Energiespar-Challenge: das Smarthome-Projekt

Was passiert, wenn ein ganzes Smarthome in den Sparmodus geht? Das möchte ich diesen Winter ausprobieren. Wie stark lässt sich der Gas- und Stromverbrauch in der Heizsaison 2022/2023 senken, wenn die vorhandenen Geräte anders programmiert werden? Ziel meiner privaten Energiespar-Challenge: mindestens 10 Prozent weniger Verbrauch – bei möglichst geringem Komfortverlust.

Die Ausgangssituation: ein bereits vernetztes Zuhause

Unter energetischen Gesichtspunkten eignet sich unser Altbau ideal für dieses Experiment: ein historisches Mehrfamilienhaus aus dem 19. Jahrhundert, saniert mit Isolierglasfenstern, ansonsten aber ungedämmt und etagenweise über Gasthermen beheizt. Der Worst Case für die Energiewende also, weil solche dezentral versorgten Stockwerke sich weder für Photovoltaik noch für Wärmepumpen eignen. Zumindest nicht ohne größere Umbauten und Modifikationen an den bestehenden Heizungsanlagen.

Der Smart Thermostat von Tado regelt die Temperatur direkt am Kessel oder der Gastherme. ©digitalzimmer
Der Raumthermostat von Tado steuert direkt den Kessel oder die Gastherme. ©digitalzimmer

In meinem Fall ist die Etage im immerhin vernetzt. Soll heißen: Smarte Thermostate in allen Räumen, die zentral per App gesteuert und programmiert werden können. Sensoren für Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit, um das Klima zu kontrollieren. Ein smartes Lichtsystem mit Zigbee-Leuchtmitteln und Bewegungsmeldern, das bedarfsgerechte Beleuchtung erlaubt. Und Schaltsteckdosen an Verbrauchern, die nur zeitweise benötigt werden: Drucker, Computer, NAS-System, Heimkino-Anlage, Kaffeemaschine etc.

Der Status Quo: Energiekosten spielten keine Rolle

Auf der Gasrechnung standen bislang rund 19.000 Kilowattstunden pro Jahr für Heizung und Warmwasser – in milden Wintern auch mal weniger. Der Strombedarf addierte sich im selben Zeitraum auf etwa 3.800 Kilowattstunden. Nicht übertrieben viel für eine Wohnung mit angegliedertem Office, in dem täglich gearbeitet wird, aber auch kein besonders sparsames Testobjekt.

Über die Energiekosten habe ich mir in der Vergangenheit keine allzu großen Gedanken gemacht. Sie waren einfach da und im Budget eingeplant. Da ging es mir wahrscheinlich so wie vielen anderen in der Republik. Erst die aktuelle Situation mit steigenden Strom- und Gaspreisen hat die Sinne für das Thema geschärft.

Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit werden von Sensoren erfasst. ©digitalzimmer
Das Ziel: Strom und Heizenergie sparen

Nun sollen die Verbräuche runter, mit möglichst wenig Einschränkungen im Alltag. Das Potenzial ist da, denn bislang wurden die Räume tagsüber durchgeheizt – auch wenn außer mir niemand da war. Die durchschnittliche Temperatur lag bei 20 Grad Celsius. In meinem Arbeitszimmer herrschten 21,5 °C – bei geöffneter Bürotür versteht sich. Denn nach jedem Gang zur Toilette, zur Kaffeemaschine oder zum Eingang, um Paketboten hereinlassen, habe ich regelmäßig vergessen, sie wieder zu schließen.

In der Abenddämmerung schaltet sich auf dem ganzen Stockwerk die Beleuchtung ein. Programmierte Lichtszenen sorgen in jedem Raum für Grundhelligkeit. Den Rest erledigen Bewegungsmelder: Bei Bedarf holen sie weitere Lampen hinzu, etwa beim Betreten der Speisekammer und am Kleiderschrank, wenn es darum geht, die dunkelblauen von den schwarzen Socken zu unterscheiden.

Damit ist nun Schluss. Seit September 2022 gilt ein neues Sparregiment: Temperaturen von 20 Grad und mehr herrschen nur noch in Räumen, in denen sich jemand aufhält. Fürs Büro habe ich meinen Zielwert auf 20,5 Grad gesetzt, was die Arbeitsstättenrichtlinie ASR A3.5 erfüllt (Link). Am Morgen im Bad bleibe ich allerdings deutlich unter den Vorgaben für Betriebe: Laut ASR sollen Waschräume mit Dusche während der Nutzung mindestens 24 Grad haben, was mir etwas hoch erscheint. Bislang hatten wir beim Aufstehen mollige 22 Grad im Bad, in Zukunft sollen 21 °C genügen.

Ein Infrarotthermometer misst schnell und einfach die Wandtemperatur. ©digitalzimmer
Schutz vor Schimmel: den Taupunkt beachten

Alle unbenutzten Zimmer und der Flur werden vorerst auf 19 Grad temperiert. Ob eine weitere Absenkung möglich und sinnvoll ist, muss sich zeigen. Dazu überwache ich stichprobenartig die Außenwände in allen Räumen per Infrarotthermometer (Bild oben). Insbesondere die Zimmerecken zwischen zwei Außenwänden dürfen nicht so kalt werden, dass Luftfeuchtigkeit sich dort als Kondenswasser niederschlägt. Sonst droht Schimmelgefahr. Das Risiko ist in ungedämmten Altbauten wie dem unseren größer als bei isolierten Wänden – ganz einfach, weil die Mauern stärker auskühlen.

Wann es kritisch wird, hängt von der Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit im Raum ab. Dazu gibt es Tabellen, aber auch Schimmelrechner auf Internetseiten wie Halmburger.eu (Link) und Sicherheitsingenieur.NRW (Link). Die Online-Tools haben den Vorteil, dass nur zwei Messwerte in ein Formular eingetippt werden müssen: Raumtemperatur und relative Luftfeuchte. Der Rechner spuckt dann aus, wie kalt eine Fläche (in diesem Fall die Außenwand) werden darf und ab wann dort Schimmelgefahr entsteht.

Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang auch den Türen zu. Zwischen unterschiedlich temperierten Bereichen sollten sie auf jeden Fall geschlossen bleiben. Zum einen, weil sonst Wärme in den kühleren Raum entweicht. Zum anderen, weil warme Luft mehr Feuchtigkeit speichert, die sich dann an kalten Wänden niederschlagen kann. Regelmäßiges Stoßlüften ist deshalb besonders wichtig. Aber auch dabei hilft mir ja die Smarthome-Technik, wie regelmäßige Leser dieses Blogs schon wissen.

Indirekte Deckenbeleuchtung mit blauem Licht
Smart: Blaues Licht erinnert bei uns an geöffnete Fenster beim Stoßlüften ©digitalzimmer
Energiespar-Challenge: die Maßnahmen im Einzelnen

Um Heizkosten zu sparen, ohne Bauschäden zu riskieren, sind also einige Überlegungen angebracht. Unser Stromverbrauch lässt sich leichter senken – durch einen reduzierten Einsatz von Lampen und Geräten. Hier noch einmal alle Maßnahmen auf einen Blick:

  • Selektiv heizen: 20 bis 21 Grad nur in genutzten Räumen. Der Rest der Wohnung bleibt auf maximal 19 Grad und wird bei Bedarf auf Wohlfühltemperatur gebracht.
  • Türen schließen: damit die Zieltemperatur in den stärker beheizten Räumen problemlos gehalten werden kann.
  • Sparsamer beleuchten: Statt 23 brennenden LED-Lampen und Lightstrips am Abend sorgen nur noch 9 Lichtquellen für Grundhelligkeit. Der Rest läuft über Bewegungsmelder. Verbrauchsreduzierung im laufenden Betrieb: rund 100 Watt.
  • Technik herunterfahren: Das zentrale NAS-System läuft nicht mehr rund um die Uhr, sondern nur noch bis Mitternacht. Zwischen 0:00h und 7:30h am Morgen wird es automatisch heruntergefahren. Das spart gegenüber dem Betrieb 32 Watt.
  • Standby vermeiden: Über Nacht werden nicht benötigte Verbraucher wie TV- und Heimkino-Anlage, Ladestationen und das Büro-Equipment inklusive WLAN-Drucker mit Schaltsteckdosen vom Netz getrennt. Verbrauchsreduzierung: rund 25 Watt.
Enttäuschung zum Start: ein kalter September

Um den Verlauf des Experiments zu verfolgen, werte ich die Verbrauchsdaten am Smartphone aus. Unser Energieversorger EnBW bietet Kunden eine App, mit der sie Zählerstände erfassen und übermitteln können (Link). In der App Zuhause+ sind dann Informationen wie der durchschnittliche Tagesverbrauch, der Gesamtverbrauch und zu erwartende Nachzahlungen oder Erstattungen ablesbar.

Den Gasverbrauch fürs Heizen dokumentiert darüber hinaus die Tado-App. Als smarte Erweiterung unserer Brennwert-Therme liefert sie detaillierte Einblicke. Wer auch hier in regelmäßigen Abständen den Zählerstand erfasst, bekommt Monat für Monat am Bildschirm angezeigt, wie der Verbrauch sich entwickelt.

Anhaltspunkt: die Anzeige des Heizenergieverbrauchs in der Tado-App. ©digitalzimmer

Leider begann das Energiespar-Projekt im September mit einer Enttäuschung. Trotz reduzierter Raumtemperatur ging der Bedarf an Gas nicht zurück, im Gegenteil: Er stieg gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2021 um 88 Prozent – von 204 auf 384 Kilowattstunden. Eine Folge der ausgesprochen kalten zweiten Septemberhälfte. Im Vergleich zum Vorjahr lag die gemessene Tiefsttemperatur im Freien um bis zu 7,6 Grad niedriger.

Temperaturvergleich 2022 zu 2021
Die zweite Septemberhälfte war 2022 deutlich kälter als im Vorjahr. ©digitalzimmer

Wie die Challenge ausgeht, wird also nicht zuletzt vom Wetter abhängen – zumindest was den Gasverbrauch angeht. Beim Strom beginnen sich die Sparmaßnahmen nach einem Monat bereits auszuzahlen: Das Minus liegt, hochgerechnet aufs Jahr, bei 3,9 Prozent.

4 Gedanken zu „Energiespar-Challenge: das Smarthome-Projekt“

  1. Beim ganzen Smarthome-Hype sollte man nicht vergessen, dass smarte Steckdosen, Sprachassisten etc. auch ständig Strom verbrauchen und W-LAN benötigen. Es bringt also kaum etwas einen EU-konformen Standby-Betrieb von 0,5 W mit einer genauso viel oder meist mehr verbrauchenden Smart-Steckdose zu unterbinden. Da muss man genau auf die Verbräuche und auch mal in die Einstellungen, vorallem des Multimedia-Parks gehen. Ich schalte jetzt beim Verlassen der Wohnung mit Shelly-Schaltern in der Verteilung ganze Stromkreise ab. Auch die smarten Geräte.

    1. In diesem Zusammenhang weise ich gerne auf einen anderen Beitrag in diesem Blog hin: Wann eine Funksteckdose Energie spart – und wann nicht.

      Der besagte „EU-konforme Standby-Betrieb von 0,5 W“ gilt im übrigen nur für Produkte ohne Netzwerk-Funktionen. Vernetzte Fernseher und Set-Top-Boxen, Drucker, Spielekonsolen etc. dürfen im „Networked Standby“ auch weiterhin 2 bis 8 Watt verbrauchen, je nach Gerätetyp (siehe Umweltbundesamt: Datenblatt Öko-Designrichtiline)

    1. Wollen wir uns darauf verständigen, dass Temperaturempfinden eine subjektive Angelegenheit ist? Mir geht es mit 20,5 Grad und Wollpullover am Schreibtisch ziemlich gut. Und das, obwohl es mir früher im Büro kaum warm genug sein konnte. Gut möglich, dass sich das im Winter bei strengem Frost noch ändert, aber aktuell empfinde ich diese Heizungseinstellung nicht als Verzicht.

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