Dauertest: Ein Winter mit Tado Heizungssteuerung

Bis zu 31 Prozent Heizkosten sparen dank einer intelligent gesteuerten Heizung  – das verspricht Tado, die Heizungssteuerung mit Smartphone-Anbindung vom gleichnamigen Münchner Startup-Unternehmen. Tado gibt es ab 249 Euro – oder zur Miete für 6,99 Euro pro Monat. Andere Smart-Home-Anwendungen wie variable Lichtstimmungen oder IP-Überwachungskameras mit Gesichtserkennung kann man mögen oder auch nicht. Aber 31 Prozent eingesparte Heizenergie für einmalig 249 Euro, das versteht jeder, der rechnen kann.

In meinen eigenen Vier Wänden klingt das so: Für unseren dreiköpfigen Haushalt in einer Altbau-Wohnung zahlen wir pro Jahr 800 bis 1000 Euro an Gas für Heizung und Warmwasser. 2013 verbrauchten wir gut 20.000 Kilowattstunden (kWh), 2014 rund 14.600 kWh – der milde letzte Winter lässt grüßen. Die Therme erwärmt das Brauchwasser und heizt zwischen Mitte September und etwa Ende April die Wohnung. Letzteres verursacht den Löwenanteil des Verbrauchs, wie man winters Woche für Woche am Zähler ablesen kann. Hält Tado sein Versprechen auch nur ansatzweise, dann sparen wir pro Jahr dreistellige Beträge, das Gerät wäre in zwei Jahren mehr als refinanziert.

Energieverbrauch in Deutschland
Die Raumwärme macht fast 30 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland aus. In privaten Haushalten liegt ihr Anteil sogar mehr als doppelt so hoch..

Auch global betrachtet zahlen sich smarte Heizungssteuerungs-Systeme aus. Die Heizenergie stellt mit Abstand den größten Posten auf der Energierechnung dar: Laut DENA, der Deutschen Energieagentur, betrug ihr Anteil am Energieverbrauch aller deutschen Haushalte im Jahr 2012 satte 68 Prozent. Insgesamt beansprucht die Raumwärme 28,5 Prozent des gesamten Energiebedarfes in Deutschland. Nur mechanische Abläufe – also industrielle Prozesse und der Verkehr zusammen – schlucken noch mehr Energie. Die Statistik fasst alle Altbauten, Neubauten, Villen und Plus-Energiehäuser zusammen. In modernen KfW-55- oder gar Passsivhäusern ist der Anteil der Heizenergie viel geringer, doch für die ist Tado nicht gemacht. Das Nachrüst-System soll vor allem Altbauten sparsamer machen. Hier zählt Tado zu den „geringinvestiven Maßnahmen“, um den Energieverbrauch zu senken, Geld zu sparen und schließlich die Klimaziele zu erreichen – unabhängig vom Pro und Contra der Fassadendämmung oder dem unbestrittenen, aber teuren Nutzen neuer Fenster oder Türen. Und: Tado ist für Eigentümer und Mieter gleichermaßen nutzbar.

Was macht Tado?

Der Name Tado stammt aus dem Japanischen und ist eine Abkürzung für eine freundschaftliche Begrüßung. Und so funktioniert das System auch. Tado sorgt automatisch dafür, dass die Heizung nur dann läuft, wenn sie benötigt wird. Es handelt sich um einen via Internet gesteuerten Heizungs-Raumthermostat. Wie herkömmliche Heizungsregler wird er in einem häufig genutzten Wohnraum an der Wand montiert. Im Einsatz mit üblichen Gas-Etagenthermen – so auch bei uns – ersetzt das Kästchen den zentralen Raumthermostat am selben Installationsort und wird über die vorhandene Steuerleitung mit dem Heizgerät verbunden. Tado kann auf diese Weise die meisten Durchlauf- und Speicher-Thermen steuern, egal ob diese eine herkömmliche analoge Steuerleitung oder einen digitalen Busanschluss haben. Auf der Homepage von Tado lassen sich alle gängigen Thermen auf ihre Kompatibilität mit Tado abfragen.

Am Tado-Thermostaten selbst sind kaum Einstellungen möglich. Mit zwei Sensortasten kann man aber immerhin manuell zwischen den Betriebsarten hin und her schalten.
Am Tado-Thermostaten selbst sind kaum Einstellungen möglich. Mit zwei Sensortasten kann man aber immerhin manuell zwischen den Betriebsarten hin und her schalten.

Alternativ regelt Tado auch Heizkessel mit Rücklauf-Temperaturregelung und Witterungssensoren, wie sie häufig in Einfamilienhäusern stehen. Für diese Brenner ist eine zusätzliche „Extension-Box“ für 99 Euro erforderlich, die an der Heizungsanlage installiert wird und ihre Befehle per Funk vom Tado-Thermostat erhält. Fernwärme-Heizungen oder Wohnungen in einem zentral beheizten Mehrfamilienhaus kann Tado dagegen nicht steuern, weil der Thermostat eben immer direkt den Heizkessel anspricht, nicht einzelne Heizkörper.

Die Heizungssteuerung basiert denn auch nicht auf speziellen Programmen für verschiedene Räume, sondern auf der simplen Regel: Geheizt wird, wenn wir zu Hause sind. Dafür kennt Tado im Automatikbetrieb drei Zustände: „zu Hause“, „Unterwegs“ oder „Schlafen“. Das klingt simpel, die Umsetzung der Regel ist allerdings komplexer, als es auf den ersten Blick wirkt. Erstens: der Tado-Raumthermostat ist per Funk mit einem weiteren Kästchen verbunden, das man an den Internetrouter hängt. Dank dieser Verbindung, einem Onlineaccount bei Tado und der zugehörigen Smartphone- und Tablet-Apps weiß Tado dann stets, ob die Bewohner einer Wohnung zu Hause sind – und wenn nicht, wie weit entfernt sie sich gerade aufhalten. Ermittelt werden diese Informationen von der Tado-App über die GPS-Daten auf den iPhones, Android- und anderen Mobilgeräten der Bewohner. Dabei gilt: Je weiter sich der nächste Bewohner von Zuhause entfernt, desto tiefer lässt Tado die Temperatur in der Wohnung sinken.

Doch das ist nicht alles. Laut Hersteller lernt der smarte Heizungsthermostat mit der Zeit auch, wie lange die Wohnung benötigt, um auf eine bestimmte Temperatur aufzuheizen. Tado ermittelt also nicht einfach Schalt-Zeiten, zu denen sich die Heizung aktiviert, sondern richtet sich danach, wann ungefährt die Wohnung warm sein soll – und heizt sie dann weder zu früh noch zu spät auf. Das gilt auch für die Nachtabsenkung, die sich in der Tado-App pauschal oder nach einzelnen Wochentagen voreinstellen lässt.

Tado lernt laut Hersteller auch die Gewohnheiten der Bewohner kennen – etwa, wie lange jemand üblicherweise benötigt, um von einem häufig besuchten Ort nach Hause zu kommen; der typische Büro-Heimweg also. Zusammen mit der Aufheiz-Charakteristik der Wohnung soll es dann immer wohlig warm sein, sobald der erste Bewohner nach Hause kommt. Und schließlich nutzt Tado Online-Wetterdaten, um die Heizkurve anhand der Außentemperatur zu optimieren. Für den Nutzer ist Letzteres daran zu erkennen, dass einen die App morgens bisweilen auffordert, einen dicken Pulli anzuziehen (Frost) oder den Regenschirm nicht zu vergessen (Regen).

Tado kennt die Außentemperaturen und Wetterverhältnisse aus Online-Wetterdaten. Neben freundlichen Hinweisen soll dies auch die Heizungsregelung optimieren.
Tado kennt die Außentemperaturen und Wetterverhältnisse aus Online-Wetterdaten. Neben freundlichen Hinweisen soll dies auch die Heizungsregelung optimieren.
Tado weiß, wo Du bist

Die eigentliche Heizungssteuerung aber erfolgt für den Nutzer unsichtbar irgendwo zwischen dem vernetzten Thermostat und seinem Onlinedienst. Bei diesem muss man sich während der Installation anmelden. Umgekehrt bleibt Tado ohne eine funktionierende Internetverbindung dumm und die Heizung kalt – oder warm, wenn man dies manuell einstellt. Die ständige Onlineverbindung von Tado weckt sicher bei potentiellen Nutzern Ängste, immerhin weiß das System, wann sich die gesamte Familie 1500 Kilometer entfernt im Urlaub befindet und das Haus leer steht. Doch die Macher von Tado legen Wert auf ihre umfassende Datensicherung, die ihnen zufolge dem höchsten Onlinebanking-Sicherheitsstandard entspricht. Die Server stehen in Deutschland und unterliegen hiesigen Datenschutzrichtlinien und AGBs, die allerdings auf der Tado-Seite nur auf englisch vorliegen. Die Bedingungen beinhalten eine Verpflichtung des Anbieters, stets die neueste Technik zur Sicherung aller vertraulichen Daten einzusetzen. Ärgerlich ist eher ein Passus, der es Tado erlaubt, die Adressen seiner Kunden an Partnerunternehmen weiterzugeben. Die Einwilligung lässt sich wie üblich schriftlich widerrufen – in der Accountverwaltung fehlt dazu aber eine Online einstellbare Option. Das schafft nicht unbedingt Vertrauen, denn wer liest schon die AGBs? Zur Ehrenrettung: Mit Spam wurde ich auf der für Tado verwendeten Adresse seit der Installation nicht weiter zugefüllt als bisher.

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Der Praxistest

Mein Testmuster habe ich letzten Herbst installiert. Das klappte ziemlich intuitiv, was die Hardware anging: In der Packung ist alles dabei – bis zu einem benötigten Phasenprüfer-Schraubenzieher.

Die Installation erfolgt parallel mit der Anmeldung im Onlinedienst von Tado. Dabei werden zunächst Daten abgefragt, etwa die Typenbezeichnung der Therme und die Art des bisherigen Raumfühlers. Passend zur Ausstattung startete dann eine Schritt-Für-Schritt-Anleitung für den Anschluss der Steuerleitungen: Alten Raumthermostat abbauen, die Adern der Steuerleitung mit mitgelieferten Klebern markieren, dann den neuen Thermostat an der Wand anbringen und wie beschrieben verkabeln. Außer dem Thermostat wird ein zweites Tado-Kästchen per LAN-Kabel mit dem Internetrouter verbunden. Es stellt die Funkverbindung zwischen dem Thermostat und dem Tado-Onlinedienst her. Über einen QR-Code auf diesem Kästchen wird die Tado-Hardware dann mit dem neu eröffneten Account gekoppelt.