Heizkörperregler und Tür-/Fensterkontakt der Baureihe [+M]

Bosch Smart Home [+M]: Das Beste aus zwei Welten?

Bosch Smart Home rüstet um. Eine neue Baureihe mit der Bezeichnung [+M] im Namen lässt Anwendern die Wahl: Sie können ihre Produkte wie gehabt per Zigbee-Funk an einer Smarthome-Zentrale von Bosch anmelden – oder stattdessen das Thread-Protokoll verwenden. Dann stehen die Geräte im Matter-Standard anderen Smarthome-Systemen zur Verfügung.

Aktuell sind zwei Komponenten lieferbar: der Heizkörperthermostat II [+M] (Link) und der Tür-/Fensterkontakt II [+M] (Link). Ein Zwischenstecker soll bald folgen. „Unser Ziel ist es, schrittweise das gesamte Zigbee-Sortiment umzustellen“, erklärte mir Geschäftsführer Christian Thess auf der IFA 2024 in Berlin.

Wie schnell diese Transformation vonstattengeht, dürfte auch von der Entwicklung im Matter-Standard abhängen. Derzeit fehlt etwa der Anreiz, eine [+M]-Version des Tür-/Fensterkontakt II Plus mit integriertem Erschütterungssensor anzubieten – weil Matter diesen Sensortyp noch gar nicht unterstützt (Link).



[+M] von Bosch Smart Home im Test

Die bereits erhältlichen Produkte konnte ich ausprobieren. Bosch hat sie mir freundlicherweise für diesen Test zur Verfügung gestellt. Im folgenden Beitrag geht es um ihren praktischen Einsatz und die Besonderheiten der Baureihe. Grundsätzliches zu Matter klammere ich aus, es würde zu weit führen. Wer mehr über den Standard und Fachbegriffe wie Border Router oder Matter Controller erfahren will, dem empfehle ich meine Seite matter-smarthome.de (Link).

Umschalten zwischen Zigbee und Thread

Bosch Smart Home legt Wert auf Bedienungsfreundlichkeit. Das war schon vor Jahren in den ersten System-Checks erkennbar und setzt sich hier fort: Die Wahl des Funkstandards bei der Inbetriebnahme verlangt weder Fachwissen noch Mithilfe des Anwenders. Nach Einlegen der Batterien in den Regler oder Ziehen des Isolierstreifens am Tür-/Fensterkontakt begeben sich beide Geräte von selbst in den „Matter“-Modus. Der Leuchtring am Thermostat blinkt dabei blau, die LED des Sensors grün. Außerdem leuchtet zur Verdeutlichung der Buchstabe „M“ im Display des Reglers auf.

Die aktive Betriebsart – Zigbee oder Matter – zeigt der Regler auch im Display an. ©digitalzimmer

In diesem Zustand lassen sich die Geräte an einem Matter-Controller mit Thread Border Router wie dem HomePod Mini von Apple oder einem Amazon Echo der 4. Generation anmelden. Der QR-Code zum Scannen mit dem Smartphone liegt bei.

Nach dem Ablichten erledigt die Matter-App den Rest: Alexa, Apple Home, Google Home & Co fügen das Produkt zu ihrem Ökosystem hinzu. Vorausgesetzt, im Haushalt existiert ein kompatibler Border Router mit Thread-Netzwerk. Der Aufbau eines solchen kann trickreich sein – besonders, wenn Border Router verschiedener Marken im Einsatz sind. Aber das zählt zu den Kinderkrankheiten des Matter-Standards, die hoffentlich bald behoben werden.

Soll stattdessen Zigbee genutzt und das Produkt am Smart Home Controller von Bosch angemeldet werden, geschieht der Wechsel automatisch: Beim Scannen des Codes mit der Bosch-App ändert das Gerät sein Funkprotokoll und beginnt Orange zu blinken. Der Rest läuft wie gehabt in der App von Bosch Smart Home ab.

Auch nachträglich kann die Betriebsart jederzeit geändert werden – durch Zurücksetzen der Produkte auf ihre Werkseinstellungen. Wie das geht, steht in der PDF-Bedienungsanleitung, die von der Hersteller-Webseite heruntergeladen werden kann. Den passenden Download-Link liefert ein Faltblatt, das den Produkten beiliegt – wieder als QR-Code zum Abscannen mit dem Smartphone.


Der Bosch Heizkörperthermostat II [+M]

Design ist bekanntlich Geschmacksache, aber der Bosch-Regler gehört zu den eleganten Vertretern seiner Art. Alle metallfarbenen Gehäuseteile bestehen aus Kunststoff wie der Rest, trotzdem stimmt die Anfassqualität: Das silberne Bedienelement reagiert mit hör- und fühlbarem Feedback. LEDs quittieren die Temperatureingabe, ob manuell oder fernbedient, mit einem Aufleuchten: rot, wenn es nach oben gehen soll und blau bei Abkühlung.

Beim Anheben oder Absenken der Temperatur leuchtet der LED-Ring kurz auf. ©digitalzimmer

Der Antrieb arbeitet vergleichsweise leise und war im Test kaum zu hören. Wobei die Geräuschentwicklung in der Praxis auch vom Ventil und der Konstruktion des Heizkörpers abhängt. Je schwergängiger, desto mehr Kraft muss der Motor aufbringen und umso lauter das Ergebnis dieser Anstrengungen.

Betrieb in einem Matter-Ökosystem

Wird der Heizkörperthermostat II [+M] via Thread mit einem Matter-System verbunden, entscheidet dieses auch über den Funktionsumfang. Der Regler selbst verfügt über wenig eigene Intelligenz. Er besitzt zwar ein manuelles Konfigurationsmenü für Grundeinstellungen wie die Ausrichtung der Anzeige (sie lässt sich um 180 Grad drehen) oder Temperatur-Offset, wenn die Messung am Heizkörper von der Raumtemperatur abweicht. Es gibt aber keine Möglichkeit, Heizpläne direkt im Gerät zu speichern, wie dies Eve Systems mit seiner App am Matter-fähigen Eve Thermo tut.

In Matter-Systemen wie Apple Home hängt die Steuerintelligenz von der Plattform ab.

Heißt in der Praxis: Selbst in den Matter-Ökosystemen der großen Player Amazon, Apple, Google und Samsung (SmartThings) stehen aktuell nur Grundfunktionen einer Heizungssteuerung zur Verfügung: „ein“ und „aus“ sowie die Temperaturwahl. Wer mehr will, muss Zeitpläne oder Urlaubsschaltungen in Eigenregie aus Regeln zusammenbauen. Das bedeutet Aufwand und potenzielle Fehlerquellen – weil schon die einfache Nachtabsenkung der Temperatur im Haus zu über einem Dutzend Automationen führt. Bei häufigeren Schaltzyklen pro Tag entsprechend mehr.

Mit der Matter-Version 1.4 (Link) im November 2024 wurden solche Thermostat-Funktionen in den Standard aufgenommen. Es dauert aber, bis die Plattformen sie umsetzen. Manche Systeme sind gerade erst bei Matter 1.2 angelangt. Aktuell funktioniert die Zeitsteuerung von Heizungsreglern am einfachsten mit Home Assistant, wo es extra Software-Erweiterungen wie den „Scheduler“ dafür gibt (Link). Wenn bei einem so komplexen System wie Home Assistant überhaupt von „einfach“ die Rede sein kann.

Ein Heizplan für dem Bosch-Regler, umgesetzt in Matter mit Home Assistant. ©digitalzimmer

Betrieb am Smarthome-Controller von Bosch

Diese ganzen Überlegungen entfallen, wenn der zweite Weg gewählt wird. Bei einer Zigbee-Verbindung mit dem Smart Home Controller von Bosch stellt das Herstellersystem alle nötigen Funktionen zur Verfügung. Die Bosch-App präsentiert komfortable Heizpläne, die sich am Bildschirm bearbeiten und von einem Wochentag auf den anderen kopieren lassen. Ein „Klimamanager“ verbindet Öffnungskontakte mit Reglern im selben Raum und schließt beim Lüften automatisch das Heizkörperventil. Alles Dinge, die in Matter individuell von Hand programmiert werden müssen.

Das Smartphone-Programm passt nach Wunsch die Anzeigen des Reglers an, etwa ob standardmäßig die gemessene Temperatur oder der Zielwert erscheinen soll. Es gibt einen Signalstärketest, der die Funkverbindung zum Controller prüft und bei Bedarf Zwischenstecker oder andere Zigbee-Produkte als Überbrückung empfiehlt.

Im Bosch-System sind alle Parameter des Heizkörperreglers per App einstellbar. ©digotalzimmer

Dafür fehlt es an Wahlfreiheit: Bosch gibt die Komponenten im System vor. So lassen sich etwa keine Öffnungskontakte anderer Hersteller verwenden, auch wenn diese mit Zigbee-Funk arbeiten würden. Ein Mix aus Thermostaten und Reglern verschiedener Marken scheidet ebenso aus. Produkte, die der Konzern selbst anbietet, bekommen gegenüber Drittanbietern den Vorzug. Das unterscheidet ein kontrolliertes, geschlossenes System wie Bosch Smart Home vom herstellerübergreifenden Matter-Ansatz.


Der Bosch Tür-/Fensterkontakt II [+M]

Als Ergänzung zum Heizkörperregler bietet sich der magnetische Öffnungskontakt von Bosch an. Er kann unter anderem Fenster überwachen und signalisieren, wann gelüftet wird – damit das Steuerungssystem die Wärmezufuhr unterbricht. Bei einer unbefugten Öffnung schlägt er Alarm. So weit, so bekannt.

Der Tür-/Fensterkontakt II [+M] hat jedoch eine Besonderheit, die ihn von anderen Vertretern seiner Art unterscheidet: Auf dem Batteriegehäuse sitzt eine Taste. Sie ist frei programmierbar und kann Befehle geben. So schaltet ein Tastendruck beim Verlassen der Wohnung zum Beispiel das Licht aus. Im Bosch-System lässt sich damit auch der Sensor kurzzeitig deaktivieren – um zu lüften oder in der Nacht das Haustier rauszulassen, ohne Alarm auszulösen.

Die Taste am Tür-/Fensterkontakt von Bosch kann frei belegt werden. ©digitalzimmer

Betrieb in einem Matter-Ökosystem

Im Thread-Betrieb kann der Drücker seine Talent nicht überall ausspielen. Das hängt auch mit den Matter-Plattformen zusammen. Oder besser gesagt: mit deren individueller Umsetzung des Standards. Die großen Matter-Ökosysteme gehen unterschiedlich schnell vor und entscheiden selbst, wie viel sie unterstützen.

In einer perfekten Matter-Welt würde der Bosch-Sensor auf jeder verbundenen Plattform als zwei funktionsfähige Geräte erscheinen: Öffnungskontakt und Taster. Doch so weit sind wir noch nicht. Die Ökosysteme reagierten im Test sehr unterschiedlich.

Google Home erkannte zwar den Funktaster und stellte ihn in seiner App dar – jedoch funktionslos, weil die Google-Software solche Schalter („Generic Switches“) bislang nicht unterstützt. SmartThings präsentierte den Drücker – sogar mit drei Schaltzuständen („gedrückt“, „zweimal gedrückt“ und „gehalten“) –, ließ dafür aber den Tür-/Fensterkontakt unter den Tisch fallen.

Eine Schaltfunktion in der Alexa-App (links) gegenüber drei Optionen in Apple Home (rechts).

In der Alexa-App von Amazon gibt es beides, wenn auch nur mit einfachem Tastendruck. Apple Home und Home Assistant dagegen machen von allen genannten Optionen Gebrauch. Sie bieten im Zusammenspiel mit dem Tür-/Fensterkontakt II [+M] am meisten Möglichkeiten – zumindest im Augenblick. Kommende Software-Updates dürften das ändern, den Funktionsumfang angleichen. Bis dahin heißt es aufpassen bei der Wahl des Ökosystems.

Betrieb am Smarthome-Controller von Bosch

Eine Zigbee-Verbindung zum Bosch-Controller macht auch hier vieles einfacher. So hat der Hersteller die Regeln zur Heizunterbrechung beim Lüften und für Alarm in seinem System bereits angelegt – inklusive Benachrichtigungen auf dem Smartphone sowie Licht- und Tonsignale. Die Taste am Öffnungskontakt lässt sich mit verschiedenen Automationen belegen – und zwar doppelt, je nachdem, ob sie kurz oder lange gedrückt wird.

Verschiedene Assistenten und ein Regel-Editor (rechts) helfen den Bosch-Sensor einzurichten.

Ein Doppelklick auf den Button startet die erwähnte Pausenfunktion. Die Überwachung setzt dann einen Öffnungs- und Schließzyklus lang aus. Zusätzlich ist eine Zeitspanne von maximal 15 Minuten definierbar, nach deren Ablauf sich der Sensor von selbst wieder „scharf“ schaltet. Damit er nicht aus Versehen untätig bleibt.

Was nirgendwo ausdrücklich steht: Der Doppelklick funktioniert nur bei geschlossenem Magnetkontakt. Sind Fenster oder Tür bereits offen, zeigt er keine Wirkung. Dann gibt es ja keine Öffnungsmeldung zu unterdrücken, dachten sich wohl die Entwickler. Allerdings ignorierten sie dabei, dass auch das Schließen des Kontakts mit einer Aktion belegt werden kann. Für solche Automationen gibt es derzeit keine Auszeit auf Tastendruck.


Alternativ auch an der Matter-Bridge

Außer den Geräten der neuen Baureihe [+M] hat Bosch auch seinem schon länger erhältlichen Smart Home Controller II eine Matter-Zertifizierung spendiert. Sie weist die Zentrale als Matter Bridge aus. Mit anderen Worten: Verbundene Zigbee-Produkte des Herstellers werden auf Wunsch übers heimische Netzwerk an Systeme wie Apple Home oder SmartThings weitergereicht.

Damit kann man das eine tun, ohne das andere zu lassen. Soll heißen: den Heizkörperthermostat und den Öffnungskontakt zuerst via Zigbee am Bosch-Controller anmelden – und dann von dort eine Brücke zu Matter schlagen. So stehen beide [+M]-Produkte den Matter-Plattformen zur Verfügung, ohne auf Funktionen der Bosch-App verzichten zu müssen. Die Bridge-Option kann in den Einstellungen des Systems aktiviert werden. Sie verbirgt sich im „Partner“-Menü, wo auch Dinge wie Tüschlösser von Yale oder Hausgeräte mit „Home Connect“-Funktion untergebracht sind.

Die Matter-Bridge im Smart Home Controller II reicht Bosch-Produkte an Matter weiter.

Bei Aktivierung der Bridge liefert das System einen Zifferncode. Er kann in Apps von Amazon, Apple, Google & Co eingegeben werden und stellt eine sichere Verbindung her. Anschließend tauchen kompatible Bosch-Produkte auf Seiten der Matter-Systeme auf. Mit einer Einschränkung, die den Tür-/Fensterkontakt II betrifft: Aktuell unterstützt die Bosch-Bridge keine Taster. Der Sensor wird als reiner Öffnungskontakt exportiert. Seine Zusatzfunktion geht also verloren. Wer beides haben will, muss ihn direkt per Thread an einem Matter-Controller anmelden – ohne Funkzentrale von Bosch.


Fazit: Zwei Welten vereint

Bosch fährt zweigleisig, und das ist gut so. Denn aktuell stellt Matter keine echte Alternative zur hauseigenen Smarthome-Lösung des Unternehmens dar. Zu unkalkulierbar ist der Funktionsumfang und der Bedienkomfort lässt ebenfalls zu Wünschen übrig.

Das dürfte sich jedoch ändern, wenn der Standard weiter reift und die Kinderkrankheiten erst einmal auskuriert sind. Kaum jemand zweifelt noch ernsthaft daran, dass Matter eine wichtige Rolle im Smarthome der Zukunft spielen wird.

Schon jetzt kann es Gründe geben, auf Thread als Funkprotokoll zu setzen. Die Zuverlässigkeit von Netzwerk-Technologien wie Zigbee oder Thread steigt mit der Zahl sogenannter Mesh-Knoten. Je mehr Lampen, Zwischenstecker und andere stromversorgte Geräte im jeweiligen Funkstandard zu Hause installiert sind, desto stabiler wird das Netz. Eine Mischung beider Technologien im Haushalt schwächt die Verbindungen eher, weil Thread keine Funklöcher in einer Zigbee-Installation stopfen kann und umgekehrt.

Über kurz oder lang lohnt es sich also, eine Wahl zu treffen: Soll das Smarthome Zigbee- oder Thread-basiert sein? Mit Boschs neuer Baureihe können Heimvernetzer diese Entscheidung entspannt auf sich zukommen lassen. Der Umstieg auf das andere Funkprotokoll – oder eine andere Smarthome-Plattform – ist jederzeit möglich.

Und wer weiß, vielleicht nutzt Bosch den Thread-Standard ja irgendwann auch selbst im eigenen System. Die technischen Voraussetzungen dafür wären mit [+M] geschaffen.