Der Smarthome-Lautsprecher Amazon Echo im Test. ©digitalzimmer

Erster Test: Amazon Echo und die deutsche Alexa

Hinzu kommen kostenlose Webradio-Stationen von TuneIn und Hörbücher, die der Kunde bei Amazons Tochterunternehmen Audible gekauft hat. Alles mit Sprachsteuerung versteht sich. So kann der Zuhörer Bücher auf Zuruf starten oder von Kapitel zu Kapitel springen. Wer zwischendrin Musik gespielt hat, sagt einfach „Alexa … Hörbuch fortsetzen“, und die Wiedergabe beginnt an der Stelle, wo sie angehalten wurde. An diese freihändige Bedienung gewöhnt man sich schnell. Nach nur zwei Tagen mit dem Amazon Echo fand ich es schon lästig, im Bad die Hände abtrocknen zu müssen, um den Tochscreen meines Smartphones zu bedienen.

Zumal der Lautsprecher viel mehr kann als nur Musik wiedergeben. Nach Auswahl einer oder mehrerer News-Quellen in den Einstellungen betätigt er sich als Nachrichtenansager. Auf die Frage „Was gibt es Neues?“ liefert Alexa dann zum Beispiel Schlagzeilen von Spiegel Online, Bild, dem Kicker oder N-TV. Nicht immer ist der Infogehalt besonders hoch. Manche Anbieter teasern ihre Themen nur an – in der Hoffnung, dass jemand auf den Link „Mehr lesen“ tippt, der zeitgleich in der Alexa-App erscheint. Ein netter Versuch, Besucher auf die eigene Webseite zu locken. Ich bin ihm kaum gefolgt. Wenn der Echo im Einsatz ist, höre ich am liebsten zu. Deshalb gefallen mir die zusätzlich verfügbaren News-Angebote mit Audioaufnahmen auch besser als Online-Texte, die Alexa per Computerstimme vorträgt. Die Sprachsynthese von Amazon ist beeindruckend gut. An die Nachrichtensprecher von Deutschlandfunk, Ö3 oder der Tagesschau in 100 Sekunden reicht sie aber noch nicht heran.

Eine blauer Lichtring signalisiert, dass Echo zuhört und auf Anweisungen wartet. ©digitalzimmer
Eine blauer Lichtring signalisiert, dass Echo zuhört und auf Anweisungen wartet.

Kürzere Ansagen wie Wetterberichte und Verkehrsinformationen sind von einer menschlichen Stimme kaum zu unterscheiden. Auch beim Eintragen und Abfragen von Terminen oder beim Pflegen von Einkaufslisten erinnert Alexa eher an eine Privatsekretärin als an Sprachcomputer. Deshalb soll sie das Shopping bei Amazon vereinfachen: Auf Anfrage durchsucht Alexa den Katalog des Versenders und die vergangenen Bestellungen des Kunden. Gefundene Produkte werden zum Kauf vorgeschlagen und können direkt geordert werden. Adresse sowie Zahlungsmittel entnimmt das System den Voreinstellungen im Amazon-Konto. Eine etwas beunruhigende Vorstellung für Familien mit Kindern. Dank Alexa können die sich ihre Weihnachtwünsche nun selbst erfüllen.

Um die vorzeitige Bescherung zu verhindern, kann der Nutzer einen vierstelligen Zifferncode in die Alexa-App eintragen, der vor jeder Bestellung abgefragt wird. Außerdem lässt sich die Funktion ganz abschalten. Ich glaube allerdings nicht, dass viele Kunden den Service zum aktuellen Zeitpunkt nutzen werden. Die Sprachsuche nach Produkten ist manchmal etwas mühsam und fördert nur Produkte mit Prime-Versand zu Tage. Außerdem ist keine Auswahl zwischen Varianten möglich. So kann der Käufer beispielsweise nicht angeben, ob er einen Film auf DVD oder Blu-ray-Disc haben will. Es dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein, bis Amazon diese Kinderkrankheiten behebt – aus ureigenem Interesse.

Amazon Echo: eine tragende Säule im Smarthome

Bis hierhin wäre der säulenförmige Lautsprecher ein nettes Gadget für Technik-Fans. Sein Klang ist gut, für den Preis von rund 180 Euro aber nicht außergewöhnlich. Die freihändige Bedienung macht ihn trotzdem zu etwas Besonderem. Das eigentliche Highlight kommt aber erst – mit der Verbindung im Smarthome. Über sogenannte Skills kann der Echo zu anderen Geräten im Haushalt und zu Internet-Diensten Kontakt aufnehmen. Technisch gesehen handelt es sich dabei um kleine Software-Programme. Sie dienen als Übersetzer zwischen dem Sprachzentrum von Alexa und dem Internet der Dinge. Und plötzlich funktioniert auf Ansage, wofür sonst ein Smartphone nötig war: Licht steuern und Heizung regeln zum Beispiel. Auch Zugverbindungen der Deutschen Bahn oder die Chauffeur-Dienste von MyTaxi sind auf diese Weise abrufbar.

Die Skills werden nicht von Amazon programmiert, sondern vom jeweiligen Hersteller oder Anbieter. Das Interesse ist groß. So möchten zum Beispiel Denon und Sonos ihre Multiroom-Lautsprecher von Alexa steuern lassen. Devolo arbeitet ebenfalls an einer Unterstützung für sein Home Control-System. Entsprechende Skills soll es aber frühestens 2017 geben. Andere Firmen sind schon weiter. Ihre Software-Module können in der Alexa-App aktiviert werden. Zu den Pionieren gehören Honeywell, Netatmo und Tado mit ihren vernetzten Heizkörperreglern. Digitalstrom, die Deutsche Telekom, Innogy und TP-Link bieten Anschluss an die Haussteuerung. Philips Hue und LifX machen ihre Lampen per Sprache fernbedienbar. Dasselbe hat Ledvance mit seinen Lightify-Leuchtmitteln vor. Die Pressemitteilung ist raus, der Skill war zum Test aber noch nicht online.

Sogenannte Skills verbinden den Amazon Echo mit anderen Geräten und Diensten. ©digitalzimmer
Sogenannte Skills verbinden den Amazon Echo mit anderen Geräten und Diensten.

Im ersten Durchgang konnte ich nur einige der verfügbaren Skills ausprobieren. Die Möglichkeiten sind enorm und dürften Stoff für etliche weitere Tests liefern. Eines ist aber jetzt schon klar: Alexa macht das Leben im Smarthome leichter. So lassen sich Lampen verschiedener Hersteller mit einem Sprachbefehl steuern. Ohne vom Sofa aufzustehen, drehe ich die Heizung höher, dimme das Licht und starte mein aktuelles Hörbuch. Natürlich funktioniert das nicht auf Anhieb so perfekt. Die Kombination mehrerer Geräte bringt zunächst einmal Arbeit mit sich. Beispiel Gerätebezeichnung: Gibt es im Hue-System einen Raum mit dem Namen „Wohnzimmer“ und heißt der Tado-Thermostat genauso, ist Alexa verwirrt. Sie kann mit dem Befehl, die Temperatur auf 21 Grad zu ändern, nichts anfangen: „Ich weiß nicht, ob diese Einstellung für die Beleuchtung oder den Thermostat gilt“. Da hilft nur, die Bezeichnung in der Hersteller-App zu ändern oder eine eigene Gruppe für das Gerät in der Alexa-App anzulegen. Wer bereits mit HomeKit von Apple gearbeitet hat, kennt diesen Zwang zur Eindeutigkeit.

Apropos HomeKit: Im Funktionsumfang ist die Apple-Lösung überlegen. Sie bietet Regeln und Szenen, um Aufgaben automatisch ablaufen zu lassen. Amazon konzentriert sich dagegen auf die Sprachsteuerung und überlässt die Umsetzung anderen. Deshalb kommt es darauf an, welche Funktionen der jeweilige Hersteller in seiner Skill vorsieht. Philips etwa ruft mit Alexa voreingestellte Lichtszenen ab und regelt die Helligkeit in den Räumen. Für Siri und HomeKit haben die Niederländer zusätzlich die Änderung der Lichtfarbe vorgesehen. Selbst zwischen Skills für ein und dieselbe Aufgabe kann es Unterschiede geben. So liest Alexa für Rezepte von Chefkoch.de die Zutatenliste vor. Kitchenstorys.de bietet nur an, die Anleitung aufs Smartphone zu schicken. Um es noch einmal zu sagen: Diese Erfahrungen stammen aus den ersten Tagen nach dem Deutschlandstart. Aktuell müssen sich Nutzer noch recht genau an einen vorgegebenen Satzbau halten, wenn sie verstanden werden wollen. Der Wortschatz soll sich mit der Software jedoch weiter entwickeln – und digitalzimmer.de wird berichten.

Alexa und die Privatsphäre: ein Wort zum Datenschutz

Kommen wir zu dem Thema, das letzten Endes alle beschäftigt: Wie hält es Amazon mit dem Schutz der Privatsphäre? Schließlich wäre der Amazon Echo ein Überwachungsgerät erster Güte. Sieben kreisförmig angebrachte Mikrofone lauschen in alle Richtungen gleichzeitig. Spezielle Algorithmen und Filter rechnen Umweltgeräusche aus den Aufnahmen heraus und verstärken die Empfindlichkeit in die Ecke des Zimmers, aus der gerade ein Sprachkommando kommt. Das funktioniert sogar mit laufender Musik – wenn die Lautstärke nicht zu hoch eingestellt ist. Bis etwa Stufe 7 von 10 versteht der Echo zuverlässig seine Kommandos, ohne dass ich Brüllen müsste.

Holen sich Käufer also „eine riesige Wanze ins Haus“, wie Spiegel Online geschrieben hat? Amazon versichert, dass erst dann Informationen übertragen werden, wenn das Schlüsselwort zur  Aktivierung fällt. Wer ganz sicher gehen will, drückt die Mute-Taste am Gerät. Dabei werden die Mikrofone laut Hersteller nicht einfach taub geschaltet, sondern elektrisch getrennt. Selbst Amazon soll sie jetzt nicht mehr reaktivieren können, so das Versprechen. Der Nutzer muss es selbst von Hand tun. Und damit er dies nicht vergisst, leuchtet der LED-Ring am Gerät solange rot. In der Alexa-App lässt sich übrigens verfolgen, welche Aufnahmen das Mikrofon macht. Jeder Mitschnitt taucht dort im sogenannten Verlauf auf, ist nachträglich als O-Ton abrufbar und lässt sich löschen.

Das rote Licht signalisiert: Die Mikrofone des Echo sind abgeschaltet. ©digitalzimmer
Das rote Licht signalisiert: Die Mikrofone des Echo sind abgeschaltet. ©digitalzimmer

Ansonsten macht das Unternehmen keinen Hehl daraus, dass die Soundschnipsel auf Firmenservern gespeichert und verarbeitet werden. Für den Online-Versender sind sie eine weitere Möglichkeit, seinen Kunden maßgeschneiderte Angebote zu unterbreiten. Wer wiederholt nach Informationen zu einem tropischen Land fragt, könnte sich auch für Reiseführer, luftige Kleidung und Sonnenschutzmittel interessieren. Dass dabei Informationen in die USA gelangen, ist vom EU-US-Privacy Shield gedeckt, wie Amazon in seinen Datenschutzbestimmungen erklärt. Es heißt aber auch, dass US-Behörden das Unternehmen zwingen können, diese persönlichen Daten herauszugeben – wenn es „der nationalen Sicherheit oder der Rechtsdurchsetzung“ dient. Im Prinzip gilt für den Echo also dasselbe wie für andere Annehmlichkeiten des Internets. Der Nutzer muss abwägen: Sind ihm die praktischen Vorteile den Einsatz seiner Daten wert? Wenn nicht, wird er Online-Diensten wie Facebook oder Google ebenfalls den Rücken kehren. Und wahrscheinlich ist er dann auch kein Kunde bei Amazon. Dem Rest liefert Alexa ein paar überzeugende Argumente, warum der Sprachsteuerung im Smarthome die Zukunft gehört. Im wahrsten Sinne des Wortes.

6 Gedanken zu „Erster Test: Amazon Echo und die deutsche Alexa“

  1. Grundsätzlich ist es natürlich richtig, dass jeder sich selber aussuchen kann, ob er sich so ein Gerät ins Haus stellten möchte, ob er Facebook und Google nutzt usw.

    Und solange man diese Wahl noch hat, ist diese Art von Fortschritt für mich nicht so bedenklich. Aber wie ist es in 10 Jahren? Heute werden ja schon ältere Menschen ohne Computer und Internet immer mehr vom Leben ausgeschlossen und es wird ihnen immer schwerer gemacht, da es inzwischen einfach eine Grundvorrausetzung ist, das man vernetzt ist. Und so wird es dann auch mit sprachgesteuerter Software sein, irgendwann geht es nicht mehr ohne. Und spätestens hier wird es bedenklich.

    Wieso möchte der Mensch sich immer mehr abnehmen lassen? Ich für meinen Teil fasse gerne Dinge an, habe was in der Hand und “bediene” etwas. So eine Entwicklung “kann” drastisch zur Degenration der Menschheit beitragen, mal ganz abgesehen von der Möglichkeit totaler Überwachung durch private Firmen und den Staat. Ich wünschte mir es käme nicht so, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch. Und im Endeffekt entscheidet der Konsument, also ihr alle, ob ihr dazu beitrag oder nicht.

    Die Digitalisierung ist noch recht jung, und wie mit allem neuem, ist sich der Mensch den Konsequenzen nicht bewusst und muss erst lernen verantwortungsvoll damit umzugehen. So war es mit allen neuen revolutionären Erfindungen. Aber bei der Vernetzung und Digitalisierung ist es nochmals eine Schippe drastischer, was es für uns bedeuten kann, als beispielsweise beim Auto, Telefon oder Flugzeug.

    Gleichzeitig gehen uns die Rohstoffe aus und wir machen uns immer mehr abhängig von unseren Geräten. Dies wird zwangsläufig früher oder später in einem Blackout enden. Aber wir haben die Plastikwelt gewollt und wir werden sie bekommen. Nur zufrieden wird am Ende keiner damit sein.

    Technik und Fortschritt sind großartig, schade ist nur, dass man sich nie darauf verlassen können wird, das es auch von allen rechtmeäßig eingesetzt wird.

    In diesem Sinne hoffe ich den einen oder anderen zum Nachdenken bewegt zu haben, ob man sich nun eine Alex ins Haus stellen muss oder ob es nicht vielleicht auch ein Privileg ist, einfach mal aufzustehen sich zu bewegen und den Lichtschalter selber zu betätigen. Denn erst das Befassen mit der Musik und der Technik (Als Beispiele) macht sich zu etwas besonderem. Ansonsten verbelanglost ihr die Welt um euch herum immer mehr.

    Ich wünsche alles Gute.
    lg

  2. Also ich finde den Echo schon ganz Interessant. Insbesondere nachdem ich in eurem Bericht gehört habe dass er nur was sendet wenn das aufwachwort genannt wird.
    Es sollte jedem User klar sein, das bei einem Cloud Gerät was an den Anbieter gesendet wird!

    Es ist Erstaunlich was man alles so interessantes Alexa Fragen kann – hab mich halb schief gelacht bei den Fragen in diesem Video:
    https://www.youtube.com/watch?v=CXnL3rOVm-M

  3. Sprachsteuerung kommt, das ist keine Frage. In ein paar Jahren werden wir nur noch mit unseren Geräten reden, da bin ich sicher.

  4. Schöner und detaillierter Bericht. Allerdings hört sich noch zu viel nach Beta an. Auch ist der Preis für die dots viel zu hoch. Man bedenke, bei einem Haus mit mehreren Räumen… da bleibe ich aktuell doch lieber bei Siri. Mein Handy habe ich meistens bei mir ;-) Der Abschluss mit dem Datenschutz ist auch passend. Wer so einen Komfort möchte, muss sich leider damit abfinden.

    1. Beta trifft es nicht ganz. Denn das, was der Echo zum jetzigen Zeitpunkt kann, macht er schon ziemlich gut. Der Funktionsumfang ist eben eingeschränkt. Bei Siri war das anfangs ähnlich. Auch nachdem Apple den Zusatz „Beta” entfernt hatte, ließ die Erkennungsrate zu Wünschen übrig. Was den Preis des Echo Dot angeht: Amazon plant, auch Sixpacks anzubieten – mit 6 Dots zum Preis von 5 ;-)

      1. Ich warte auch noch auf die Einladung zum Kauf und kann es kaum erwarten. Dass die Spracherkennung mit Zeit immer besser wird ist doch klar. Wisst ihr noch wie das bei Siri war? Die hat mir monatelang auf jede zweite Frage eine Liste gezeigt. Nach dem Motto: das habe ich im Internet gefunden. Die Suche nach Musik funktioniert bis heute nicht richtig, dass scheint Amazon ja besser hinzukriegen.
        Danke auch für den Bericht. Da merkt man dass der Echo richtig ausprobiert wurde.

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