In Deutschland gilt normalerweise: Wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, der muss den Preis dafür klar und deutlich nennen. Das besagt die Preisangabenverordnung (PAngV), im Wortlaut nachzulesen hier. Selbst Anbieter von Flugreisen, früher Meister im Verschleiern von Kosten, müssen laut Europäischem Gerichtshof inzwischen zu Beginn der Buchung den Endpreis angeben – inklusive aller Steuern, Flughafengebühren und Kerosinzuschlägen.
Heimvernetzung mit Abofalle
Im Smart-Home scheint sich dagegen eine andere Vorgehensweise zu etablieren: Auf dem Preisschild stehen lediglich die Anschaffungskosten für die neue Überwachungskamera, den drahtlosen Heizungsregler oder die funkende Alarmanlage. Mit der Hardware alleine lässt sich häufig aber nur ein Teil der Funktionen nutzen. Wer etwa mit Gigaset Elements einen Blick in zurückliegende Videoaufnahmen seiner Wohnung werfen will, der bezahlt je nach gewähltem Tarif zwischen 10 bis 50 Euro im Jahr. Ohne Abo empfängt die App ausschließlich Livebilder von der Smart Camera. Das Alternativprodukt Withings Home kommt noch teurer: Eine Rückschaumöglichkeit für 7 Tage kostet dort knapp 7,95 Euro pro Monat, die „Premium Security“ mit 30 Tagen Videoarchiv sogar 19,95 Euro monatlich. Da bezahlen Käufer innerhalb eines Jahres mehr fürs Abo als für die Kamera selbst (aktueller Gerätepreis: 200 Euro).
So geht es weiter: Das Home Alarm System von Myfox liegt zwischen fünf und zehn Euro im Monat, je nach Aufzeichnungspaket. RWE Smarthome verlangt für den Zugriff von unterwegs knapp 15 Euro im Jahr, die ersten 24 Monate sind kostenlos. Beim Energieversorger EnBW schlägt die Heizungssteuerung über eine Qivicon-Basistation mit 29,90 Euro im Jahr zu Buche. Die EnBW-App zur Steuerung von Lightify-Lampen kostet 19,90 Euro jährlich – obwohl sie nur wenig mehr Funktionen bietet als das Gratis-Pendant von Osram. Wer Miele-Geräte mit Qivicon steuern möchte, darf das 12 Monate gratis tun, danach werden für die Nutzung der Miele StartUp Connect App 24,95 pro Jahr fällig. Der Preis ist vorläufig, weil es Miele auf der Qivicon-Plattform erst seit Herbst 2014 gibt.
Auch für die Smart Home App der Telekom waren ursprünglich 29,95 Euro pro Jahr veranschlagt – sobald die zweijährige Probezeit, die Käufer einer Qivicon-Basis zusammen mit dem Gerät erwerben, abgelaufen ist. Inzwischen hat das Unternehmen den Preis aber wieder von seiner Webseite entfernt und arbeitet laut Auskunft im Support-Forum Telekom hilft an einem „flexibleren Angebotsmodell“. Was das heißt, versuchen Kunden dort sein Monaten herauszubekommen. Weder gibt es Aussagen zum Preis, noch dazu, welche Funktionen in Zukunft kostenpflichtig werden.
Dauerhaft gratis geht nicht
Dass die Steuerung von unterwegs etwas kosten darf, ist keine Frage. Schließlich muss der Anbieter dafür Server im Internet bereithalten. Die Weiterentwicklung der App und die Anpassung an neue Smartphone-Betriebssysteme gibt es ebenfalls nicht umsonst. Heimvernetzer würden sich bedanken, wenn die Licht- oder Heizungsinstallation mit einer neuen Android- oder iOS-Version ganz plötzlich den Dienst einstellt. Und sicher verschlüsselt soll die Verbindung obendrein auch noch sein, damit Hacker keinen Zugriff auf die eigenen vier Wände erhalten.
Nun gehören deutsche Kunden bestimmt nicht zu den fleißigsten Abonnenten, wenn es kostenlose Alternativen gibt. Das zeigt die Entwicklung des Senders Sky. Der Pay-TV-Anbieter brauchte Jahre, um in die Gewinnzone zu kommen. Trotzdem versuchte er nie, die wahren Preise seiner Abopakete zu verschleiern. Bei einer wachsenden Anzahl von Smart-Home-Produkten hat der Kunde vor dem Kauf aber gar keine Möglichkeit, die laufenden Kosten zu ermitteln. Die Webseiten der Hersteller schweigen sich dazu aus oder verstecken die Informationen im Support-Bereich. Ein Download der App bringt nichts – weil das Programm erst nach Anmeldung mit einem Nutzerkonto und Verbindung mit dem gekauften Produkt seine Tarifoptionen preisgibt.
Wenig Kostensicherheit für den Kunden
Der Einstieg in die Heimvernetzung wird so zu einem schwer kalkulierbaren Risiko. Denn das Einzige, was wirklich feststeht, ist der Kaufpreis des Produkts. Die laufenden Kosten legt der Anbieter nach eigenem Ermessen fest. Sie werden mit der Zeit vielleicht günstiger, um ein Geschäftsmodell am Markt zu etablieren oder wenn die Konkurrenz hart ist. Genauso gut können sie aber auch steigen. Die Gesetze der Marktwirtschaft gelten im Smart Home genauso wie bei Telefon- und Stromtarifen. Um sie wirken zu lassen, sollte allerdings Preistransparenz herrschen, keine Geheimniskrämerei mit Lockangeboten, die in versteckte Abos münden. Damit verschreckt man auf Dauer eher Kunden als sie für die neue Technik zu begeistern. Oder würde jemand Geld für ein Auto / einen Fernseher / eine Kaffeemaschine ausgeben, wenn nicht annähernd absehbar wäre, was der Unterhalt kostet? Anbieter wie Tado machen es besser: Die smarte Heizungsregelung gibt es wahlweise zum Kaufen für 249 Euro oder zum Mieten für 9,99 Euro im Monat, zahlbar ein Jahr im voraus, ohne In-App-Käufe oder weitere Abos. Derart transparente Preismodelle sind jedoch selten. Kein Wunder, dass viele Wohnungsbesitzer sich da in Zurückhaltung üben.
Danke für den schönen Übersichtsartikel
Ich will mal folgende Frage beantworten: Welche laufenden Kosten hat ein sinnvoll aufgebautes Smart Home System wirklich?
Die Steuerung der Komponenten und Automatisierungen übernimmt die Home Base (und nicht die Server der Anbieter). Die Home Base liefert die Rechenpower für die Aufgaben. Die App dient nur dazu die Home Base zu bedienen und gehört damit eigentlich zu den fixen Home Base Kosten dazu. Der Zugriff von außerhalb des Hauses erfordert eigentlich nur einen simplen dynamischen-DNS-Service, welcher umgerechnet 1€/Monat kostet aber auch überall kostenlos zu haben ist. Das speichern von Kameraaufnahmen erfolgt idealerweise auf die Cloud, welche 2€/Monat für 10Gb kostet. Allerdings gibt es kostenlose Cloud Speicher sogar von der Telekom. Push-Nachrichten auf das Handy erfordern einen Server. Auf viele Nutzer sollte dieser den Anbieter nur ein paar Cent pro Nutzer kosten, den dynamischen-DNS-Service könnte der Server dann auch gleich mit übernehmen.
Die realen monatlichen Kosten sind also gering.
Ich denke die Anbieter wollen einfach nur eine Gewinnspanne von 900% auf die monatlichen Kosten haben.