AirPlay 2: Das Apple-Imperium schlägt zurück. Bild: Hersteller

AirPlay 2: Das Apple-Imperium schlägt zurück

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis. Oder besser gesagt: im Streaming-Universum von Apple. Da hat AirPlay Maßstäbe gesetzt, wenn es um drahtlose Musikwiedergabe ging. Besitzer eines Android-Smartphones schauten neidisch auf die einfach zu bedienende iPhone-Funktion – damals, anno 2010. Doch inzwischen ist viel passiert. Bluetooth, Chromecast und andere Technologien haben AirPlay zunehmend den Rang abgelaufen – und Apple tat überraschend wenig, um das zu verhindern.

Apples HomePod ist der erste Lautsprecher mit AirPlay 2 in Deutschland. Bild: Hersteller
Apples HomePod ist der erste Lautsprecher mit AirPlay 2 in Deutschland. Bild: Hersteller
AirPlay 2 kommt spät – aber mit Nachdruck

Im Hintergrund arbeiteten die iPhone-Ritter jedoch an ihrer Rückkehr. Das neue Streaming-Protokoll AirPlay 2 soll der Technik zu altem Glanz verhelfen und endlich Funktionen bieten, die in Multiroom-Systemen wie Sonos oder Heos längst üblich sind.

So kann das iPhone oder iPad dank AirPlay 2 mehrere Lautsprecher gleichzeitig mit Musik bespielen. Bislang war das nur mit iTunes vom Computer aus möglich. iOS übernimmt nun ebenfalls die Kontrolle: Ein Tipp auf das leicht modifizierte AirPlay-Symbol fördert wie bisher alle erreichbaren Lautsprecher zutage. Nur dass sie sich jetzt gruppieren oder individuell mit Musik beschicken lassen – und der Bildschirm zu jedem Raum das laufende Programm anzeigt. Mit dem HomePod von Apple und der Streaming-Box Apple TV klappt das bereits. Voraussetzung ist die neueste Software-Version (11.4). Apple hat sie im Mai 2018 veröffentlicht. Zwischen der Ankündigung auf der Entwicklerkonferenz WWDC17 und dem Start von AirPlay2 ist also fast ein Jahr vergangen.

AirPlay 2 erlaubt die Lautsprecher-Gruppierung vom iPhone aus. ©digitalzimmer
AirPlay 2 erlaubt die Lautsprecher-Gruppierung vom iPhone aus. ©digitalzimmer

Die lange Entwicklungszeit hat auch die Einführung kompatibler Lautsprecher verzögert. Hersteller wie Bang & Olufsen oder Libratone gaben schon letzten Sommer bekannt, AirPlay 2 unterstützen zu wollen. Software-Updates sollten einen Teil ihrer Geräte für den neuen Apple-Standard fit machen. Doch nun wird es wohl bis zum Herbst dauern: Im August oder September will B&O die Updates veröffentlichen. Im selben Zeitraum wird auch Sound United mit seinen Marken Denon und Marantz starten. Dort sollen alle AV-Receiver, die das hauseigene Multiroom-System Heos unterstützen, ein Software-Update für Airplay 2 bekommen. Außerdem: die jüngst eingeführte Soundbar Heos HomeCinema HS2, der Netzwerk-Player Denon DNP-800NE, die beiden Marantz-Player NA6006 und ND8006 sowie das Musiksystem Denon CEOL N-10.

Außerdem ist die britische HiFi-Marke Naim mit im Boot. Bei Apple gibt es eine Liste AirPlay-2-fähiger Geräte. Sie wirkt allerdings recht unvollständig. So fehlen darauf etwa das Multiroom-Audiosystem Music von Dynaudio und die neue Sonos-Soundbar Beam.

Heos-Receiver wie der Denon AVR-X4400H bekommen ein AirPlay-Update: Bild: Hersteller
Heos-Receiver wie der Denon AVR-X4400H bekommen ein AirPlay-Update: Bild: Hersteller
Sonos startet im Juli als erster Partner mit AirPlay 2

Dass mit Sonos einer der größten und wichtigste Anbieter von Multiroom-Systemen mitmacht, kann als Ritterschlag für AirPlay 2 gelten. Bislang ließ der Marktführer AirPlay links liegen, obwohl seine WLAN-basierten Lautsprecher geradezu prädestiniert dafür waren. Nun spielt das Unternehmen den Vorreiter: Im Juli 2018 sollen Software-Updates für die Produkte Sonos One, Sonos Beam, die Playbase und den Play:5 der zweiten Generation erscheinen. Aber nicht nur Besitzer dieser Komponenten werden in den Genuss der neuen Technik kommen: Wer einen kompatiblen Speaker mit älteren Sonos-Playern gruppiert, hört AirPlay-Musik auf dem gesamten System, verspricht der Hersteller in seinem Firmen-Blog. Ob diese AirPlay-Weiterleitung dem Sonos-System vorbehalten bleibt, ist derzeit noch nicht klar. Andere Hersteller wollten sie auf Nachfrage von digitalzimmer.de nicht bestätigen oder wussten es zum jetzigen Zeitpunkt einfach noch nicht.

Wie funktioniert das Multiroom-Streaming mit AirPlay?

Um die Musik ins richtige Zimmer lenken zu können, arbeitet AirPlay 2 eng mit  Apple HomeKit zusammen. Aus Sicht der Haussteuerung handelt es sich bei den WLAN-Lautsprechern um eine weitere Kategorie HomeKit-Zubehör – ähnlich wie Lampen, Kameras, Steckdosen und Thermostate. Das heißt in der Praxis: Jeder Player wird einem Raum in HomeKit zugewiesen. Beim HomePod geschieht das in der Home-App von Apple. Am Apple-TV gibt es ein eigenes Bildschirmmenü dafür. Wie andere Hersteller das regeln werden, ist noch nicht bekannt. Es spricht aber einiges dafür, dass auch hier die Home-App zum Einsatz kommt.

Nach der Installation erscheinen die Lautsprecher unter ihrem HomeKit-Namen im AirPlay-Menü. So können neben der Musik-App von Apple auch andere Programme wie Spotify oder Amazon Music darauf zugreifen. Der sprachgesteuerte Abruf von Titeln per Siri klappt allerdings nur mit Apple Music. Das Abo ist ebenfalls nötig, um auf gekaufte Titel in der iCloud zuzugreifen. Nach ersten Erfahrungen im Digitalzimmer bekommen die Player ihren Stream allerdings nicht aus dem Internet direkt. Das iPhone scheint wie bisher als Mittler zu dienen, das Musik empfängt und sie übers WLAN an die Zielgeräte weiterreicht. Jedenfalls bricht die Wiedergabe ohne WLAN-Verbindung ab. Es dauert nur einige Zeit, weil Apple den Puffer mit AirPlay 2 vergrößert hat.

Im Grunde widerspricht dieses Verhalten einer Fehlermeldung, die der Nutzer bei ausgeschalteter iCloud-Mediathek bekommt (siehe unten). Sie legt den Schluss nahe, das die Wiedergabe von Cloud-Inhalten auch dann weiterlaufen sollte, wenn das iPhone keine WLAN-Verbindung hat. Wir werden die Sache weiter beobachten und berichten. Denn schließlich fängt die Markteinführung von AirPlay 2 gerade erst so richtig an.

Noch ist etwas unklar, ob das Streaming mit AirPlay 2 auch direkt aus dem Internet funktioniert. ©digitalzimmer
Noch ist etwas unklar, ob das Streaming auch direkt aus dem Internet funktioniert.