Die Design-Anlage ISX-80 gehört zum Yamaha MusicCast-System. ©digitalzimmer

Yamaha MusicCast: das vielseitige Multiroom-System im Test

Die Musik auf einem MusicCast-System kann aus verschiedenen Quellen stammen. Neben den bereits erwähnten AirPlay- und Bluetooth-Streams spielt Musik aus dem Internet eine wichtige Rolle. Das Angebot variiert dabei abhängig vom Baujahr der Geräte. So hat Yamaha früher den Webradio-Dienst vTuner verwendet, auf neueren Modellen kommt Airable by TuneIn zum Einsatz. Deezer, Qobuz und Tidal sind auf der neuesten Gerätegeneration bereits verfügbar. Für den Jahrgang 2015/16 sollen sie bis Ende 2017 als Update folgen. Außerdem stehen noch Juke, Napster und Spotify Connect Verfügung. Immer mit Premium-Abo, versteht sich. Da unterscheidet sich MusicCast nicht von anderen Systemen.

Musik aus dem Heimnetz kommt per DLNA-Server auf die Lautsprecher. ©digitalzimmer
Musik aus dem Heimnetz kommt per DLNA-Server auf die Lautsprecher. ©digitalzimmer

Wer Audiodateien daheim auf einem Computer oder NAS-System speichert, kann sie als DLNA-Stream abrufen. Die MusicCast-App übernimmt das Menü des Musikservers und zeigt seine Titellisten an. Im Digitalzimmer gab es dabei einen interessanten Effekt: Solange Geräte von Sonos im Netzwerk angemeldet waren, fehlten Musikserver in der Übersicht. Erst nach Entfernen der Konkurrenzprodukte und einem Neustart aller Geräte inklusive Router waren die Server plötzlich da. Offenbar behindern Sonos-Player die Kommunikation im MusicCast-Netzwerk. Solche Wechselwirkungen gibt es in unseren Tests immer mal wieder. Auch Sonos-Geräte wurden schon von einem Harmony Hub gestört. Zu Hause dürfte der Effekt aber eher selten vorkommen. Wer betreibt schon Multiroom-Geräte von Sonos und Yamaha parallel im selben Netzwerk?

MusicCast Controller: die Smartphone-App im Einsatz

Dreh- und Angelpunkt des MusicCast-Systems ist die gleichnamige App. Sie hilft beim Einrichten der Geräte und steuert die Wiedergabe. Jeder Hersteller verfolgt dabei seine eigene Philosophie. Yamaha hat sich für das anschauliche Kachelprinzip entschieden: Fotos in der App repräsentieren die einzelnen Player oder Zimmer des Systems. Gut 40 Aufnahmen von Wohnräumen und MusicCast-Produkten liefert Yamaha gleich mit. Per Smartphone-Kamera lassen sich aber auch eigene Bilder machen oder aus der Bibliothek des Telefons auswählen. Die Kacheln mit den Motiven erscheinen dann untereinander in der App.

Über die Räumen und das Musikangebot darin geht es zur detaillierten Player-Anzeige. ©digitalzimmer
Über die Räumen und das Musikangebot darin geht es zur detaillierten Player-Anzeige.

Um die Wiedergabe auf einem Gerät zu starten, tippt man seine Kachel an. Es öffnet sich das Quellen-Menü mit allen verfügbaren Musikdiensten und Eingängen. Von hier aus geht es zum gewünschten Titel oder Bluetooth-Programm. Der Bildschirm wechselt nun automatisch zur Player-Ansicht – mit Tasten für Play/Pause, Titelsprung und Lautstärke. Grafische Icons führen zu weiteren Funktionen. So steht das Kettensymbol für „Räume verbinden“.  Drei Pünktchen fügen den laufenden Titel einer MusicCast-Playliste oder den Favoriten hinzu. Das Listensymbol am oberen Bildschirmrand öffnet die Warteschlange, in der bereits abgespielte Titel landen. Sie lassen sich dort bearbeiten, umsortieren und als Playliste speichern. Maximal fünf solche systemeigenen Wiedergabelisten kann MusicCast verwalten.

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Hinzu kommen sogenannte Raum-Szenen. Yamaha versteht darunter eine beliebige Kombination aus Multiroom-Playern und einer Programmquelle, die der Nutzer speichern kann. Beispiel: Am Morgen soll in Bad und Küche regelmäßig ein bestimmter Radiosender spielen. Beim Abendessen ist dagegen Musik vom Server in der Küche und im Wohnzimmer gefragt. Statt die Geräte jedes Mal umzugruppieren, legt der MusicCast-Besitzer einfach Szenen an. Sie sind von der Startseite der App oder mit Widgets aus dem Kontrollcenter des Smartphone heraus erreichbar. Ein Tastendruck genügt, und die Lautsprecher finden quasi von selbst zusammen. Eine clevere Methode, um das Multiroom-System an typische Alltagssituationen anzupassen. Eigentlich komisch, dass andere Hersteller noch nicht darauf gekommen sind.

Mit Raum-Szenen, Playlisten und Favoriten ist die Wunschmusik stets griffbereit. ©digitalzimmer
Mit Raum-Szenen, Playlisten und Favoriten (v.l.n.r.) ist die Wunschmusik stets griffbereit.

Die Fülle an Funktionen erschließt sich nicht immer auf Anhieb. Wer Extras wie die Szenen-Programmierung oder das Streaming auf Bluetooth-Lautsprecher nur ab und zu benutzt, muss manchmal etwas überlegen, wo er Einstellungen dazu findet. So habe ich kürzlich nach dem Schalter gesucht, der zwei Funklautsprecher in ein Stereo-Paar verwandelt. Bis mir eingefallen ist, dass es ihn in der MusicCast-App gar nicht gibt. Die Modelle WX-010 und WX-030 werden durch eine spezielle Tastenkombination am Gerät miteinander verheiratet – und auch genauso wieder getrennt.

Auf die Bedienung im Alltag haben solche Spezialitäten aber wenig Einfluss. Musik- und Playerauswahl gehen flott von der Hand. Die App reagiert prompt, nur selten gönnen sich Lautsprechergruppen nach dem Start einen Sekundenbruchteil, um ihre Wiedergabe zu synchronisieren. Freunde von Hörbüchern werden beim Streaming von DLNA-Servern vielleicht eine Vorspulfunktion vermissen. Besitzer großer Musiksammlungen wären mit einer Suchfunktion noch schneller beim Album ihrer Wahl. Aber die App lädt Cover-Fotos schnell vom Server und macht damit das Scrollen leicht. Abonnenten von Diensten wie Deezer, Spotify oder Tidal haben die Suchfunktion ohnehin an Bord. Sie ist Teil ihres Musikangebots.

Yamaha MusicCast im Hörtest: Das können die Funkboxen

Selbst wenn ich wollte: Die Klangqualität von MusicCast lässt sich unmöglich in eine Note pressen. Was sollte die auch aussagen? Wie gut der kleinste WLAN-Lautsprecher für 150 Euro klingt? Oder was das aktuelle Receiver-Flaggschiff aus der 2500-Euro-Klasse drauf hat? Eine Durchschnittswertung hilft nicht weiter. Sie macht alle Systeme gleich. Das Schöne an MusicCast ist ja gerade, dass es Produkte in allen Leistungsklassen gibt. Deshalb konzentriere ich mich bei meinen Hörtests auf drahtlose Boxen. Die sind als geschlossenes System wenigstens gut vergleichbar. Bei Multiroom-Verstärkern oder AV-Receivern spielen ja immer noch die angeschlossenen Lautsprecher mit – und haben großen Einfluss auf den Klang.

Zwei WX-010 lassen sich auch gemeinsam als Stereopaar betreiben. ©digitalzimmer
Zwei WX-010 lassen sich auch gemeinsam als Stereopaar betreiben. ©digitalzimmer

Seit dem Start des Systems hatte ich Gelegenheit, die Funkboxen WX-030 und WX-010 zu hören. Letztere spielt gerade als Stereopaar, während ich dieses Zeilen schreibe. Die Musikalität des 150-Euro-Würfels überzeugt mich immer wieder. Zwar kann von echtem Tiefbass nicht die Rede sein, aber mein Fuß unterm Schreibtisch wippt trotzdem spontan mit, wenn Pink auf Tidal ihr „What About Us“ anstimmt. Der voluminösere WX-030 klingt nicht so frei und offen in den Höhen, hat dafür aber mehr Kraft im Bass. Für eine Box dieser Größe ist sein Tieftonfundament beachtlich.

Ob freistehend oder an der Wand: Der WX-030 verblüfft mit seinem Klangvolumen. ©digitalzimmer
Ob freistehend oder an der Wand: Der WX-030 verblüfft mit seinem Klangvolumen.

Beide erreichen nicht ganz das Niveau meiner persönlichen Klassenreferenz: Der Play:1 von Sonos spielt im Vergleich noch ausgeglichener und lebendiger. Er bleibt der Maßstab für kompakte Streaming-Lautsprecher – ist mit 230 Euro aber auch teurer als die beiden MusicCast-Modelle. In anderen Produktkategorien stellt sich die Frage erst gar nicht. Wer einen leistungsfähigen AV-Receiver als Schaltzentrale fürs Heimkino sucht, der ist bei Sonos fehl am Platz. Einen Soundprojektor mit Dolby Atmos und HDMI-Anschlüssen wie den YSP-5600 haben auch nur die Japaner im Programm. Von klassischen HiFi-Komponenten wie dem CD-Player CD-NT670D ganz zu schweigen. So fällt die Entscheidung für MusicCast vielleicht ganz nebenbei. Weil ein Yamaha-Gerät genau die gewünschten Funktionen hat. Der Ausbau mit weiteren MusicCast-Komponenten ergibt sich dann von selbst. Auswahl hat der Kunde ja genug.

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7 Gedanken zu „Yamaha MusicCast: das vielseitige Multiroom-System im Test“

  1. Dieser gute Erfahrungsbericht verdient den Kommentar: “sehr informativ”!
    Im Zusammenhang mit dem Wegfall des analogen Radioangebotes im Kabelnetz bin ich für den täglichen Gebrauch auf den Internetempfang umgestiegen; vorerst sehr primitiv. Auf der Suche nach einer wertigeren Lösung, fand ich den WXAD-10 zum Anschluss an meinen RX-797. Nun habe ich eine simple Frage für den praktischen Betrieb. Der RX-797 hat einen geschalteten Netzspannungsausgang. Kann man das Netzteil des WXAD-10 darüber anschließen? Oder muss man beim Netzspannungseinschalten immer den unter dem WXAD-10 befindlichen E/A-Taster bedienen? Der mehr oder weniger versteckte Einbau in meine Anlage würde nämlich diesen Zugriff auf den WXAD-10 nicht ermöglichen, was das aus für diese Anschaffung bedeuten würde.
    Gruß und danke für eine Antwort,
    Wolfhardt

    1. Nein, mit x-beliebigen WLAN-Lautsprechern geht das nicht. Das Gerät muss MusicCast unterstützen und von Yamaha kommen. An diesem MusicCast-Client lässt sich aber wie beschrieben ein Bluetooth-Lautsprecher anmelden – und der kann auch von einem anderen Hersteller stammen.

  2. Prima Artikel – mich interessiert der Aspekt “Elektrosmog”. Senden die Aircast-Geräte zusätzliche Signale unabhängig vom schon vorhandenen WLAN-Router, oder “bedienen” sie sich lediglich passiv am bereits vorhanden Funkverkehr?

    1. Hallo Herr Reisener,
      einen „bereits vorhandenen Funkverkehr“, an dem sich die Player bedienen könnten, gibt es eigentlich nicht. Jedes WLAN-Gerät kommuniziert in regelmäßigen Abständen mit seinem Access-Point – um die Funkverbindung aufrecht zu erhalten und bei Bedarf erreichbar zu sein. Das gilt auch für Streaming-Lautsprecher, die am Router angemeldet sind. Mit jedem WLAN-Produkt steigt also prinzipiell der Funkverkehr im heimischen Netzwerk. Und passiv ist spästens beim Streamen gar nichts mehr, weil der Player ja dann gezielt einen Datenstrom anfordert.

      Wie im Test beschrieben, gibt es im Falle von Musiccast zwei Möglichkeiten: Entweder, die Geräte kommunizieren direkt mit dem WLAN-Router oder sie bauen im sogenannten „Extend Modus“ ein eigenes Funknetzwerk auf. Dieses Netzwerk wird dann nur fürs Streaming benutzt, was die Verbindung stabiler und störunempfindlicher macht als die erste Variante. Allerdings gibt es dann auch ein zusätzliches WLAN in der Wohnung, was den Funkverkehr etwas erhöht. Der Unterschied dürfte allerdings nicht viel größer sein als beim Einsatz eines Repeaters, um die Reichweite zu verbessern.

      Wer „Elektrosmog“ reduzieren will, kann viele MusicCast-Player aber auch per LAN-Kabel an den Router anschließen und die WLAN-Funktion abschalten.

  3. Super Artikel finde das Yamaha Audio system sehr interessant. Mir erschließt sich nur nicht mit welchen Musik Streaming Diensten der Musiccast kompatibel ist.
    Danke und lg Piet

    1. Dank für das Lob, Piet :-) Wie im Artikel beschrieben kann die Auswahl vom Gerät abhängen, weil eventuell noch nicht alle Player ein Update erhalten haben. Auf meinen Modellen hier sind es aktuell: Webradio, Deezer, Juke, Napster, Qobuz, Spotify und Tidal.

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