Was macht den Netflix-Faktor aus?

Kommt „House of Cards“ – oder kommt es nicht?

Für viele Beobachter ist Netflix untrennbar mit der Kultserie „House of Cards“ mit Kevin Spacey verknüpft. Sie war eine der ersten Eigenproduktionen von Netflix, wurde mit viele Preisen überhäuft und läuft in den USA sehr erfolgreich. Die künftigen deutschen Mitbewerber von Netflix betonen deshalb in den letzten Wochen immer wieder, dass die Kultserie in Deutschland gar nicht bei Netflix zu sehen sein soll. Die Rechte hat nämlich Sky gekauft, wo die Serie in exklusiver TV-Erstausstrahlung – und parallel auf Sky Go – läuft. Im Einzelabruf zum Kauf gibt es die beiden ersten Staffeln außerdem, etwa bei Maxdome, Amazon Instant Video und iTunes.

Aus dem Umfeld von Netflix ist allerdings zu hören, dass dies so nicht ganz stimme. Man habe die Erstverwertungsrechte in Deutschland zwar an Sky verkauft. Doch mittlerweile liefen die ersten beiden Staffeln der Polit-Kultserie ja sogar schon im Free-TV, und die weiteren Rechte zum Streaming in der Flatrate habe man durchaus, sagt ein Netflix-Insider. Wichtig wäre das schon, denn es soll ja schon zum Start auch Inhalte in ultrascharfer UHD-Qualität geben – die Serie mit Kevin Spacey ist eben eine der wenigen UHD-Angebote von Netflix. Neben House of Cards hat Netflix auch das Chemielehrer-wird-Drogenpate-Drama „Breaking Bad“ in der Auflösung von 3840 x 2160 Pixeln in seinen Archiven – auch das ist nicht mehr ganz taufrisch, aber in UHD verfügbar. Immerhin.

Content sei zwar wichtig, heißt es bei Netflix, aber: „In jedem Land, in dem Netflix startet, ist das Angebot am ersten Tag das Schwächste.“ Das sagt der deutsche Netflix-Sprecher Heiko Geibig und meint damit: Netflix startet bescheiden, analysiert dann aber sehr genau, welche Genres und Titel gut ankommen. Dementsprechend wird das Angebot zügig weiter ausgebaut– eben mit den oben erwähnten Abfragen und Analysen.

Bescheidenheit als Strategie?

Offenbar gehört demonstratives Understatement aber zur Strategie von Netflix. Letzte Woche etwa sickerte in verschiedenen Medien durch, dass sich die Onlinevideothek in Deutschland lokale Inhalte wie „Stromberg“, „Die Sendung mit der Maus“ und Filme mit Till Schweiger gesicherte habe. Ersteres ist deutlich angejahrt, Zweites auch in der ARD-Mediathek für lau zu haben. Und wenn es eines gibt, das fast ausnahmslos jede Flatrate-Videothek bietet, dann sind es Filme wie „Keinohrhasen¡ oder „Kokowääh“ – eben mit wechselnden Besetzungen der Familie Schweiger.

Ganz ehrlich, ich selbst wünsche mir sehnlichst eine Till-Schweiger-freie Onlinevideothek. Und solche offensichtlich unspannenden Vorab-Enthüllungen halte ich eher für Nebelkerzen. Die Netflix-Macher dämpfen konsequent die Erwartungen und starten vielleicht wirklich mit einem begrenzten Angebot. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass überall rauf und runter gespielte Titel wie Stromberg oder Filme von Till Schweiger auf Dauer die Zugpferde sein sollen. Dafür wirkten die Netflix-Macher in den bisherigen Gesprächen auf mich zu clever – und das US-Angebot zu vielfältig.

Eigenproduktionen laufen unter dem Titel „Netflix-Originals“ Überall dort, wo die Onlinevideothek aktiv ist, sind sie ausschließlich bei Netflix zu sehen.
Eigenproduktionen laufen unter dem Titel „Netflix-Originals“ Überall dort, wo die Onlinevideothek aktiv ist, sind sie ausschließlich bei Netflix zu sehen.

Dass es doch exklusive Inhalte gibt, dafür sorgt Netflix selbst. Denn eine weitere Säule in der Strategie sind eigene Produktionen. House of Cards ist nur eine von vielen Serien, die exklusiv für Netflix produziert werden. Bis Anfang 2015 sollen eine Reihe weitere Titel folgen, auch deutsche und französische Produktionen sind im Gespräch.

„Sense 8“ ist so eine Netflix-Original-Serie. Sie stammt vom Produktionsteam von Matrix und handelt von mehreren Menschen, die weltweit über telepathische Kräfte miteinander verbunden sind. Einer der Schauplätze ist Berlin, mit dabei ist der deutsche Schauspieler Max Riemelt. Auch eine History-Serie über Marco Polo ist angekündigt, ebenso wie die Marvell-Miniserie „Daredevil“. Daneben dürfte Netflix auch bisherige US-Serien wie „Orange is the New Black“ oder „Hemlock Grove“ nach Deutschland bringen, die hierzulande noch nirgends zu sehen waren. Und ganz nebenbei macht sich der US-Anbieter auch an Spielfilm-Produktionen, die dann nicht im Kino debütieren, sondern eben bei Netflix.

Details zum Netflix-Start

Aus dem Umfeld von Netflix sind noch weitere Fakten zum Start in Deutschland zu vernehmen: Die Preise sollen sich an denen im benachbarten Holland orientieren. Dort kostet das Abo 7,99 Euro pro Monat für das Basispaket mit Filmen und Serien in SD-Auflösung. Für 8,99 Euro gibt es Inhalte in HD-Auflösung, und man kann mit einem Account auf zwei Geräten parallel verschiedene Filme anschauen. Für 11,99 Euro schließlich gibt’s bis zu vier parallele Streams und – auf passenden UHD-TVs – Inhalte bis zu UHD-Auflösung. UHD-fähige Netflix-Apps wurden bislang für Smart-TVs von Samsung und LG angekündigt. Welche weiteren Geräte das können, wird sich erst zum Start zeigen. Immerhin soll Netflix auch Filme mit 5.1-Ton bieten, in den USA sind außerdem zu vielen Titeln Tonspuren in mehreren Sprachen sowie zuschaltbare Untertitel verfügbar.

Damit sorgt Netflix nicht unbedingt für Schnäppchenstimmung unter den Onlinevideotheken. Die Preise liegen ähnlich wie die der etablierten Konkurrenten Maxdome (7,99 Euro) und Watchever (8,99 Euro). Amazon Prime ist mit seinem Jahresabo für 49 Euro günstiger, aber nicht so flexibel. Und Sky Snap ist mit 3,99 Euro für die Basisvariante deutlich günstiger, bietet aber ein dünneres Angebot als die Konkurrenz. Alle deutschen Angebote außer Sky Snap erlauben zu den genannten Preisen drei oder mehr parallele Streams und zeigen viele Inhalte in HD-Auflösung.

digitalzimmer.de meint:  Eines ist schon vor dem Start von Netflix sicher. So viel Aufmerksamkeit haben Onlinevideotheken in den letzten zehn Jahren zusammen nicht erfahren. Damit ist im Grunde allen in diesem Geschäft gedient, auch den Zuschauern. Denn in den letzten anderthalb Jahren haben sich die Anbieter hierzulande auf den Netflix-Start vorbereitet, ihre Angebote aufgebessert, Kündigungsfristen und Vertragsbindungen abgeschafft – sowie die Preise kräftig gesenkt. So will man dem drohenden Angriff des Weltmarktführers vorgreifen. Ob das genügt, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Wird Netflix so gut wie sein Ruf – oder bleiben doch Maxdome, Amazon und Watchever die Platzhirsche in Deutschland? Ich finde: Hauptsache, es gibt gute Unterhaltung mit perfektem Service zu einem fairen Preis. Und dahin steuert der Markt der Onlinevideotheken derzeit – endlich.

2 Gedanken zu „Was macht den Netflix-Faktor aus?“

  1. Was netflix in meinen Augen richtig macht:

    1. HTML 5 Player. Ich brauch kein dämliches Plugin um die Serien und Filme sehen zu können, die neueste Chrome Beta Version reicht und läuft auch problemlos auf meinem Linux.
    2. Der Player macht Spass. Ich muss trotz schlechter Bandbreite keine Bufferphasen hinnehmen, da nehme ich lieber in kauf, das die Qualität schwankt. Frustration bleibt aus. Auch das starten der nächsten Serienfolge ist super.
    3. Transparenter Testmonat. Ich konnte einen Monat testen ob es mir gefällt, ohne Risiko, die Kündigung ist nur einen Klick entfernt und nciht versteckt. Und ich kann das jeden Monat so kündigen. Alles richtig gemacht.
    4. Alles fühlt sich richtig an. Mir werden gute Empfehlungen gemacht, ich werde über alles was passiert informiert, es gibt Originalfassungen von viele Filmen und Serien.

    Netflix macht einfach den Eindruck zu wissen, was seine Kunden wollen.

    1. Ich habe mich ja nun auch einige Tage sehr intensiv mit Netflix auseinandergesetzt, da zum Beispiel mein Kunde, die Zeitschrift video, einen Test des Angebotes zum Start bei mir bestellt hat. Mein Fazit fällt ähnlich aus, und ein kurzes Treffen und Interview mit dem Netflix-CEO Reed Hastings hat mich nachhaltig beeindruckt. Diese ersten Eindrücke sind hier nachzulesen. Ein ausführlicher Vergleichstest von Netflix mit Maxdome, Amazon & Co. folgt in video-Ausgabe 11/2014. Ich werde aber auch hier demnächst mehr berichten – man kommt halt nur vor lauter Binge-Watching sonst zu nix …

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