Kaufberatung: So finden Sie die richtige Smart-Kamera. ©digitalzimmer

Kaufberatung: Smarte Überwachungskameras

Der nächste Urlaub kommt bestimmt – und mit ihm das Interesse an smarten Überwachungskameras. Unser Ratgeber hilft bei der Auswahl des richtigen Modells (aktualisiert im April 2019).

Auch Überwachungskameras bleiben vom Zeitgeist nicht verschont. Sie heißen mittlerweile Smart-Kameras. Zumindest solche Modelle, die per Smartphone oder Tablet bedient werden. Anders als klassische Webcams oder IP-Kameras kommen sie ohne Computer aus. Die Käufer müssen sich auch nicht um IP-Adressen oder Portfreigaben am Router kümmern. Sie schließen die Kamera ans Stromnetz an und verbinden sie mit dem WLAN. Der Rest geht von allein.

Zur Einrichtung und Bedienung dient eine App für Android oder iOS. Manche Modelle bieten zusätzlich die Möglichkeit, per Browser auf die Kamera zuzugreifen – um erweiterte Einstellungen vorzunehmen oder Aufnahmen am Computer zu speichern. Das zeigt schon: Smart-Kamera ist nicht gleich Smart-Kamera. Es gibt große Unterschiede, was die Ausstattung und den Funktionsumfang angeht. Der folgende Ratgeber hilft bei der Kaufentscheidung.

Überwachungskameras gibt es in vielen verschiedenen Größen und Formen. ©digitalzimmer
Smart-Kameras gibt es in vielen verschiedenen Größen und Formen. ©digitalzimmer
1. Cloud-Aufnahme oder nicht?

Praktisch alle smarten Überwachungskameras sind mit einem Cloud-Dienst verbunden. Sonst wäre der Videoabruf von unterwegs aus nicht so einfach. Das Livebild der Kamera läuft dabei über einen Server im Internet, der es zum Smartphone weiterschickt. So lässt sich jederzeit nachschauen, ob zu Hause alles in Ordnung ist: Vorschaubild in der App antippen und der Videostream beginnt.

Anders verhält es sich mit Aufnahmen. Die kurzen Clips, die eine Smart-Kamera speichert, wenn sie Bewegungen oder Geräusche erkennt, landen nicht bei allen Modellen in der Cloud. Manche Modelle wie die Netatmo Innenkamera, die D-Link Omna 180 HD oder die Überwachungskameras von Bosch Smart Home legen ihren Aufnahmen im Gerät ab. Das hat den Vorteil, dass die Mitschnitte im Haus bleiben. Wer von unterwegs aus darauf zugreift, nimmt den obligatorischen Cloud-Dienst in Anspruch. Es werden aber keine kompletten Dateien auf den Server des Anbieters übertragen.

Die Netatmo Welcome speichert ihre Videos auf eine SD-Karte in der Kamera. ©digitalzimmer
Die Netatmo Welcome speichert ihre Videos auf eine SD-Karte in der Kamera. ©digitalzimmer

Dafür gibt es andere Risiken. So sind die Aufnahmen zwar vor Hackerangriffen auf die Cloud geschützt, nicht aber vor unbefugtem Zugriff zu Hause. Lassen Einbrecher die SD-Karte oder gleich die ganze Kamera mitgehen, vernichten sie auch die Videobeweise. Hersteller Netatmo geht deshalb auf Nummer sicher und stattet seine Kamera mit Backup-Funktion aus: Auf Wunsch sichert sie den Inhalt ihrer SD-Karte auf einer Netzwerk-Festplatte (NAS-System) oder einem FTP-Server. Das bedeutet zusätzlichen Installationsaufwand, schützt aber vor Diebstahl der Aufnahmen. Wer Kameras mit Cloud-Aufnahme verwendet, muss solche Vorkehrungen nicht treffen. Gigaset, Logitech, Nest & Co. speichern ihre Clips im Internet. Das setzt allerdings rund um die Uhr eine funktionierende Online-Verbindung voraus. Fällt zu Hause das Netzwerk aus, gibt es auch keine Aufnahmen in der Cloud.

Für alle Überwachungskameras gilt: Die Übertragung sollte von Herstellerseite gut verschlüsselt und vor Hackerangriffen geschützt sein. Institute wie AV-Test in Magdeburg fühlen regelmäßig Smarthome-Produkten auf den Zahn. In ihren Tests haben Modelle von Logitech, Somfy und Netgear besonders gut abgeschnitten. Eine gewisse Verantwortung trägt aber auch der Nutzer: Er sollte bei der Installation ein sicheres Passwort wählen – und es anschließend geheim halten. Damit sich kein Unbefugter im Online-Konto der Kamera anmelden kann. Was passiert, wenn man mit einer ungesicherten Kamera ins Netz geht, zeigt eindrucksvoll die IOT-Suchmaschine www.shodan.io. Dort sind immer wieder Bilder von frei zugänglichen Web- oder IP-Kameras zu sehen (Beispiel unten).

Das kann mit einem unsicheren Passwort passieren: Kamerbilder unverschlüsselt im Internet.
Das kann mit einem unsicheren Passwort passieren: Kamerbilder unverschlüsselt im Internet.
2. Unterschiede in der Bildqualität

High-Definition-Aufnahmen sind mittlerweile üblich. Allerdings ist HD ein dehnbarer Begriff, wenn es um Überwachungskameras geht. Denn die Bildqualität hängt nicht nur von der Pixelzahl ab. Es kommt auch auf das Bildrauschen und Kompressionsartefakte an. So heißen Klötzchen, die bei starker Datenkompression entstehen. Vor allem unter schlechten Lichtverhältnissen können solche Effekte das Bild überlagern. Hinzu kommt, dass die Geräte ihre Auflösung an die Geschwindigkeit der Internetverbindung anpassen. In einem schlechten WLAN oder beim Abruf unterwegs über ein langsames Mobilfunknetz bleiben von 1080 Bildzeilen (1080p) vielleicht nur 720p oder gar 360p übrig. Tipp: Viele Kameras haben eine Ethernet-Buchse für den Anschluss per Netzwerkkabel. Das schließt zumindest daheim Funkstörungen auf dem Weg zum Router aus.

Ein wichtiges Kaufkriterium ist der Blickwinkel. In engen Räumen kann er darüber entscheiden, ob der zu überwachende Bereich komplett aufs Bild passt. Je stärker der Weitwinkel, desto mehr krümmen sich die Linien am Bildrand. Hersteller wie Netatmo, Bosch oder Somfy wirken dieser tonnenförmigen Verzeichnung entgehen. Ihre Kameras entzerren das Bild so, dass vertikale Linien wieder gerade stehen. Am Bildrand kann das zulasten der Schärfe gehen. Dafür sind die Bilder schöner anzuschauen.

Fast alle Hersteller spendieren ihren Kameras ein Digitalzoom. Nur wenige wie Gigaset oder Netatmo verzichten darauf. In der Regel lässt sich das Bild ums Acht- bis Zehnfache vergrößern. Smartfrog geht mit seinem 20-fach-Zoom weit darüber hinaus. Ein so stark aufgeblasenes Bild macht allerdings wenig Freude, weil auf ihm fast nur noch Klötzchen zu erkennen sind. Auch zehnfache Vergrößerung kann schon zu deutlichem Pixelrauschen führen. In den Digitalzimmer-Tests überzeugte das Digitalzoom der Somfy Indoor Camera (früher Myfox Security Camera) besonders. Das liegt zum einen an der geringen Vergrößerung (4-fach), zum anderen an einer Funktion namens „Magic Zoom“. Sie glättet Kanten und verbessert den Kontrast (siehe Bildergalerie).

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In völliger Dunkelheit sorgen IR-Dioden für ein erkennbares Videobild. Sie erhellen den Bereich vor der Kamera mit unsichtbarem infrarotem Licht. Auch dabei gibt es Unterschiede, was die Reichweite und die Ausleuchtung angeht. Im Zweifelsfall hilft nur Ausprobieren, ob die LEDs stark genug sind. Tipp: Mit seiner LIFX Plus bietet Lifx eine LED-Lampe an, die Infrarotlicht aussendet. Sie kann quasi in ausgeschaltetem Zustand den Nachtsicht-Betrieb von Überwachungskameras unterstützen.

Im Dunkeln schalten Überwachungskameras wie die Smartfrog Cam auf Nachtsicht um. ©digitalzimmer
Im Dunkeln schalten Überwachungskameras wie die Smartfrog auf Nachtsicht um.

Alle Überwachungskameras arbeiten mit Bewegungserkennung. Schließlich sollen sie nur aufnehmen, wenn sich etwas tut. Die Kunst besteht darin, Lebewesen von anderen Bewegungen zu unterscheiden. Damit windgepeitschte Äste vor dem Fenster keinen Alarm auslösen. Oder nächtens Scheinwerfer eines vorbeifahrenden Autos an der Wand nicht falsch interpretiert werden.

Dabei gehen die Hersteller unterschiedlich vor. Manche kombinieren mehrere Verfahren wie Bildanalyse und Infraroterkennung. Oft ist die Empfindlichkeit einstellbar. Das soll Fehlalarm verhindern, wenn Haustiere durchs Bild laufen. Viele Kameras bieten außerdem die Möglichkeit, Flächen im Bild zu markieren. Andere Bereiche sind dann vom Alarm ausgeschlossen. Allerdings lassen sich viele Hersteller diese Funktion extra bezahlen: Logitech, Gigaset, Nest & Co. schalten sie erst nach Abschluss eines kostenpflichtigen Abos frei. Einen Sonderweg beschreitet Netatmo: Die Innenraumkamera erkennt Gesichter und reagiert bei entsprechender Einstellung nur auf fremde Personen. Mehr dazu im ausführlichen Test.

Frei definierbare Überwachungsbereiche gibt es häufig nur mit einem kostenpflichtigen Abo.
Frei definierbare Überwachungsbereiche gibt es häufig nur mit einem kostenpflichtigen Abo.
4. Laufende Kosten vergleichen

Mitunter sind die Anschaffungskosten nur die halbe Miete. Und zwar im wahren Wortsinn – denn Kameras mit Cloud-Aufnahme schreien geradezu nach einem Monatsabo. Ohne regelmäßige Zahlung verschwinden die Videos schnell wieder aus der App. Hersteller wie Gigaset oder Nest verzichten in der kostenlosen Basisversion komplett auf eine Aufnahmefunktion. Bei anderen reicht der Videorückblick nur 24 Stunden (Logitech) oder zwei Tage in die Vergangenheit (Withings). Sieben Tage wie bei Netgear sind die Ausnahme. Wer längere Zeitspannen braucht, weil er für mehr als eine Woche unterwegs ist, sollte den Preis für das Cloud-Archiv in die Kaufentscheidung mit einkalkulieren.

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Und so ein Abo kann ins Geld gehen. Nest verlangt für sein Fünf-Tage-Archiv 5 Euro pro Monat oder 50 Euro im Jahr. Zehn Tage kosten 10 Euro und 30 Tage entsprechend 30 Euro im Monat. Selbst bei jährlicher Zahlung schlägt das große Paket noch mit 300 Euro zu Buche. Zum Vergleich: Die Anschaffung einer Nest Indoor-Kamera kostet 200 Euro – also weniger als das große Abo im ersten Jahr. Dass es auch preisgünstiger geht, beweisen Gigaset (50 Euro im Jahr) oder Netgear (108 Euro).

Ein wenig aus der Art schlägt Smartfrog: Das Unternehmen mit Sitz in Irland bietet seine Kamera zum Mietkauf an: Im Monatsabo für 5,95 Euro sind die Hardware und ein Videospeicher für 24 Stunden enthalten. Wer es abschließt, darf die Kamera nach zwei Jahren behalten. Allerdings kostet das Upgrade auf 30 Tage Videospeicher 14,95 Euro im Monat – ergibt nach 24 Monaten eine Gesamtsumme von gut 500 Euro. Käufer der Logitech Circle 2 kommen im selben Zeitraum mit 400 Euro weg, bei Gigaset Elements kostet die Kamera inklusive Speicherplan 260 Euro.

Es lohnt sich also nachzurechnen und zu überlegen, ob es immer das größte Paket sein muss. Eine geringere Speicherdauer von sieben Tagen spart Geld. Die Monatspreise sinken dabei im Schnitt auf fünf bis zehn Euro. Und schließlich lassen sich Clips, die man behalten möchte, auch herunterladen, ehe sie von selbst aus der Cloud verschwinden. Leider verstecken viele Anbieter die Folgekosten tief in ihren Webseiten. Das erschwert den Preisvergleich. Teilweise erfährt der Kunde erst nach einer Registrierung, was die Abos kosten. Oder ob der Hersteller für weitere Kameras Rabatt gewährt. Ein Umstand, wir schon länger kritisieren.

5. Praktische Zusatzfunktionen

Einige Überwachungskameras locken mit pfiffigen Extras. Den Vogel schoss bis vor kurzem Withings mit seiner Home ab: Die Kamera enthielt neben Nachtlicht, Spieluhr und Naturgeräuschen auch einen Sensor zur Messung der Luftqualität (hier der ausführliche Test). Allerdings hat das französische Unternehmen nach seinem Rückkauf von Nokia die Kamera aus dem Programm genommen. Sie wird nur noch in Restbeständen angeboten.

Mit Spieluhr und buntem Licht wiegt die Withings Home Babys in den Schlaf. ©digitalzimmer
Mit Spieluhr und buntem Licht wiegt die Withings Home Babys in den Schlaf. ©digitalzimmer

Andere Modelle arbeiten kabellos und sind flexibel einsetzbar. So gibt es zur Logitech Circle 2 etwa einen ansteckbaren Akku. Damit filmt die Kamera zu Hause soweit das WLAN reicht. Auch in der Somfy Innenkamera sitzt ein Akku. Er dient jedoch eher als Notstromversorgung, um maximal eine Stunde Netzausfall zu überbrücken. Während dieser Zeit legt die Kamera ihre Aufnahmen im internen Speicher ab, um sie später in die Cloud hochzuladen. Netgear verfolgt mit seiner kabellosen Arlo-Serie eine andere Strategie. Das Kamerasystem besteht aus zwei Teilen: einer Basisstation, die mit dem Stromnetz verbunden ist, und drahtlosen Aufnahme-Modulen. Die wasserfesten Kameras werden von Batterien bis zu bis sechs Monate lang mit Energie versorgt. Damit eignen sie sich sogar für Einsätze im Freien. Die Funkreichweite hängt dabei von der Bausubstanz des Hauses und vom Grundstück ab.

6. Integration in Smarthome-Systeme

Mal eben zu Hause nach dem Rechten sehen, den Schlaf des Babys überwachen oder Mäuschen spielen, um der Hauskatze auf die Pfoten zu schauen. Das ist ja schön und gut. Eine ganze Reihe von Smart-Kameras hat aber noch mehr drauf. Sie lassen sich zum vollwertigen Alarmsystem ausbauen – oder in eine vorhandene Haussteuerung integrierten. So unterstützt Magenta Smarthome zum Beispiel Überwachungskameras von D-Link. Die Omna 180 HD desselben Herstellers eignet sich für Apple HomeKit.

Dasselbe gilt für die kabelgebundene Version der Logitech Circle 2 und die Netatmo-Kameras. Somfy hat eine drahtlose Alarmanlage im Programm. Sie umfasst neben der Kamera auch Bewegungsmelder, Tür- und Fensterkontakte sowie Sirene. Gigaset Elements geht in dieselbe Richtung und Netatmo bietet mit seinen Tags zumindest Funksensoren an, die beim Öffnen von Türen oder Fenstern Alarm auslösen. Eine ausführliche Beschreibung würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Es gibt auf digitalzimmer.de aber Artikel zu fast allen diesen Themen. Einfach den Links auf dieser Seite folgen.

Die Elements-Kamera von Gigaset integriert sich nahtlos in das gleichnamige Sicherheitssystem. ©digitalzimmer
Die Elements-Kamera von Gigaset integriert sich nahtlos in das gleichnamige Sicherheitssystem.