iCloud: Erste Erfahrungen in der Wolke

Es klingt wie der Datenhimmel auf Erden: Mit „iCloud” von Apple sind Adressen, Termine, Fotos und andere Dokumente automatisch auf dem neusten Stand. Es gibt keine zwei Versionen derselben Datei auf verschiedenen Geräten mehr. iPhone touch oder iPad synchronisieren sich untereinander und mit dem Computer zu Hause. Die neue Telefonnummer, unterwegs am Handy eingetippt, befindet sich Sekundenbruchteile später auf allen angemeldeten Geräten.

iCloud von Apple sichert  Adressen, Termine, Fotos und andere Dokumente in der Datenwolke.
iCloud von Apple sichert Adressen, Termine, Fotos und andere Dokumente in der Datenwolke.

Das ging bisher schon mit dem kostenpflichtigen Apple-Dienst „MobileMe”, doch iCloud ist gratis, zumindest in der Basisversion mit 5 Gigabyte Speicher. Wer mehr benötigt, kann 20 GB für 32 Euro im Jahr dazukaufen – oder 50 GB für 80 Euro. Allerdings ist der Preis für die Online-Synchronisation nur die halbe Miete: Wer iCloud nutzen möchte, braucht ziemlich aktuelle Hardware dafür. Der Dienst setzt auf tragbaren Geräten das Betriebssystem iOS 5 voraus. iPhone- oder iPod-touch-Modelle der ersten und zweiten Generation scheiden damit aus.

Zu Hause am Computer muss Windows Vista oder Windows 7 installiert sein – für die Synchronisation von E-Mails, Kontakten und Terminen obendrein Outlook 2007 oder 2010. Treue Mac-Anhänger trifft es ebenfalls: Sie können lediglich mit OS X Lion (10.7) auf iCloud zugreifen. Für Nutzer von Snow Leopard (10.6), Leopard (10.5) und älter heißt es draußen bleiben. Zwar kostet ein Upgrade auf Lion nur 24 Euro, aber das aktuelle Apple-Betriebssystem schneidet alte Zöpfe so radikal ab, dass betagtere Programme damit nicht mehr funktionieren. Wer iCloud konsequent einsetzen will, setzt also unter Umständen eine Update-Lawine in Gang, die etliche Backups, Aktualisierungen und Neuinstallationen nach sich zieht.

Die gute Nachricht vorweg: Der Aufwand ist nicht vergebens, wenngleich viele Kinderkrankheiten an die Anfänge von MobileMe im Sommer 2008 erinnern. Damals hatte Apple den Kundenansturm so unterschätzt, dass die Server zeitweise unter der Last zusammenbrachen. Auch beim Start von iCloud war das Rechenzentrum von Apple einige Stunden lang kaum erreichbar. Mittlerweile läuft der Dienst aber reibungslos. digitalzimmer.de lässt seit einigen Tagen zwei Bürorechner, ein iPhone und ein iPad Daten miteinander abgleichen. Anfangs tauchten zum Beispiel Geburtstage doppelt im Kalender auf und mussten von Hand gelöscht werden – oder Änderungen erschienen erst mit deutlicher Verzögerung auf anderen Geräten. Mittlerweile dürften Neueinsteiger, die zum ersten Mal synchronisieren, kaum noch Unwetter in der Datenwolke erleben.

Etwas anders sieht es für Kunden von MobileMe aus, die ihr vorhandenes Konto in einen iCloud-Account umwandeln. Sie sollten ihren Umstieg gut überlegen und planen, denn einmal in der Wolke gibt es kein Zurück mehr. Wer MobileMe verlässt, verliert zum Beispiel die Möglichkeit, am Mac seine Einstellungen und Schlüsselbunde über mehrere Rechner hinweg zu synchronisieren. Er hat keinen Zugriff mehr auf seine Online-Fotogalerie und kann mit dem Programm iWeb auch keine Internetseiten auf MobileMe mehr veröffentlichen.

Gemeinsam genutzte MobileMe-Kalender, die von Familienmitgliedern oder Freunden übers Internet abonniert und bearbeitet werden, verschwinden mit dem Umstieg ebenfalls. Diese Funktion gibt es zwar auch in Cloud, doch sind die neuen Kalender mit den alten nicht kompatibel. Alle Partner, die Termine eintragen – oder den Kalender einfach nur abonnieren wollen –, müssen sich beim neuen Dienst registrieren. Mit anderen Worten: Sie benötigen ein Gerät mit iOS 5 oder einen Mac mit OS X Lion, weil sich nur damit ein iCloud-Konto eröffnen lässt.

Nach Einführung der neuen MobileMe-Kalender im Herbst 2010 mutet Apple seinen Kunden damit bereits den zweiten Technologie-Wechsel innerhalb eines Jahres zu. Immerhin lassen sich zwischen beiden Plattformen Termineinladungen verschicken, die das jeweils andere System akzeptiert. Das funktioniert so voraussichtlich bis 30. Juni 2012. Dann stellt Apple den Betrieb der MobileMe-Server ein. Gleichzeitig gehen auch die Webgalerie, alle auf MobileMe gehosteten Internet-Seiten und der Online-Speicher iDisk vom Netz.

Ein weiterer Unterschied zwischen MobileMe und iCloud besteht in der Bedienung. Erlaubte der Vorgänger noch Einstellungen, was in welcher Richtung übertragen werden soll, bleibt die Wolke nahezu unsichtbar. Sie meldet sich nur dann mit einem Dialogfeld zu Wort, wenn Geräte bereits Informationen wie Adressen, Termine oder Lesezeichen enthalten, die beim ersten Synchronisieren mit den Einträgen in der Cloud zusammengeführt werden. Viel Auswahl hat der Nutzer dabei nicht: Er kann die Daten entweder in den großen Topf werfen oder er lässt die Synchronisierung sein. MobileMe differenzierte genauer: Gab der Nutzer etwa auf zwei Geräten verschiedene Rufnummern für denselben Kontakt ein, bat ein Dialogfeld während des Datenabgleichs um Aufklärung, welcher Eintrag der richtige sei – iCloud überschreibt ungefragt die erste Eingabe mit der zweiten. Das kann eine Fehlerquelle sein. Es vereinfacht aber auch die Bedienung, weil der Nutzer kaum noch mit Rückfragen und Dialogfeldern konfrontiert wird.

digitalzimmer.de: An iCloud scheiden sich die Geister. Wer mit iPhone oder iPad sein erstes Apple-Gerät kauft, der wird die Möglichkeit zum Online-Backup lieben, den Fotostream und die einfache Synchronisation. Auch Mac-Einsteiger mit OS X Lion auf ihrem Computer schweben schnell auf Wolke Sieben. Bestandskunden mit älteren Rechnern und Betriebssystemen haben dagegen einen Update-Marathon vor sich, wenn sie die Möglichkeiten des neuen Apple-Dienstes wirklich nutzen wollen.

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