Mac-App bringt Flac, MKV und mehr aufs iPhone

Darauf haben Apple-Nutzer lange gewartet: ein Programm, das die Formatbeschränkungen von iPhone, iPad und iPod touch aufhebt. Zwar kann auch Waltr (ab 29,95 Euro, Testversion für 14 Tage)  ein Apple-Gerät nicht dazu bringen, andere als die vom Hersteller vorgesehen Dateitypen wiederzugeben. Er kommt diesem Ziel aber nahe. Für Nutzer fühlt es sich genauso an, als würde ihr iPhone plötzlich FLAC-Music abspielen – oder Videos im MP4-Format. Dabei packt die Mac-Software (ab OS X 10.9) inkompatible Dateien kurzerhand in ein anderes Format um, das der Player versteht.

Aus FLAC-Dateien wird so ein Audio-Container, wie ihn iTunes benutzt (.m4a) mit dem Apple Lossless Codec (ALAC) an Bord (mehr dazu in diesem Beitrag über Audio-Formate). MP4-Videos, AVI-Container und sogar MKV-Dateien verwandelt das Programm in .m4v-Dateien. Zur Übertragung schließt man sein iPhone oder iPad mit dem serienmäßigen USB-Kabel an den Mac an, öffnet Waltr und schiebt die gewünschten Tracks in das Programmfenster. Der Upload startet automatisch und transportiert die Files direkt in Apples eigene Abspielprogramme. Das heißt: Die Songs erscheinen anschließend in der „Musik“-App, Videos in gleichnamigen iOS-Anwendung. Der ganze Prozess funktioniert nach ersten Erfahrungen schnell und reibungslos. Zumindest auf einem aktuellen Mac mit OS X 10.10, der die nötigen Berechnungen quasi „one the fly“ im Hintergrund erledigt. Ältere Betriebssysteme und Rechnergenerationen habe ich noch nicht ausprobiert.

Waltr überträgt Musik und Videos direkt in die serienmäßigen Apps auf dem Apple-Gerät.
Waltr überträgt Musik und Videos direkt in die serienmäßigen Apps auf dem Apple-Gerät.

Laut Hersteller Softorino transcodiert Waltr die Daten nicht, sondern überträgt sie nur auf irgendeine spezielle Weise zum iDevice. So ganz mag ich das nicht glauben, weil Musik-Downloads in High-Resolution Audio mit 24 Bit/192 kHz danach sogar auf einem betagten iPhone 4 laufen – obwohl laut Test des Online-Magazins Mashable noch nicht einmal das iPhone 6 diese Fähigkeit besitzt. Auch das Streaming via Airplay auf andere Geräte im Netzwerk klappt problemlos, was mit dieser hohen Auflösung eigentlich nicht sein kann. Aus Neugier habe ich die übertragenen Dateien mit dem Programm Mac FoneTrans  vom iPhone wieder heruntergeholt und analysiert. Die Tools „Invisor“ und „Media Inspector“ zeigen als Inhalt einen ALAC-Stream mit 24 Bit/192 kHz. Auch die Datenmenge weist auf die hohe Auflösung hin: Come Away With Me von Norah Jones ist vor dem Transfer als Flac-Datei 139,5 Megabyte groß. Die von Waltr erzeugte .m4a-Version bringt es auf 141 MB. Welche Samplingfrequenz nun wirklich drin steckt, konnte ich mangels geeignetem Player gerade nicht ausprobieren.

Fakt bleibt jedoch, dass Waltr eine Art Schweizer Taschenmesser für digitale Medien am iPhone und iPad ist. Laut Hersteller überträgt das Programm  AVI-, MP4- und MKV-Videos genauso auf die Apple-Player wie Musik im Flac-, Ogg Vorbis- oder Ape-Format. Selbst alte CD-Imagedateien, die Metadaten als sogenanntes  Cue-Sheet enthalten, sollen sich transferieren lassen: Waltr teilt die Titel beim Kopieren in einzelne Tracks auf. Bei MKV-Dateien übernimmt das Programm wohl Kapitelmarker und Untertitel, die sich anschließend wie in Filmen aus dem iTunes-Store anwählen lassen. Damit die Dateien mit Cover im Abspielprogramm erscheinen, sollte das Bild in die Mediendatei eingebettet sein – oder als zusätzliches PNG-File in einem Ordner mit übertragen werden.

Auch alte TV-Mitschnitte, damals noch als AVI gespeichert, bringt Waltr aufs iPhone oder iPad.
Auch alte TV-Mitschnitte, damals noch als AVI gespeichert, bringt Waltr aufs iPhone oder iPad.

Weil der Transfer an iTunes vorbei läuft, ja das Apple-Programm während der Übertragung nicht einmal geöffnet sein darf, erscheinen die von Waltr kopierten Dateien anschließend nicht in der Mediathek am Mac. Sie lassen sich auch nicht mit dem Computer synchronisieren oder per Mausklick entfernen. Löschen geht nur am iPhone oder iPad direkt: Song oder Video am Bildschirm auswählen und die Aktion bestätigen. Dabei ist es hilfreich, wenn die Originaldatei mit allen wichtigen Metadaten versehen war. Denn Titel ohne Künstler- oder Albumname („Unbekannter Interpret“, „Unbekannter Albumname“ werden von Apples Musik-App in den jeweiligen Listen nicht angezeigt. Da kann die Suche nach verschollenen Tracks ganz schnell zur Fleißarbeit ausarten.

digitalzimmer.de meint: Waltr ist ein hilfreicher Zeitgenosse, wenn es darum geht, mal eben FLAC-Downloads oder TV-Mitschritte von Online-Videorecordern wie Save.TV auf einem Apple-Player wiederzugeben. Das Programm tut was es soll, erklärt sich von selbst und liefern gute Ergebnisse. Wer häufig an Audio- und Videoformaten scheitert, wird die 30 Euro nicht scheuen. Größere Haushalte bekommen auch ein Familienpaket mit fünf Lizenzen für knapp 80 Euro. Ein Ersatz für High-Resolution-fähige Audiplayer scheint das Programm aber nicht zu sein. Dazu fehlt eine Dateiverwaltung und die Transparenz, was mit den Audiodaten genau passiert. Audiophile Musiksammmler wollen ihre Tracks möglichst in dem Format abspielen, das sie gekauft haben – um jede Gefahr von Klangverfälschung auszuschließen. Sonst könnten sie auch einen Flac-to-Alac-Converter benutzen. Die gibt es zuhauf im Internet, für Windows oder Mac, und sogar kostenlos.