Eine der interessantesten Multiroom-Neuheiten des Sommers kommt aus Kiel: Der Elac Discovery Music Server will digitaler Musik ein wenig von ihrem analogem Charme zurückgeben. Er präsentiert die Plattensammlung als persönliches Musikmagazin. Seine Player-App zeigt nicht nur die üblichen Cover-Bilder an, sondern auch Fotos der Künstler. Sie liefert Songtexte und Hintergrundinformationen zu Alben, Interpreten oder Komponisten, ohne dass der Nutzer etwas dazu tun muss. Die sogenannten Metadaten stammen von Roon Labs, einer Software-Schmiede aus den USA, die sich auf die Verwaltung von Musikbibliotheken spezialisiert hat.
Kenner der Materie fühlen sich beim Anblick der reich illustrierten Bedienoberfläche an den Musik-Server Sooloos von Meridian aus dem Jahr 2010 erinnert. Nicht ohne Grund: Die damaligen Software-Entwickler stecken heute hinter Roon Labs. Sie haben ihr Programm weiter entwickelt und bieten es mittlerweile für 500 US-Dollar zum Kauf an. Alternativ können Nutzer die Software auch mieten – zum Preis von 119 Dollar pro Jahr. So gesehen ist der Elac-Server für 1100 Euro schon fast ein Schnäppchen. Er verlangt keine extra Roon-Lizenz und bringt alles mit, was zum Aufbau eines Multitoom-Systems mit der luxuriösen Musikbibliothek nötig ist.
Normalerweise läuft die Roon-Software auf einem Computer. Sie verwaltet dort den Musikkatalog und zieht sich die Metadaten für jeden einzelnen Track aus dem Internet. Es gibt Roon-Versionen für Windows-, Mac- und Linux-Rechner. Auf dem Musik-Server von Elac ist das Programm bereits vorinstalliert – wenn auch in einer abgespeckten Version. Die Variante Roon Essentials, die Elac verwendet, kann maximal 15.000 Titel verwalten. In der Vollversion wird die Größe der Musikbibliothek eigentlich nur von der Leistung des Computers begrenzt. Im Support-Forum von Roon bestätigen Nutzer die reibungslose Funktion mit 200.000 Titeln und mehr. Doch auch 15.000 Titel reichen schon für mehr als einen Monat Musikwiedergabe – ohne einen einzigen Track zu wiederholen.
Der Elac Discovery – genaue Typenbezeichnung: DS-S101-G – wird per Ethernet-Kabel mit dem Router verbunden. Er sammelt seine Musik von freigegebenen Ordnern im Netzwerk ein. Alternativ oder ergänzend dazu können die Audiodateien auch von einer USB-Festplatte stammen. Der Anschluss dafür befindet sich auf der Rückseite. Wer den Streaming-Dienst Tidal abonniert hat, gibt seine Zugangsdaten in den Server ein. Er bekommt das Online-Repertoire dann ebenso elegant aufbereitet wie lokale Titel von der Festplatte.
Elac Discovery: Vom Server zur Multiroom-Anlage
Im einfachsten Fall spielt der Server das Programm auch gleich ab. Im gebürsteten, leicht kupferfarben schimmernden Gehäuse steckt ein vollwertiger Stream-Player für die Stereoanlage: Zwei analoge Tonausgänge sollen Verstärker oder Aktivboxen in verschiedenen Räumen mit Musik versorgen können. Ein Digitalausgang (optisch und koaxial) lässt sich als dritte Zone definieren. Die Auswahl an Audioformaten dürfte selbst anspruchsvolle Musiksammler zufriedenstellen: Bis auf DSD ist jedes angesagte Format an Bord. WAV, AIFF, FLAC und ALAC gibt der Elac auch in hoher Auflösung mit maximal 24 Bit und 192 Kilohertz wieder.
Für ein richtiges Multiroom-Audiosystem sind allerdings drahtlose Player in anderen Räumen nötig. Die will Elac in den kommenden Monaten ebenfalls anbieten. Einige davon waren auf der Münchener High-End-Messe im Mai bereits zu sehen. So plant der Kieler Hersteller einen eigenen Netzwerk-Verstärker. Der Discovery DS-A101-G soll Musik per WLAN vom Server empfangen, genauso wie der kommende Discovery WiFi-Speaker – ein One-Box-System im Stil von Sonos, Bluesound oder Denon Heos. Darüber hinaus wird es funkende Stereo-Lautsprecher geben. Das entsprechende Verstärkermodul für Aktivboxen hat Elac auf der High-End ebenfalls vorgestellt. Bis zu acht drahtlose Zonen soll der Discovery Music Server insgesamt versorgen können.
Dass ein weiteres geschlossenes Herstellersystem auf dem Markt wenig Chancen hätte, ist auch Elac klar. Deshalb eignen sich neben den hauseigenen Produkten sogenannte Roon End Points als Wiedergabegeräte. Die meisten davon kommen aus der audiophilen Ecke. High-End-Marken wie Auralic, DCS, Meridian oder Naim bieten kompatible Player an. Sie schöpfen mit hochauflösenden D/A-Wandlern das Klangpotential digitaler Musik voll aus. Es geht aber auch günstiger: Als Türöffner zum Massenmarkt benutzt ELAC den AirPlay-Standard von Apple. Der wird zwar aktuell ein wenig vernachlässigt, ist aber immer noch in zahllosen Produkten zu finden. Vor allem Hersteller von AV-Receivern bauen AirPlay in ihre Geräte ein. Auch Funklautsprecher von Bang & Olufsen, Bowers & Wilkins oder Libratone sind damit ausgestattet – und in Hunderttausenden von Haushalten verrichten AirPlay-Geräte bereits ihren Dienst.
Alles über AirPlay im Video: Wie funktioniert der Streaming-Standard von Apple? Welche Geräte arbeiten damit und warum ist die Bedienung per iPhone, iPad oder iTunes so einfach? Diese und andere Fragen zu AirPlay beantwortet unsere fünfteilige Video-Reihe.
Echter Multiroom-Betrieb mit AirPlay
Der Clou: All diese AirPlay-Geräte soll der Discovery Music Server als Player verwenden können. Laut Hersteller ist er in der Lage, mehrere davon zu gruppieren oder individuell mit Musik zu beschicken. Er überwindet damit eine Beschränkung des Standards, die Apple selbst nie aufgehoben hat: Im Multiroom-Betrieb übernimmt normalerweise iTunes die Regie – und verschiedene Songs für die einzelnen Räume sind dabei nicht vorgesehen. Soll heißen: Im ganzen Haus spielt dieselbe Musik. Der Elac-Server bricht mit dieser Tradition und macht AirPlay wirklich Multiroom-fähig. Die Kontrolle hat auch hier das Programm Roon Essentials – als App für iOS- und Android-Geräte oder als Abspielsoftware am PC und Mac. Dass die Oberfläche komplett auf Englisch daherkommt, ist etwas schade aber nachvollziehbar. Roon stammt nun mal aus den USA und niemand wird ernsthaft von Elac verlangen, die zahllosen Texte und Hintergrundinformationen ins Deutsche zu übersetzen.
digitalzimmer.de meint: Ein Produkt wie den Discovery Music Server hätten wir von Elac nicht erwartet. Die deutsche Traditionsmarke hat sich in ihrer 90-jährigen Geschichte mit vielem einen Namen gemacht: Tonabnehmer, Plattenspieler, Lautsprecher. Digitale Streaming-Produkte gehörten nicht dazu. Dass der Einstieg in den heiß umkämpften Markt trotzdem so vielversprechend ausfällt, lässt hoffen. Wenn alles funktioniert wie geplant, haben Multiroom-Fans eine interessante Alternative zu den etablierten Systemen. Und wer weiß, vielleicht gibt es künftig für ja auch noch eine Möglichkeit, den Elac-Server mit einer Vollversion von Roon zu betreiben – für Musik-Enthusiasten mit mehr als 15.000 Titeln.
Aufmacherfoto: Elac