Media-Saturn hat seinen Musikdienst Juke komplett überarbeitet. Aus dem Streaming-Service ist ein Shop für alle möglichen digitalen Medien geworden. Die Musik-Flatrate für 9,99 Euro im Monat (oder günstiger, wenn man sich länger bindet) gibt es zwar weiterhin, sie ist aber nur noch eines von vielen Angeboten. Zum Pauschalabruf von 30 Millionen Songs kommt nun die Möglichkeit, Lieder und Alben wie bei iTunes einzeln zu kaufen und herunterzuladen. Die Preise dafür liegen mit 69 Cent bis 1,29 Euro im üblichem Rahmen. Als Download-Format kommt MP3 mit 320 Kilobit pro Sekunde zum Einsatz, die Dateien sind also frei von Kopierschutz.
Lücken im Videoangebot und recht hohe Preise
Außerdem bietet Juke nun Spielfilme und TV-Serien an. Auch hier dient iTunes offenbar als Vorbild, weil eine Flatrate im Stil von Netflix oder Amazon Instant Video derzeit nicht vorgesehen ist. Stattdessen gibt es die Videos im Einzelabruf: Filme teilweise zum Leihen oder Kaufen, die TV-Serien aktuell nur zum Kauf. In beiden Kategorien hinkt Juke dem Original von Apple jedoch hinterher. Vor allem die Serien sind recht inaktuell. So liefert iTunes zum Beispiel alle bisherigen Folgen von Grey’s Anatomy – inklusive der jüngsten 11. Season, die in Deutschland noch gar nicht komplett im TV zu sehen war (wenn auch nur in Originalfassung mit Untertiteln). Bei Juke ist nach der 9. Staffel Schluss. Ähnlich sieht es mit Criminal Minds aus, wo die „Behavioral Analysis Unit“ bei Apple bis zur elften Saison ermittelt, während Juke-Kunden nach der achten in die Röhre schauen. Mangels Staffelpass müssen sie dabei auch noch jede Folge einzeln bezahlen. In HD-Auflösung summiert sich das auf einen stattlichen Gesamtbetrag von 71,76 Euro. Im iTunes-Store kostet die komplette achte Season in HD gerade mal 24,99 Euro.
Bei den Spielfilmen sieht kaum besser aus. Auch hier gibt der als teuer verschriene iTunes-Store die Titel teilweise günstiger ab. So kostet die HD-Version des Maschinen-Thrillers Ex Machina 13,99 Euro statt 15,99 Euro. Derselbe Unterschied auch bei Fast & Furious 7 und Cinderella 2015. Wenn beide Anbieter im Kaufpreis gleich ziehen, liegt es nicht selten daran, dass Juke lediglich eine SD-Version des Films anbietet. Die kostet dann genauso viel wie bei iTunes. Gleichstand herrscht auch bei den Leihgebühren. Für einen aktuellen Blockbuster sind in der Regel 3,99 Euro (SD) oder 4,99 Euro (HD) fällig Die Leihdauer beträgt auf beiden Seiten 30 Tage, nach Start des Films bleiben 48 Stunden, um ihn fertig anzusehen.
Online-Buchladen mit und ohne Kopierschutz
Leseratten haben es leichter. Wegen der Buchpreisbindung brauchen sie im Juke-Store nicht auf die Kosten zu achten. Theoretisch kann ihnen auch der Kopierschutz egal sein. Zwar nutzen viele Titel den EPUB-Standard in Kombination mit dem Digitalen Rechte-Management von Adobe, andere setzen auf digitale Wasserzeichen. Aber solange der Käufer die App Juke Bücher zum Lesen verwendet, ist gewährleistet, dass die Datei funktioniert. Am Computer oder auf E-Book-Readern geht das nicht so einfach. Hier ist es im ersten Praxistest nicht gelungen, ein gekauftes Buch zu öffnen. Das dafür nötige Programm Adobe Digital Editions weigerte sich, den Titel zu importieren und spuckte eine Fehlermeldung aus. Weil der Computer auf eine andere E-Mail-Adresse bei Adobe registriert ist als das Juke-Konto, meint der Server offenbar, die Lizenz wäre bereits in Verwendung.
Dass Media-Saturn sein neues Medienangebot am Smartphone auf mehrere Apps verteilt, macht die Sache nicht unbedingt einfacher. Wer Musik, Videos und Bücher von Juke beziehen will, muss für jede Gattung ein eigenes Programm auf seinem mobilen Gerät installieren: Juke Musik, Juke Filme und Juke Bücher. Und er muss sich in jeder App mit seinen Zugangsdaten anmelden. Was freilich noch nicht heißt, dass damit alle Funktionen zur Verfügung stehen. Weil der Verkauf von Medien mit den Geschäftsbedingungen der App-Stores kollidiert, dienen die Programme nur zum Abspielen. Android-Nutzer werden für den Einkauf von Videos oder Büchern zumindest in den Online-Shop weitergeleitet: Es öffnet sich der Browser, wo der Kunde ein weiteres Mal Benutzername und Passwort eingeben darf. Besitzer eines iPhone oder iPad müssen gleich an den Computer, weil Apple selbst diese umständliche Konkurrenz zu iTunes und iBooks nicht gerne sieht. Musik kaufen geht übrigens mit keiner der Apps. Sie funktionieren wie bisher nur mit Flatrate-Abo und spielen ansonsten 30-sekündige Hörproben aus dem Katalog.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es uns nicht gelungen ist, uns mit den Zugangsdaten des alten Juke in der neuen Musik-App anzumelden. Alle zuvor angelegten Playlisten und Favoriten gehen bei einer Neuanmeldung natürlich verloren. Die Android-App stürzt gerne ab und der Online-Shop zeigt auch Wochen nach dem Start noch Serverfehler (siehe unten). Den Kauf von Spielen und Computersoftware, der mit Juke auch möglich ist, haben wir aus Zeitgründen deshalb noch gar nicht ausprobiert.
digitalzimmer.de meint: Das neue Juke führt auf eindrucksvolle Weise vor Augen, wie zersplittert der digitale Medienmarkt ist. Man mag Ökosysteme wie iTunes oder den Google PlayStore kritisieren, weil sie Kunden an sich binden und den Einkauf außerhalb des umzäunten Gartens erschweren. Aber sie funktionieren, weil der Anbieter alle Schritte vom Kauf bis zur Wiedergabe kontrollieren kann. Media-Saturn kämpft dagegen an verschiedenen Fronten (Adobe DRM, AppStores, Rechteinhaber) und versucht trotzdem ein Dienst für alle digitalen Medien zu sein. Das gelingt nur unvollkommen, was auch die Aufteilung in mehrere Apps zeigt. Wer für Musik, Filme und Bücher eigene Programme starten und einen wahren Anmeldungsmarathon durchlaufen muss, der kann sich auch gleich den jeweils besten Anbieter auf seinem Gebiet herauspicken.