2011 konnte die Musikindustrie nach vielen Jahren mit Rückgängen erstmals wieder ein minimales Umsatz-Plus von 0,1 Prozent verbuchen. Von den insgesamt 1,67 Milliarden Euro, die 2011 in Deutschland für Musik auf CDs, Schallplatten, MP3-Downloads und Streamingsdienste ausgegeben wurden, tragen die verschiedenen Online-Vertriebswege wie iTunes-Downloads oder Streamingdienste à la Simfy, Deezer und Napster inzwischen jeden sechsten Euro bei. Das entspricht ungefähr 250 Millionen Euro oder 16,6 Prozent des Gesamt-Umsatzes des deutschen Musikmarktes. Vor allem Downloaddienste wie Musicload, Amazon MP3 oder eben iTunes verhalfen der Musikindustrie mit einem Umsatzwachstum von fast 29 Prozent zu einem positiven Ergebnis – 79 Millionen Einzeltitel und 15 Millionen Alben seien 2011 per Download gekauft worden, so die Marktzahlen des Bundesverbandes Musikindustrie.
Den Löwenanteil ihrer Umsätze verdient die deutsche Musikindustrie noch immer über den Verkauf von CDs: 97 Millionen Audio-Discs spülten 1,1 Milliarden Euro in die Kassen der Plattenlabels und Künstler – ein Rückgang um gerade mal 2,9 Prozent gegenüber 2010. Diese Marktzahlen präsentiert der Bundesverband Musikindustrie und betont dabei, dass der Verlust an CD-Verkäufen deutlich geringer ausfiel als in den Vorjahren – unter anderem wegen einem starken Musikangebot, das zu einem hohen Anteil auch erfolgreichen deutschen Künstlern zu verdanken sei. Andererseits setzt die Industrie große Hoffnungen in neue digitale Angebote wie etwa Streamingdienste auf Abobasis. Die spielten 2011 zwar noch eine untergeordnete Rolle – Spotify etwa startete erst 2012 in Deutschland und die übrigen Angebot wie Simfy, Napster, Deezer oder Rdio begannen hierzulande erst im Laufe des letzten Jahres ernsthafte Vermarktungsoffensiven mit kostenpflichtigen Angeboten. So trug die Streaming-Sparte in Deutschland erst 26 Millionen Euro zum Branchenumsatz bei – gerade mal zehn Prozent aller Online-Erlöse.
Doch in der Entwicklung der Musik-Pauschaldienste wie auch in Download-Shop steckt großes Potential. Das zeigt ein Blick ins Ausland. Im internationalen Vergleich ist Deutschland in Sachen Online-Musikvertrieb kein Vorreiter. Weltweit wird jeder dritte Dollar für Online-Musik umgesetzt, in Deutschland eben nur jeder Sechste. In den USA gehen über die Hälfte der Musikumsätze über virtuelle Ladentische – überwiegend per Download. In Schweden, dem Heimatland von Spotify, sind es immerhin 44,2 Prozent. Dort wuchsen die Online-Umsätze 2011 um 65 Prozent, Abodienste erlösten mehr als Downloads. Auch in Asien ist der digitale Vertrieb weiter als bei uns: In Südkorea etwa hat er einen Anteil von 53 Prozent am Musik-Umsatz, in China gar 71 Prozent, wie aus einer Studie des internationalen Verbandes IFPI (International Federation of the Phonographic Industry) hervorgeht. Allerdings geht der IFPI auch davon aus, dass im Reich der Mitte der allergrößte Teil aller Musikinhalte illegal verbreitet werden – als Raubkopien auf CD, Festplatten oder in Tauschbörsen: Der kommerzielle Musikmarkt der Milliarden-Nation habe einen ähnlich überschaubaren Umsatz wie der irische, so der IFPI.
Die größte Dynamik ist in der Entwicklung der Streamingdienste zu erkennen: Spotify expandierte im letzten Jahr von Schweden aus in die USA und mehrere europäische Länder und meldete im Januar 2012 insgesamt 2,5 Millionen zahlende Abonnenten – noch vor dem Start in Deutschland im März. Der französische Dienst Deezer startete im Dezember 2011 seine internationale Expansion – und hatte laut IFPI-Angaben zu diesem Zeitpunkt rund 1,5 Millionen zahlende Kunden. Insgesamt schätzt der Branchenverband, dass Ende 2011 weltweit 13,4 Millionen Nutzer einen kostenpflichtigen Abodienst nutzen – gut 5 Millionen mehr als 2010, Tendenz steigend. In Deutschland wuchs die Zahl der kommerziellen Streamingangebote im Laufe des letzten Jahres von zwei auf neun Dienste an. Nutzerzahlen sind hier nicht bekannt, aber die Akzeptanz wächst: Laut Bundesverband Musikindustrie können sich 22 Prozent der Deutschen vorstellen, ein Musik-Abo abzuschließen.
digitalzimmer.de meint: Ob der Musikmarkt tatsächlich dauerhaft wächst, muss sich erst zeigen. Wichtiger ist aber, dass sich die Stimmung ändert. Der Bericht der Musikindustrie hackt nicht in jeder zweiten Zeile auf den bösen Raubkopierern herum, um vom eigenen Versagen im Digitalzeitalter abzulenken. Dafür ist erstmals klar erkennbar, wohin die Reise geht: Künftig können sich Kunden aussuchen, ob sie ihre Musik einzeln aussuchen und auf CD oder als Datei kaufen oder sie lieber über ein wirklich universelles Abo genießen. Pauschal-Abos werden daran gemessen, was sie kosten und, was sie dafür bieten: Alle denkbare Musik auf alle möglichen Geräte spielen, Playlisten erstellen, Musik entdecken, mit Freunden teilen – solange das Abo besteht. Das System kennt kaum Grenzen, außer der Phantasie und Akzeptanz seiner Kunden. In all diesen Angeboten wird der Paradigmenwechsel in der Musik-Vermarktung deutlich; wir sind gespannt, wie der sich in den Marktzahlen des Jahres 2012 niederschlagen wird.