3D-Trend hin oder her: So richtig Spaß macht dreidimensionales Sehen erst, wenn man keine Brille dafür braucht. Deshalb baut Nintendo in seine jüngste Spielkonsole auch ein autostereoskopisches Display ein. „Auto” heißt es deshalb, weil es „von selbst” das räumliche Betrachten von Dingen erlaubt, die sogenannte Stereoskopie. Mit Shutter- oder Polarisationsgläsern bestückte Sehhilfen, wie heutige 3D-Fernseher sie benötigen, werden damit überflüssig.
Die Nintendo 3DS kommt weltweit am 25. März 2011 auf den Markt. Sie wird rund 250 Euro kosten und die Ära des brillenlosen 3D-Entertainments einläuten. Zumindest im Kleinen, denn der Bildschirm hat mit 3,5 Zoll nicht einmal 9 Zentimeter Diagonale. Im Sommer folgt dann als nächstes brillenloses Raumsichtgerät das Smartphone Optimus 3D von LG. Es bietet mit 4,3 Zoll (10,9 cm) nur unwesentlich mehr Bildfläche. Zum Filmeschauen muss man sich ein derart kleines Display schon ziemlich dicht vors Gesicht halten.
Und noch aus einem weiteren Grund eignen sich die Schirme von LG und Nintendo nicht fürs Heimkino: Sie zeigen den gewünschten 3D-Effekt nur aus einem Blickwinkel – frontal von vorne. Wer seitlich auf den Monitor blickt, sieht mit wachsendem Winkel Doppelkonturen, die Bilder verschwimmen und der Raumeindruck geht verloren. Schon wenige Zentimeter Kopfbewegung können den 3D-Effekt zusammenbrechen lassen. Das liegt an der besonderen Konstruktion des Flüssigkristall-Schirms, auf dessen Oberfläche eine feine Schlitzmaske sitzt. Durch diese Parallaxenbarriere hindurch sehen das rechte und linke Auge nur bestimmte Pixel des LCD. So lassen sich zwei Bilder gleichzeitig darstellen und jedes Auge bekommt nur diejenigen Informationen, die für seine Perspektive nötig sind. Nachteil: Von den 800 x 240 Bildpunkten des Nintendo-Displays bleiben pro Auge gerade mal 400 x 240 übrig. Auch die höhere Auflösung des Optimus 3D (800 x 480 Pixel) dürfte im 3D-Betrieb nur die halbe Schärfe zeigen.
Damit der 3D-TV im Wohnzimmer nicht zum Single-Fernseher wird, ist ein breiterer Blickwinkel nötig. Der lässt sich nach heutigem Stand der Technik am ehesten mit kleinen Linsen auf dem Display erreichen, die das Licht der Pixel in verschiedene Richtungen lenken. Toshiba setzt solche Lentikular-Linsen in seinen 3D-Fernsehern der GL1-Serie ein, die in Japan seit Dezember 2010 verkauft werden. Weil dabei für jeden Blickwinkel eigene Bildpunkte nötig sind, reduziert sich die sichtbare Auflösung aber noch mehr. Oder umgekehrt: Der autostereoskopische Bildschirm braucht im Vergleich zu 2D-Geräten ein Vielfaches an Pixeln für denselben Schärfeeindruck.
Toshiba verwendet im 20GL1 ein Panel mit 8.294.400 Bildpunkten, die sich auf neun verschiedene Blickwinkel verteilen. Der einzelne Betrachter sieht davon nur 1280 x 720 Pixel. Das ist weniger als Full-HD-Auflösung, obwohl der 20GL1 umgerechnet rund 2100 Euro kostet. Vielleicht gibt es deshalb noch keine Ankündigungen, die GL-1-Serie auch außerhalb Japans einzuführen. Laut einer Meldung des Wirtschaftsdienstes Bloomberg wurden im ersten Monat vom 20GL1 nur etwa 500 Stück verkauft, vom kleineren Schwestermodell noch weniger.
Hinzu kommt, dass die weltweit ersten brillenlosen TV-Geräte von Toshiba recht klein sind: Der 20GL1 hat rund 50 Zentimeter Bilddiagonale (20 Zoll), der 12GL1 mit seinem 12-Zoll-Display (30,5 cm) erinnert eher an ein Tablet oder einen digitalen Bilderrahmen als an ein TV-Gerät. Und der 3D-Effekt stellt sich nur bei optimalem Betrachtungsabstand ein: Der Hersteller empfiehlt für das kleinere Modell 65 Zentimeter Distanz, für den 20GL1 eine Entfernung von 90 Zentimetern. Größere Schirme mit besserer Schärfe und mehr Betrachtungsabstand sind zwar theoretisch machbar, verlangen aber extrem hochauflösende Flüssigkristall-Displays. Ein Full-HD-Fernseher nach Bauart des 20GL1 bräuchte bei gleicher Zahl an Blickwinkeln mehr Bildpunkte als im 4K-Standard, der als Nachfolger von HDTV gilt und seinerseits schon viermal mehr Auflösung bietet als heutige HD-Signale. Dieses einfache Rechenexempel zeigt, wie weit brillenloses 3D-Fernsehen derzeit noch vom Massenmarkt entfernt ist.
digitalzimmer meint: Jeder fängt mal klein an, auch das 3D-Fernsehen mit bloßem Auge. Allerdings kommt es gerade beim TV-Kauf auf die Größe an – und autostereoskopische Displays sind beim derzeitigen Stand der Technik extrem teuer, wenn sie in Bilddiagonale und -schärfe mit Brillen-Geräten mithalten sollen. Das wird sich auch nicht ändern, solange Toshiba der einzige Anbieter bleibt. 3D-Vorreiter wie Panasonic, Samsung oder Sony halten sich bislang zurück. Philips produziert zwar autostereoskopische Displays für den Profi-Einsatz, möchte aber erst die Auflösung verbessern, ehe man Geräte fürs Heimkino anbietet. So schnell wird das also nichts mit der brillenlosen 3D-Revolution im Heimkino.