Was macht den Netflix-Faktor aus?

Das ist freilich nur die halbe Wahrheit. Im Privatfernsehen können endlose Werbeblöcke nerven, in Onlinevideotheken ist das nicht der Fall. Bei RTL, ARD oder Pro7 muss man Sendungen zu einem bestimmten Zeitpunkt anschauen, bei Maxdome, Watchever oder Amazon Prime Instant Video lässt sich eine Serien-Staffel auch mal übers Wochenende am Stück gucken. „Binge Watching“ nennen das Serienfans – übersetzt ungefähr: „Koma-Glotzen“, also schauen, bis der Arzt kommt. Nicht, dass diese Art des Medienkonsumes grundsätzlich neu ist – man kann Serien auch auf DVD kaufen und am Stück schauen.

Doch in Onlinevideotheken funktioniert das viel spontaner, die monatliche Flatrate verstärkt noch das Gefühl des All-You-Can-Watch-Buffets.  Dafür steht Netflix weltweit, und damit hat der Anbieter erkleckliche Erfolge vorzuweisen – vielleicht auch, weil das Seriengucken bei Netflix besonders einfach klappt. Die jeweils nächste Folge startet hier nach einer kurzen Pause automatisch, wenn man die Wiedergabe nicht anhält. Und bei einer Unterbrechung merkt sich Netflix die Stopp-Stelle im Film und spielt beim nächsten Mal von da aus weiter. Binge-Watching oder Häppchenweise gucken sind damit sozusagen vorprogrammiert.

Die Serienwiedergabe wird bei Netflix schier genial begleitet. Nach jeder Folge erscheint das Serien-menü mit dem Abspann der vorigen und dem Start der kommenden Episode. Unternimmt man jetzt nichts, dann geht die Geschichte automatisch weiter.
Die Serienwiedergabe wird bei Netflix toll begleitet. Nach jeder Folge erscheint ein Menü mit der nächsten Folge. Unternimmt man nichts, geht die Geschichte automatisch weiter.


Konkurrenten um die Zeit der Zuschauer

„Wir tun alles dafür, damit wir den Wettbewerb um die wertvolle Freizeit  unserer Zuschauer zu gewinnen. Wenn sich jemand zum Beispiel abends mal einfach entspannen möchte, dann hat er viele Optionen. Wir wollen, dass er dann Netflix startet, weil er hier genau das findet, das er zur Entspannung braucht,“   beschreibt der Europa-Manager Joris Evers die Netflix-Philosophie. „Wir konkurrieren dabei nicht nur mit Free- oder Pay-TV, sondern genauso mit einem Kinobesuch, einer DVD oder dem Abend mit Freunden.“ Dabei gehe es nicht in erster Linie darum, möglichst viele TV-Serien und Spielfilme im Programm zu haben, sondern eben genau die richtigen. Jeder einzelne Zuschauer soll jederzeit genau das Programm vorfinden, das er gerade sehen möchte. Deshalb stellt Netflix etwa das Startmenü der Onlinevideothek für jeden Zuschauer individuell zusammen.

Auf der Netflix-Startseite werden jede Menge Filme und Serien aufgrund von Titeln empfohlen, die man zuvor bewertet oder gesehen hat.
Auf der Netflix-Startseite werden jede Menge Filme und Serien aufgrund von Titeln empfohlen, die man zuvor bewertet oder gesehen hat.

Das Geheimnis dahinter ist „der Algorithmus“. Netflix guckt mit, wenn man auf dem Sofa sitzt und Filme oder Serien schaut. Aber Netflix fragt auch seine Neukunden nach ihren Vorlieben und Favoriten. Und Netflix hat einen ganzen Stab an Mitarbeitern, die Filme und Serien möglichst vielfältig und treffsicher mit Eigenschaften, Gefühlen und Stimmungen verbinden.

Netflix fragt seine Kunde ganz direkt, welche Filme sie mehr und welche sie weniger mögen. Je mehr solcher Wertungen man abgibt, desto genauere Vorschläge versprechen die Macher.
Netflix fragt seine Kunde ganz direkt, welche Filme sie mehr oder weniger mögen. Je mehr solcher Wertungen man abgibt, desto genauere Vorschläge versprechen die Macher.

Ein solches Team gibt es angeblich für jeden Land, in dem Netflix aktiv ist. Denn in jedem Land herrscht eine etwas andere Kultur, entsprechend kommen unterschiedliche Filme mehr oder weniger gut an. Aus all diesen Informationen stellt Netflix das individuelle Film- und Serienmenü zusammen und wählt damit sogar aus, welche Titel in Deutschland oder in Großbritannien überhaupt ins Angebot kommen. Das Ganze klingt, wenn es einem die Netflix-Leute erklären, wie eine Schnittmenge zwischen Google-Suche und Einkaufen bei Amazon. Und vermutlich liegt man mit dieser Vermutung nicht weit daneben.

Wer will, der kann auch seine Vorlieben zu bestimmten Film- oder Serien-Genres angeben. Auf Wunsch werden bekannte zugehörige Filme gelistet.
Wer will, der kann auch seine Vorlieben zu bestimmten Film- oder Serien-Genres angeben. Auf Wunsch werden bekannte zugehörige Filme gelistet.

In Deutschland habe ich selbst noch keine derart treffsichere Empfehlungsmaschine erlebt. Bei Maxdome spricht man zwar mittlerweile auch von einer „neuen, weitgehend überarbeiteten Recommendation Engine“, die Zuschauern möglichst treffsicher neue Inhalte vorschlagen soll. Bisher waren solche Anstrengungen aber kaum erkennbar. Selbst auf der neu überarbeiteten Startseite des Maxdome-Paketangebotes zeigt nur eine von mehreren Empfehlungs-Sammlungen personalisierte Vorschläge. Bei Netflix ist die gesamte Startseite entsprechend gestaltet, bei einigen Listen steht sogar dabei, zu welchen bereits gesehenen oder bewerteten Titel die angepriesenen Filme und Serien passen sollen.

Nur eine Liste mit nicht näher bezeichneten Empfehlungen präsentiert Maxdome. Alle weiteren Filme auf der Startseite des Paketangebotes werden vom Anbieter vorgegeben.
Nur eine Liste mit nicht näher bezeichneten Empfehlungen präsentiert Maxdome. Alle weiteren Filme auf der Startseite des Paketangebotes werden vom Anbieter vorgegeben.

2 Gedanken zu „Was macht den Netflix-Faktor aus?“

  1. Was netflix in meinen Augen richtig macht:

    1. HTML 5 Player. Ich brauch kein dämliches Plugin um die Serien und Filme sehen zu können, die neueste Chrome Beta Version reicht und läuft auch problemlos auf meinem Linux.
    2. Der Player macht Spass. Ich muss trotz schlechter Bandbreite keine Bufferphasen hinnehmen, da nehme ich lieber in kauf, das die Qualität schwankt. Frustration bleibt aus. Auch das starten der nächsten Serienfolge ist super.
    3. Transparenter Testmonat. Ich konnte einen Monat testen ob es mir gefällt, ohne Risiko, die Kündigung ist nur einen Klick entfernt und nciht versteckt. Und ich kann das jeden Monat so kündigen. Alles richtig gemacht.
    4. Alles fühlt sich richtig an. Mir werden gute Empfehlungen gemacht, ich werde über alles was passiert informiert, es gibt Originalfassungen von viele Filmen und Serien.

    Netflix macht einfach den Eindruck zu wissen, was seine Kunden wollen.

    1. Ich habe mich ja nun auch einige Tage sehr intensiv mit Netflix auseinandergesetzt, da zum Beispiel mein Kunde, die Zeitschrift video, einen Test des Angebotes zum Start bei mir bestellt hat. Mein Fazit fällt ähnlich aus, und ein kurzes Treffen und Interview mit dem Netflix-CEO Reed Hastings hat mich nachhaltig beeindruckt. Diese ersten Eindrücke sind hier nachzulesen. Ein ausführlicher Vergleichstest von Netflix mit Maxdome, Amazon & Co. folgt in video-Ausgabe 11/2014. Ich werde aber auch hier demnächst mehr berichten – man kommt halt nur vor lauter Binge-Watching sonst zu nix …

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