Smart-TV-Allianz startet mit Verspätung

Smart-TVs sind nur so intelligent wie die Apps, die auf ihnen laufen. Deshalb steht und fällt der Nutzen vernetzter TV-Geräte mit dem Software-Angebot. Je größer und besser es ist, desto attraktiver werden die Fernseher. Das wissen auch LG und Hersteller TP Vision mit seiner Marke Philips. Beide Unternehmen haben jetzt die „Smart-TV-Alliance” ins Leben gerufen. Ziel dieser Arbeitsgemeinschaft: eine gemeinsame technische Plattform zu schaffen, die so interessant und erfolgversprechend ist, dass viele Entwickler Apps dafür programmieren.

Apps für LG-Fernseher sollen künftig auch auch Philips-TVs von TP Vision laufen. (Bild: LG)
Apps für LG-Fernseher sollen künftig auch auch Philips-TVs von TP Vision laufen. (Bild: LG)

Denn bislang kocht jeder TV-Hersteller sein eigenes Süppchen: Die Fernseher benutzen kein einheitliches Betriebssystem und haben völlig unterschiedliche Hardware-Ausstattung. Es gibt kein Windows wie am PC und auch kein Android wie auf Mobiltelefonen – von einigen zaghaften Versuchen namens Google-TV einmal abgesehen. Das hemmt die Neuerscheinung von Apps. Denn welcher Entwickler hat schon Lust, sein E-Mail-Programm oder den genialen Foto-Viewer gleich mehrmals zu programmieren – für Fernseher von Panasonic, Samsung, Sharp, Sony, Toshiba und eben auch für Geräte von LG und Philips? Diesen Aufwand leisten sich nur große Anbieter wie die Online-Videothek Maxdome, deren Kosten durch Nutzungsgebühren wieder hereinkommen.

Der Ansatz von LG und Philips ist also nur folgerichtig und nicht ganz neu: Bereits auf der IFA 2011 in Berlin wurde die Kooperation angekündigt. Damals waren auch Loewe und Sharp noch mit von der Partie, von denen auf der Webseite smarttv-alliance.org bislang nicht die Rede ist. Laut Pressemitteilung bereiten allerdings weitere Hersteller „derzeit ihren Beitritt vor”. Heißer Kandidat dürfte Sharp sein, weil Aquos-Geräte schon jetzt die Net-TV-Technologie von Philips nutzen.

Die Initiative startet mit einiger Verspätung: Das so genannte Software Development Kit (SDK), das Programmierer für die herstellerübergreifende Programmierung benötigen, war ursprünglich schon für Oktober 2011 angekündigt. Erst jetzt kann es heruntergeladen werden. Das SDK läuft auf allen gängigen Computer-Betriebssystemen und nutzt laut Aussage der Allianz offene Technologien wie HTML 5. Da die Apps auf in einem Browser ablaufen sollen sie weitgehend unabhängig von der Plattform des Zielgeräts sein. Eine zentrale Annahmestelle für die Smart-TV-Programme wird es zumindest vorerst jedoch nicht geben. Programmierer können mit dem SDK zwar herstellerübergreifend entwickeln, müssen ihre Apps aber bei jedem Mitglied der Allianz einzeln einreichen. Die Hersteller entscheiden dann individuell, welches Programm sie in ihrem Smart-TV-Portal zulassen und welches nicht.

digitalzimmer.de meint: Ein Schritt in die richtige Richtung, der längst überfällig ist. Denn bislang erinnert das Smart-TV-Angebot auf Fernsehern an ein großes Überraschungspaket: Der Käufer erfährt oft erst zu Hause beim Anschluss ans Internet, was mit seinem Fernseher eigentlich geht. Übertriebene Erwartungen und Hoffnungen sollten allerdings nicht aufkommen. Das ausgeprägte Konkurrenzdenken zwischen Firmen wie LG und Samsung wird schon dafür sorgen, dass sich nicht alle großen Hersteller der Allianz anschließen. Und selbst wenn, scheint nicht gesagt, dass die gemeinsame Plattform den gewünschten Erfolg hat. Siehe Android im Mobilfunkmarkt: Obwohl weltweit mehr Smartphones mit dem Google-Betriebssystem verkauft werden, verdienen App-Entwickler mit iOS immer noch mehr – und engagieren sich folglich auch stärker für iPhone und iPad. Nach jüngsten Zahlen des Analyse-Unternehmens App Annie steht das Verhältnis 71:29. Jedem US-Dollar, den Käufer für Android-Apps ausgeben, stehen 2,45 Dollar auf Seiten von Apple gegenüber.