BeoSound Moment: Die Musiktruhe neu erfunden

Holz gehört nicht gerade zu den bevorzugten Materialien für Audiogeräte. Das war früher anders, als Musiktruhen von Grundig, Saba oder Telefunken in den Wohnzimmern spielten. Oder hochglanzpolierte Nuss- und Palisander-Paneele die Seiten japanische HiFi-Verstärker flankierten. Aber im Digitalzeitalter mit seinen Smartphones und Tablets scheint das Naturmaterial aus der Mode gekommen. Es gibt schließlich bessere Rohstoffe für einen kapazitiven Touchscreen als nichtleitende Bretter. Bang & Olufsen hat es offenbar trotzdem geschafft, der Holzoberfläche Tastsinn zu geben. Der Stream-Player BeoSound Moment (Preis: 2.195 Euro) wird damit zu einer Art Musikmöbel für die Generation Smartphone.

Das Bedienpanel der BeoSound Moment hat zwei Seiten: Holz und Aluminium. ©B&O
Das Bedienpanel der BeoSound Moment hat zwei Seiten: Holz und Aluminium. ©B&O

Über zwölf kreisförmig angeordneten Sensoren hinter Eichenholz soll sich die Wiedergabe mit Fingergesten steuern lassen. Beim Antippen startet oder stoppt die Musik. Vor- und Zurückwischen springt von Titel zu Titel. Kreisförmige Bewegungen im leicht vertieften Volume-Ring regeln die Lautstärke. Eine Funktion namens Pattern Play analysiert laut Hersteller konstant das Hörverhalten – welche Titel oder Radiostationen zu welcher Tageszeit bevorzugt gehört werden – und bietet von sich aus einen passenden Musikmix an. Zur Steuerung weiterer Funktionen dreht man das abnehmbare Holztablett einfach um. Dann kommt ein Aluminium-Paneel mit gläsernem Touchscreen zum Vorschein, das Plattencover, Playlisten und den ganzen üblichen Kram präsentiert.

Über das „Moodwheel“ lässt sich Musik in der gewünschten Stimmung abrufen. ©B&O
Über das „Moodwheel“ lässt sich Musik in der gewünschten Stimmung abrufen. ©B&O

Allerdings wäre BeoSound Moment kein B&O-Produkt, wenn die Dänen nicht auch hier ein wenig „The Magic of Bang & Olufsen“ wirken lassen würden, wie es so schön heißt. In diesem Fall ist es keine automatisch öffnende Glastür oder ein elegant ausfahrender Hochtöner, sondern das sogenannte „Moodwheel“. Der Farbkreis am Bildschirm erlaubt die Musikauswahl nach Stimmungen: fröhlich (gelb) energisch (rot) melancholisch (blau) oder entspannt (grün). Je nachdem, ob man eher außen oder innen drückt, soll sich BeoSound Moment dabei aus dem Katalog des Streaming-Dienstes Deezer oder aus der eigenen Musikbibliothek bedienen.

Als Quellen kommen laut Hersteller DLNA-Server im Heimetzwerk in Frage, also beispielsweise auch ein NAS-System. Für die Wiedergabe von iTunes-Bibliotheken am PC oder Mac empfiehlt Bang & Olufsen das Medienserver-Programm Twonky. Käufer des Beosound Moment können mit Angabe Ihrer Seriennummer eine kostenlose Lizenz dafür im Internet bekommen. Das System akzeptiert Dateien in den Formaten AAC, ALAC, FLAC, MP3, WAV und WMA und verarbeitet High-Resolution Audio bis 24 Bit / 96 kHZ. Außerdem empfängt es Webradio-Stationen via TuneIn sowie Bluetooth-Musik. Eine Multiroom-Funktion ist in Vorbereitung und soll ab Sommer 2015 per Software-Update nachgeliefert werden. (Update: die Funktion BeoLink Multiroom wurde mittlerweile aktiviert).

Als Spielpartner empfiehlt Bang & Olufsen die hauseigenen drahtlosen Lautsprecher. Für kabelgebundene B&O-Boxen gibt es den BeoLab Receiver 1, der sie für das Immaculate Wireless Sound-System der Dänen fit macht. An HiFi-Anlagen anderer Hersteller lässt sich das BeoSound Moment mangels Audioausgang nicht betreiben. Allerdings basiert Immaculate Wireless Sound auf WiSA-Technologie, einem offenen Industriestandard, der unkomprimierte Audiosignale mit bis zu 24 Bit und konstanter Datenraten überträgt. Rein theoretisch sollte das Soundsystem also auch mit anderen WiSA-Lautsprechern funktionieren – sofern es welche gibt. Denn bislang sind neben Bang & Olufsen nur wenige US-Anbieter wie Aperion, Enclave oder Klipsch mit Produkten unterwegs. Und die sehen längst nicht so schick aus wie die B&O-Modelle. BeoSound Moment an solchen Kastenboxen zu betreiben, wäre so, als kombiniere man einen Maßanzug von Brioni oder Kiton mit Fabrikschuhen von der Stange.

digitalzimmer.de meint: Bang & Olufsen versteht es gut, der unsichtbaren Streaming-Musik ein Gesicht und Materialqualität zu geben. Das war schon bei der Klangskulptur Beosound 5 so und setzt sich mit Beosound Moment fort. Dass solche Anlagen Teil eines Systems sind und sich nicht einfach mit Verstärkern und Lautsprechern anderer Hersteller kombinieren lassen, mag man schade finden. Die Kunden der Dänen wird es nicht weiter stören. Sie schätzen ja gerade die vom Fachmann installierte Lösung „aus einem Guss“.