisieur, BuddyGuard Flare, Canary, Flic Button, Flic Hub, Gate, Homesecure, Infini, Kancy, Kiën, Knocki, Lifx, Momo, Moodo, Moorebot, nCube, Neeo, Nightingale, Nodez, Noki (Nuki), Plugaway, Protonet Zoe, Pura Scents, Reolink Argus, Rico, Senic Nuimo, Senic Covi, Sentri, Sevenhugs, Shade Orb, Tapdo


1. Barisieur – die Hallo-Wach-Maschine
Barisieur weckt am Morgen und kocht neben dem Bett auch gleich Kaffee. Bild: Hersteller

Dieser Kaffee-Wecker aus England war seinen Unterstützern umgerechnet über eine Million Euro wert. Sie wurden nicht enttäuscht: Seit letztem Jahr gibt es den Barisieur zu kaufen. Der Kaffeeautomat im Labor-Design ist programmierbar und brüht pünktlich zum Aufstehen eine Portion des Muntermachers auf. Die Milch dafür wartet in einem gekühlten Vorratsbehälter. Wer vom Blubbern des Kochwassers und frischem Kaffeeduft nicht selbst wach wird, bekommt am Schluss einen Alarmton serviert.

Gesammeltes Kapital: 781 918 $ (Indiegogo) + 383 623 £ (Kickstarter)
Gestartet: Mai 2016 | Auslieferung: Herbst 2018
Lieferung nach Deutschland: ja | Preis: 345 Britische Pfund (£)
Herstellerwebseite: www.barisieur.com


2. BuddyGuard Flare – aufmerksame Kamera
Die Flare von BuddyGuard ist sang- und klanglos vom Markt verschwunden. Bild: Hersteller

Das erste deutsche Kickstarter-Projekt fürs Smarthome ist 2015 mit hohem Anspruch gestartet. Als umfassende Sicherheitslösung sollte Flare den Raum per Kamera überwachen und dabei selbst erkennen, ob Bewohner anwesend sind. Stimm- und Gesichtserkennung gehörten ebenso zum Ausstattungspaket wie Sirene, Bewegungsmelder und eine Mobilfunk-Verbindung per SIM-Karte. Software-Probleme und Abokosten von bis zu 30 Euro im Monat machten der teuren Kamera (400 Euro) jedoch bald den Garaus.

Gesammeltes Kapital: 160 920 € (Kickstarter)
Gestartet: Mai 2015 | Auslieferung: Herbst 2017
Lieferung nach Deutschland: nicht mehr erhältlich
Herstellerwebseite: buddyguard.io (offline)


3. Canary – digitaler Kanarienvogel
Die Komplettlösung zur Raumüberwachung kombiniert Kamera und Luftsensoren. Bild: Hersteller

Bergbau-Arbeiter nahmen einst Kanarienvögel mit in die Grube, weil sie empfindlich auf gefährliche Gase reagieren. Der Name Canary (engl. für Kanarienvogel) spielt auf diese Tradition an. Das Sicherheitssystem misst mit seinen Sensoren aber nicht nur die Luftqualität. Es überwacht auch per Kamera auch die Wohnung. Anno 2013 war diese Idee so neu und aufregend, dass sie fast zwei Millionen US-Dollar einspielte und damit das Finanzierungsziel um 1961 Prozent übertraf. Mittlerweile bietet Canary ein ganzes Sortiment an smarten Überwachungskameras an.

Gesammeltes Kapital: 1 961 663 $ (Indiegogo)
Gestartet: Juli 2013 | Auslieferung: Herbst 2014
Lieferung nach Deutschland: ja | Preis: ab 99 Euro (€)
Herstellerwebseite: canary.is/de/


4. Flic Button – kunterbunte Bluetooth-Drücker
Die Funktaster aus Schweden kommunizieren per Bluetooth mit dem Smartphone. Bild: Hersteller

Mit seinem Funkknopf Flic hat Shortcut-Labs aus Stockholm einen Volltreffer gelandet. Der Drücker verbindet sich per Bluetooth mit dem Smartphone oder einem speziellen Hub (siehe unten) und steuert Geräte im vernetzten Haus (hier der ausführliche Test). Mehr als 450 000 Exemplare in verschiedenen Farben hat der Hersteller laut eigener Aussage bereits verkauft. Eine Neuauflage mit mehr Reichweite und längerer Batterielaufzeit ist in Arbeit. Auch dafür gibt es es wieder ein Crowdfunding.

Gesammeltes Kapital: 965 307 $ (Indiegogo)
Gestartet: November 2014 | Auslieferung: Herbst 2015
Lieferung nach Deutschland: ja | Preis: um 30 Euro (€)
Herstellerwebseite: flic.io


5. Flic Hub – Funkbrücke für den Flic-Button
Der weiße Bluetooth-Hub macht Flic-Buttons unabhängig vom Smartphone. Bild: Hersteller

Zwei Jahre nach Start ihres Smart Buttons (oben) legten den  Schweden nach und präsentierten eine Funkzentrale (wir berichteten). Sie verbindet die Bluetooth-Knöpfe direkt mit dem heimischen Router. Es muss also kein Smartphone als Transmitter in der Nähe sein. Zusammen mit dem verbesserten Flic 2 soll es im Herbst 2019 eine Neuauflage geben.  Der Flic Hub LR hat mehr Reichweite (Long Range) und soll später auch Apple HomeKit unterstützen. (Link zur Crowdfunding-Seite)

Gesammeltes Kapital: 659 438 $ (Indiegogo)
Gestartet: Juni 2017 | Auslieferung: Frühjahr 2018
Lieferung nach Deutschland: ja | Preis: um 100 Euro (€)
Herstellerwebseite: flic.io


6. Gate – Smartlock mit Tastatur und Videofunktion
Gate: das einzige elektronische Türschloss mit integriertem Keypad und Kamera. Bild: Hersteller

Es gibt elektronische Türschlösser, Code-Tastaturen und Überwachungskameras – und es gibt Gate. Das Smartlock aus San Francisco kombiniert alle drei Funktionen in einem Gerät. So können Besucher sich selbst per Zahlenkombination hereinlassen oder sich mit dem Hauseigentümer über Mikrofon und Lautsprecher unterhalten. Die Konstruktion passt leider nicht auf hiesige Schlösser und wird auch nur in den USA verkauft.

Gesammeltes Kapital: 454 952 $ (Indiegogo)
Gestartet: Oktober 2016 | Auslieferung: Winter 2017
Lieferung nach Deutschland: nein | Preis: ab 299 US-Dollar ($)
Herstellerwebseite: getgate.com/


7. Homesecure – hellhöriges Alarmsystem
Geräuschsensoren im Homesecure-Gerät sollten Alarmtöne am Sound erkennen. Bild: Hersteller

Eine WLAN-Sensor, der die Alarmtöne unvernetzter Geräte im Haus erkennt und ans Smartphone weiterleitet. Damit ließe sich der klassische Rauchmelder im Flur ganz einfach smart machen. Oder der Kauf einer neuen Alarmanlage noch etwas hinauszögern. Richtig überzeugt hat die Idee das Kickstarter-Publikum allerdings nicht. Nur 217 Vorbesteller konnten sich für den Geräuschsensor von Homesecure begeistern. Sie haben etwas die Hälfte der benötigten 20 000 Dollar vorgeschossen – zu wenig für eine Produktion.

Gesammeltes Kapital: 11 293 $ (Kickstarter)
Gestartet: April 2017 | fehlgeschlagen – Finanzierungsziel nicht erreicht
Herstellerwebseite: homsecure.wavepodtech.com


8. Infini – Smarthome-Konsole mit Touchsceen
Die Infiniy-Konsole mit 5-Zoll-Bildschirm ging nie in Produktion. Bild: Hersteller

Der Wandbildschirm von Infiny war als Steuerkonsole für IoT-Geräte gedacht. Über eine offene Programmierschnittstelle (API) sollten sich Produkte wie Sonos-Lautsprecher, Hue-Lampen oder Tado-Thermostate zentral bedienen lassen. Mit dem kleinen 5-Zoll-Display (12 cm) konnten sich aber nicht genug Geldgeber anfreunden. Ein Tablet mit Smarthome-Apps erfüllt schließlich denselben Zweck.

Gesammeltes Kapital: 32 939 $ (Kickstarter)
Gestartet: Mai 2016 | fehlgeschlagen – Finanzierungsziel nicht erreicht
Herstellerwebseite: www.getinfini.com