Luftreiniger von Blueair: der etwas andere Test

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. So wie in diesem Test des Luftreinigers Blueair Health Protect 7470i. Seit einigen Wochen verrichtet er im Digitalzimmer seinen Dienst – nur anders als geplant. Anfang Februar 2021 kam das Angebot, ihn auszuprobieren. Damals ging die Zahl der gemeldeten Infektionen gerade zurück und die dritte Welle war noch nicht in Sicht. Ein guter Zeitpunkt, um langsam wieder Einladungen zu planen – womöglich sogar ein Essen mit mehr als einer Person aus einem anderen Haushalt.

Display und Bedienfeld des Luftreinigers Health Protect 7470i von Blueair. ©digitalzimmer
Luftreiniger als Ergänzung zum Stoßlüften

Mittlerweile dürfte hinlänglich bekannt sein, dass viel vom Infektionsgeschehen drinnen stattfindet. Die Gesellschaft für Aerosolforschung hat das in ihrem Positionspapier ausführlich dargelegt (LINK). Wie dort empfohlen, wird bei uns regelmäßig gelüftet, spätestens dann, wenn die selbstgebaute Corona-Ampel einen Anstieg von CO2 oder anderen Stoffen signalisiert. In einem kalten Frühjahr wie diesem kann das aber ziemlich schnell ungemütlich werden. Deshalb kam das Testangebot von Blueair gerade recht.

Das schwedische Unternehmen (LINK) wirbt damit, dass seine Luftreiniger der Serie Health Protect besonders wirksam gegen Aerosol-Partikel und die darin gebundenen SARS-CoV-2-Viren vorgehen. Eine spezielle Technologie führt selbst im Standby einen schwachen Luftzug durch ein elektrostatisch geladenes Plasmafeld, das Viren und Bakterien auf dem Filter abtöten soll. Im Gerät herrscht sozusagen ein kleines Gewitter, das die Keime killt.

Wie gut das funktioniert, kann ich im Digitalzimmer natürlich nicht überprüfen. Blueair hat sich die Wirksamkeit aber von einem Biosicherheitslabor in den USA bestätigen lassen. Dort wurden lebende Coronaviren in einer Testkammer vernebelt und anschließend durch einen Reiniger der Serie 74xx gejagt. Ergebnis: 99,99 Prozent der Viren waren danach verschwunden. Eine Beschreibung des Versuchs gibt es auf der Blueair-Webseite (LINK).

Der austauschbare Kombifilter ist seitlich hinter der Gehäuseklappe untergebracht.
Die smarten Funktionen des Health Protect 7470i

Gespannt war ich auf die Möglichkeiten im Smarthome. Der Blueair 7470i wartet mit verschiedenen Sensoren auf, die Temperatur, Feuchtigkeit, Feinstaub und flüchtige organische Verbindungen, sogenannte VOCs, in der Luft messen. Er verbindet sich zu Hause mit dem WLAN und ist komplett per App bedienbar. Sprachsteuerung mit Alexa sollte auch möglich sein, wie es in der Ankündigung und auf der Webseite hieß. Andere Smarthome-Blogs hatten bei früheren Modellen schon darüber berichtet.

Nach Ankunft des Geräts trat allerdings Ernüchterung ein. Wie sich herausstellte, existiert der Alexa-Skill bislang nur in englischer Sprache. Ein Hinweis auf der Webseite macht das mittlerweile klar. Auch sonst halten sich die Integrationsmöglichkeiten in Grenzen. Es gibt zwar ein inoffizielles Homebridge-Plugin (LINK), doch statt den Blueair mit meinem HomeKit-Zuhause zu verbinden, brachte es nur den Raspberry Pi zum Absturz. Die Verbindung mit openHAB (LINK) übersteigt wie so oft meinen Horizont. Der Home Assistant kann Sensordaten auslesen (LINK) – aber nicht steuern – und für ioBroker habe ich gar keine Erweiterung gefunden.

Immerhin: Das Einschalten per Schaltsteckdose funktioniert, sofern sich der Luftreiniger nicht zuvor im Standby befunden hat. Er startet nach der Trennung vom Strom im zuletzt gewählten Betriebszustand. Das ist mehr, als unsere Kaffeemaschine kann, aber eben kein vernetzter Betrieb mit Gebäudeautomatisierung. An diesem Punkt wollte ich das High-Tech-Gerät für rund 780 Euro schon fast wieder einpacken, habe es mir aber doch anders überlegt.

Die Blueair-App liefert Informationen zur Luftqualität am Wohnort und im Raum. ©
Intelligent ohne Smarthome-Integration

Da er nun schon mal da war, sollte der Luftreiniger wenigstens ein paar Tage laufen. Aus den Tagen wurden Wochen und mittlerweile kann ich sagen: Er wird mir fehlen, wenn er demnächst an den Hersteller zurückgeht. Denn auch ohne besondere Smarthome-Integration ist der Blueair irgendwie smart – weil er weder Aufsicht noch Pflege verlangt. Einmal aufgestellt, arbeitet er still vor sich hin.

Der tischhohe, leicht nach oben verjüngte Quader ist für Räume bis 38 Quadratmeter gedacht (es gibt auch ein Modell für 62 m2). Was jedoch entscheidender ist: Er kann die Raumluft auf dieser Fläche mehrere Male pro Stunde umwälzen. Die sogenannte Clean Air Delivery Rate (CADR) gibt den Wert dafür an. Sie wird nach einer US-Norm mit drei verschiedenen Substanzen gemessen: Tabakrauch, Staub und Pollen. Die Werte dafür liegen beim kleineren Modell zwischen 455 und 475 Kubikmeter pro Stunde. Der große Luftreiniger schafft 675 bis 735 m3/h.

Anzeigehelligkeit und Timer sind in der App einstellbar. Dort wird auch der Filterstatus angezeigt.

Umgerechnet auf einen 20 Quadratmeter großen und 3 Meter hohen Raum heißt das: Wenn es sein muss, zieht mein Testmuster fast achtmal pro Stunde die komplette Raumluft durch seine Filterkiemen. Eine Studie der Universität der Bundeswehr in München empfiehlt für den Schulbetrieb in diesem Zeitraum einen mindestens sechsfachen Luftaustausch (LINK). Der Health Protect 7470i sollte für den Hausgebrauch also stark genug sein. Zumal er in der höchsten Lüfterstufe 3 ordentlich Wind produziert und dabei auch gut zu hören ist. Der Energieverbrauch liegt dann knapp unter 40 Watt.

Die meiste Zeit fächelt das Gerät aber im Automatikbetrieb sehr leise vor sich hin und verbraucht ungefähr 7 Watt (Standby: 1,2 Watt). Jedes Kfz, das auf der Straße vorbeifährt, und das Vogelgezwitscher am Morgen sind in der Wohnung besser zu hören. Schlafen oder Fernsehen, während der Luftreiniger läuft? Kein Problem. Im Nachtmodus schalten sich auch die beiden LED-Leisten an der Front aus, die sonst über die Luftqualität informieren. Der linke Streifen gibt die Feinstaubbelastung an, der rechte orientiert sich an VOCs. Beide wechseln je nach Konzentration ihre Farbe von Blau (exzellent) über Grün, Gelb und Orange nach Rot (stark verschmutzt).

Informationen auf dem Display und in der App

Ein alphanumerisches Display auf der Oberseite zeigt die Messwerte an. Es unterscheidet den Health Protect 7470i vom einfacheren Modell 7440i, das nur Ziffern in klassischer Taschenrechneroptik darstellt. Die Anzeige schlüsselt den Feinstaub in Größenklassen auf: PM1, PM2.5 und PM10. Zur VOC-Messung liefert das Farbdisplay einen Kurvenverlauf, der deutlich macht, wie Kochgeruch oder ein Sprühstoß Eau de Toilette die Luft bereits verunreinigen. Im Automatikbetrieb schaltet der Lüfter dann einen Gang hoch und gibt erst wieder Ruhe, wenn die Gase herausgefiltert sind.

Das Display des Health Protect 7470i zeigt den VOC-Verlauf als Liniendiagramm an.

Das ganze Geschehen lässt sich außerdem in der App verfolgen. Mangels Smarthome-Integration habe ich dort auch meine Timer eingestellt, die den Luftreiniger nach Zeitplan in den Nachtmodus versetzen und einmal am Tag auf höchster Stufe durchlüften. Ein Ersatzfilter kostet 100 Euro, den Austausch dürfte ich bei meinem Testgerät aber wohl nicht mehr erleben: Nach mehr als zwei Monaten Betrieb hat der eingesetzte Schadstoff- und Geruchsabscheider immer noch eine Kapazität von 95 Prozent.

Trotzdem ist die Wirkung zu spüren. Birken-, Buchen- und Eichenpollen, die mir sonst im Frühjahr zu schaffen machen, bereiten auffällig wenig Beschwerden, seit der Blueair seinen Dienst verrichtet. Obwohl ich nicht ganz ausschließen kann, dass auch die kühle Witterung ihren Anteil daran hat. Außerdem dürfte der Hersteller bei der Integration einen Zahn zulegen und die Sensoren im Gerät für andere Anwendungen öffnen. Ansonsten spricht alles für den Health Protect. Denn ob Feinstaubalarm, Friteusendampf, Heuschnupfen oder Pandemie – irgendwas ist schließlich immer.


PS. Mehr Informationen zum Thema Luftreiniger gibt es auf der Webseite des Herstellerverbands gfu – im Tech Guide Saubere Luft (LINK)