Gut eineinhalb Jahre nach dem Start der Satellitenplattform HD-Plus mit privaten HDTV-Sendern via Satellit gaben nun die ersten großen Kabelbetreiber grünes Licht für die Übertragung privater HD-Sender in ihren Netzen. Kabel BW bietet in Baden-Württemberg bereits seit ersten Juli ein zusätzlich buchbares Programmpaket mit den HD-Varianten von RTL, RTL 2, VOX und Sport 1 an. Und Kabel Deutschland will ab Oktober die Sender Pro7 HD, Sat 1 HD, Kabel eins HD und Sixx HD in seinem verschlüsselten Free-TV-Digitalangebot übertragen.
Bei Kabel BW firmieren die vier Free-TV-Angebote unter dem Namen „MeinTV HD Plus“. Sie sind über einen HDTV-tauglichen Kabelreceiver mit Kabel-Digital-Entschlüsselungssystem und eine passende Smartcard von Kabel BW empfangbar. Für die Freischaltung der hochauflösenden „Free-TV-Sender” verlangt Kabel BW eine sogenannte „monatliche Servicepauschale” von 3,90 Euro zusätzlich zur normalen Kabelgebühr, die Mindestvertragslaufzeit des Pakets beträgt 12 Monate. Im Kabel-BW-HDTV-Paket „Mein HD” mit 12 Pay-TV-Sendern in HDTV-Auflösung für 9,90 Euro pro Monat sind die RTL-HD-Sender ebenfalls inbegriffen. Für 14,90 Euro Gesamtpreis gibt es das Ganze obendrein mit dem Erotik-Programm „Penthouse HD”.
Bei Kabel Deutschland, dem hierzulande größten Kabelnetzbetreiber, sollen ab Oktober 2011 die vier HDTV-Kanäle der Sendergruppe Pro7 Sat1 zu sehen sein, Details sind bislang allerdings kaum bekannt – etwa, ob für den Empfang der Kanäle zusätzliche Gebühren fällig werden. Pro7 HD, Sat1 HD, Kabel Eins HD und Sixx HD sollen aber auf jeden Fall verschlüsselt übertragen werden, wie es bei Kabel Deutschland ja auch schon für fast alle privaten Sender in normaler SD-Qualität der Fall ist. Wer die digital sehen will, muss sich für den digitalen Empfang registrieren, monatlich 2,90 Euro extra bezahlen und einen Receiver verwenden, der für die Smartcards des Anbieters vorbereitet ist. Gut möglich, dass für den Empfang der privaten HD-Sender auch bei Kabel Deutschland eine zusätzliche Servicepauschale fällig wird. Immerhin stritten sich Sender und Kabelbetreiber in den letzten Monaten auch darüber, wer die Einspeisegebühren für die neuen HDTV-Sender in die Kabelnetze tragen sollte. Mit dem Zusatzentgeld für HDTV-Gucker wird klar, wer die Zeche zahlt: der Zuschauer.
Ein weiterer Streitpunkt scheint ebenfalls geklärt: Die HDTV-Aufnahmerestriktonen. Kabel BW zieht hier gleich klare Kante und sperrt laut Kleingedrucktem Aufnahme und Timeshiften bei den privaten HD-Sendern komplett – angeblich „vorübergehend”. Bei Kabel Deutschland mogelt man sich um klare Aussagen und gab auf Nachfrage von digitalzimmer.de folgendes Statement: Zum Respekt gegenüber den jeweiligen Geschäftsmodellen gehört auch, dass die Free-TV-Sender Werbung als Haupteinnahmequelle haben. Daher ist es Sache der Free-TV-Sender, wie restriktiv sie mit ihren Programmsignalen umgehen. Wir begrüßen es jedoch ausdrücklich, dass ProSieben Sat.1 einen im internationalen Vergleich üblichen, für privates Free-TV-HD in Deutschland jedoch sehr progressiven Weg einschlagen wird. Kryptischer geht’s kaum – im Klartext: Ähnliche Restriktionen wie bei HD-Plus sind zu erwarten.
digitalzimmer.de meint: Höchste Zeit, dass die HDTV-Verbreitung in Deutschland auf eine breite Basis gestellt wird – die Einspeisung erster HD-Privatsender bei Kabel BW und Kabel Deutschland dürften eine Art Initialzündung markieren. Die Netzbetreiber dürften ihre Senderportfolios schon bald um die HD-Sender der jeweils anderen Sendergruppe komplettieren. Ob und wann Unitymedia in Hessen und Nordrhein-Westfalen nachzieht, steht in den Sternen. Dort sind ja nicht einmal die gewinnträchtigen Sky-HD-Sender komplett zu sehen. Andererseits sind die Konditionen der Privatfunker im Kabel nicht gerade kundenfreundlich: In Baden-Württemberg müssen die HD-Zuschauer von RTL & Co. erstmals für ein Free-TV-Angebot eine Verschlüsselung in Kauf nehmen. Daneben bedeutet die sogenannte Servicepauschale in der Praxis eine Gebührenerhöhung um mindestens 30 Prozent. Dabei darf man die betreffenden HD-Sender noch nicht einmal aufnehmen. Die Privatsender haben sich in den Verhandlungen offenbar auf ganzer Linie gegen die Vorstellungen der Kabelbetreiber durchgesetzt.