Der Access Point zum Homematic IP-System von EQ-3. ©digitalzimmer

Haussteuerung mit Homematic IP – der Überblick

Zwei Buchstaben machen den Unterschied. Homematic IP ist quasi die Plug-and-Play-Version des Smarthome-Systems Homematic. Das hat bereits zehn Jahre auf dem Buckel und während dieser Zeit viele Freunde gewonnen. Mehr als 80 Produkte – vom Regenmesser über den Fensterantrieb bis zum elektronischen Türschloss – umfasst das Homematic-Sortiment. Es bietet Selbermachern eine Menge Möglichkeiten, ihr Haus zu automatisieren. Allerdings müssen sie dafür auch etwas Basteltalent mitbringen – und die Bereitschaft, sich in die Konfiguration per Browser einzuarbeiten. Das ist nicht jedermanns Sache. Einige Anbieter nutzen deshalb Homematic-Technik, stülpen aber eigene Software darüber. So verwendet Magenta Smarthome von der Telekom unter anderem Homematic-Sensoren und -Regler. Innogy lässt seine Produkte von Homematic-Erfinder EQ-3 bauen. Ziel beider Unternehmen: Die Installation so einfach und damit massentauglich wie möglich zu machen.

Homematic IP bietet Schaltlösungen für Heizung, Klima, Licht und Sicherheit. ©digitalzimmer
Homematic IP bietet Schaltlösungen für Heizung, Klima, Licht und Sicherheit. ©digitalzimmer

Mit Homematic IP geht Hersteller EQ-3 nun auch selbst diesen Weg. Das Smarthome-System arbeitet wie der etablierte Bruder im störunempfindlichen Funkband um 868 Megahertz. Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied: Die IP-Version ist cloudbasiert. Das heißt, ihre Funkzentrale (Bild oben auf der Seite) steht in ständigem Kontakt mit dem Internet. So ist der Fernzugriff gleich eingebaut. Klassische Homematic-Nutzer müssen dafür einen kostenpflichtigen Zusatzdienst wie „CloudMatic connect“ abonnieren. Die Kommunikation mit dem Server läuft komplett verschlüsselt ab und nutzt die modernste Version den Internet-Protokolls (TCP/IPv6). Das soll den Betrieb besonders sicher machen. Außerdem erhebt EQ-3 keine persönlichen Daten. Zum Betrieb von Homematic IP ist nicht mal die Angabe einer E-Mail-Adresse nötig.

Nachteil der Cloud-Abhängigkeit: Wie bei anderen Lösungen dieser Art (Innogy, Magenta Smarthome), funktioniert die App nur mit Online-Verbindung. Fällt das Internet am Router aus, sind keine Änderungen am System mehr möglich. Die Anlage läuft aber weiter und lässt sich zum Beispiel über programmierte Schalter bedienen. Auch Heizpläne regeln die eingestellte Temperatur wie gewohnt.

Welche Produkte gehören zu Homematic IP?

Homematic IP deckt drei Bereiche ab: Raumklima, Sicherheit und Licht. Das Angebot an Geräten zur Heizungssteuerung ist besonders umfangreich. Neben Heizkörperregler, Wandthermostat und Fenstersensoren gibt es  Aktoren für die Fußbodenheizung. Eine sogenannte Multi IO Box übernimmt dabei die Kontrolle und regelt den Heizkessel beziehungsweise die Umwälzpumpe. So eine Installation geht über einfaches Plug & Play allerdings hinaus. Wer mag, kann Homematic IP mit der klassischen Homematic-Basis verbinden (CCU2) und damit alle Geräte nutzen, die das große System bietet – bis hin zur Integration von Osram Lightify. Auch in diesem Fall verlässt er aber die einfache App-Oberfläche von Homematic IP und muss sich intensiver mit dem Thema Haussteuerung beschäftigen.

Der Thermostatkopf regelt die Temperatur direkt am Heizkörper. ©digitalzimmer

Die Alarmfunktion überwacht das Haus oder die Wohnung mit drahtlosen Sensoren. Sie bietet zwei Sicherheitsstufen: Hüllschutz und Vollschutz. Der Vollschutz bezieht alle Tür- und Fensterkontakte sowie Bewegungsmelder in die Überwachung mit ein. Beim Hüllschutz lassen sich einzelne Melder davon ausnehmen. So können Haustiere und Bewohner in der Wohnung herumlaufen, ohne Alarm auszulösen. Ein Rauchwarnmelder und eine Sirene komplettieren die Sicherheitsausrüstung. Hinzu kommen Funksteckdosen, um Lampen und elektrische Verbraucher zu schalten. Auf Wunsch erledigen sie das automatisch. So lässt sich Anwesenheit simulieren, wenn niemand zu Hause ist. Für die Elektroinstallation stehen auch Unterputz-Geräze zur Verfügung: EQ-3 bietet neben seinen Funktastern zum Ankleben noch Dimmer und Schalter für den Wandeinbau an. Versteckt hinter den Blenden gängiger Hersteller wie Busch-Jaeger, Gira oder Jung sind sie von einem traditionellen Schalter nicht zu unterscheiden.

Die Gerätepreise liegen auf üblichem Niveau, teilweise auch darunter. So gibt es Startpakete mit der Basistation – dem Home Control Access Point – bereits für weniger als 130 Euro. Der Zwischenstecker kostet 30 Euro, als Schalt- und Messsteckdose einen Zehner mehr. Andere Hersteller verlangen dafür bis zu 60 Euro.

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Wie funktioniert die Steuerung von Homematic IP?

Installation und Einrichtung sind schnell erledigt. Anders als Homematic kommt Homematic IP dabei ohne Computer aus. Die Hersteller-App auf dem Smartphone genügt. Mit ihrer Hilfe und der Handy-Kamera nimmt der Nutzer quadratische QR-Codes auf, die den Geräten beiliegen.

Für jedes neu hinzugefügte Produkt schlägt das Programm gleich passende Anwendungen vor. So kann ein Fenstersensor zur Heizung gehören. Dann drosselt er die Temperatur, sobald jemand das Fenster öffnet. Wird er dem Bereich Sicherheit zugeordnet, löst er stattdessen Alarm aus. Wahlweise ist auch beides möglich. Zum Schluss legt der Nutzer noch fest, in welchem Raum sich das Gerät befindet. Nun wissen die Komponenten selbst, was zu tun ist. Über ihre Anwendung sind sie verknüpft. Jede Steckdose, die für „Sicherheit“ konfiguriert wurde, liefert Strom, sobald das System Alarm schlägt. Ganz gleich, ob eine Lampe oder Sirene daran angeschlossen ist. Soll sie etwas anderes tun, etwa einen Heizlüfter steuern, reicht es, die Zuordnung auf „Raumklima“ zu ändern. Nun bleibt der Zwischenstecker so lange eingeschaltet, bis ein Thermostat im selben Raum die gewünschte Temperatur erreicht.

Homematic IP kennt keine Regel-Programierung: Mit der Anwendung erhalten die Geräte auch ihre Funktion.
Mit dem Anwendungsgebiet erhält das Produkt auch automatisch die passende Funktion.

Auch die Heizungsregelung konfiguriert sich praktisch von selbst: Thermostate, die zum selben Raum gehören, folgen automatisch demselben Temperaturverlauf. Jeder Raum kann drei verschiedene Heizprogramme haben, etwa für Früh- und Spätschichten. Kommt ein Raumthermostat hinzu, übernimmt er kurzerhand die Kontrolle. Mit einem drahtlosen Wandtaster lässt sich die Heizung beim Verlassen der Wohnung in den Sparbetrieb schicken – für  eine einstellbare Zeitspanne oder bis zum Beenden des Eco-Modus von Hand. Dieses Prinzip unterscheidet sich von den Wenn-dann-Regeln anderer Systeme. Es ist für Einsteiger leichter zu durchschauen. Allerdings bieten die festgelegten Anwenungen kaum Spielraum für individuelle Programmierung. Das muss kein Nachteil sein. Bringen sie den Nutzer doch schnell und ohne Umschweife ans Ziel.

Sprachsteuerung mit Alexa: Homematic IP hört aufs Wort

Homematic IP gehört zu den ersten Smarthome-Systemen, die mit der Sprachsteuerung des Amazon Echo zusammenarbeiten. Der Access Point wird dazu mit einem Alexa-Skill verbunden. So nennt Amazon kleine Sprach-Apps, die den Funktionsumfang des WLAN-Lautsprechers erweitern. Normalerweise meldet sich der Nutzer mit dem Konto seines Smarthome-Systems in der Alexa-App an. Weil es so ein Konto bei Homematic IP nicht gibt, arbeitet EQ-3 mit einem Aktivierungsschlüssel. Die Homematic-App erzeugt diesen Zufallscode. Er ist nur für die Anmeldung auf Amazons Server gültig. Danach stellt Alexa auf Zuruf die gewünschte Raumtemperatur ein oder schaltet und dimmt das Licht. Auch der Hüll- oder Vollschutz lässt sich auf diese Weise aktivieren. Nur nicht wieder abschalten – um zu verhindern, dass jemand unbefugt oder unbeabsichtigt die Alarmanlage deaktiviert.