Das Smartphone-Business ist ein Haifischbecken. Seiteneinsteiger wie Apple und zunehmend selbstbewusstere chinesische Hersteller jagen die etablierten Marken vor sich her. Warum also springt Panasonic gerade jetzt in das hart umkämpfte Geschäft mit Touchscreen-Telefonen? Das Modell „Eluga” soll der erste Vertreter einer neuen Reihe von Android-Geräten sein. Weitere Produkte werden nächste Woche auf dem Mobile World Congress in Barcelona erwartet.
Das Eluga markiert Panasonics Rückkehr in den europäischen Handy-Markt, aus dem sich die Japaner weitgehend zurückgezogen hatten. Nur preiswerte Tasten-Telefone wie die Senioren-Handys KX-TU301 oder KX-TU311 waren vereinzelt zu bekommen. Im Heimatland Japan hat das Unternehmen dagegen nie aufgehört, hochwertige Mobiltelefone zu verkaufen. Das merkt man dem Eluga an: Es wirkt überaus gelungen und zu ausgereift, um als Erstlingswerk durchzugehen. Das elegante Metallgehäuse mit 4,3-Zoll-Bildschirm (960×540 Pixel) und integriertem Akku wiegt erstaunlich wenig (103 Gramm). Trotzdem finden eine 8-Megapixel-Kamera, Datenfunk mit HSPA+ (21 MBit pro Sekunde) und WLAN sowie ein Chip für Near Field Communication (NFC) darin Platz. Zum Verkaufsstart Anfang April arbeitet das Gerät noch mit Android 2.3.5, ein Update auf Version 4.0 („Ice Cream Sandwich”) soll Ende Mai, Anfang Juni folgen.
Schutz vor Wasserschaden
Clou ist jedoch die staubgeschützte und wasserdichte Ausführung des Gehäuses – während der Europapremiere in Hamburg eindrucksvoll durch Eintauchen in ein Goldfischglas demonstriert. Das Eluga soll die internationale Schutzklasse IP57 erfüllen. Mit anderen Worten: Es übersteht 30 Minuten Aufenthalt in einem Meter Wassertiefe oder kann acht Stunden lang Staubpartikeln widerstehen, die 75 Mikrometer fein sein dürfen. Das ähnlich gut abgedichtete Motorola Defy ist 15 Gramm schwerer, mit 13,4 Millimetern bald doppelt so dick und hat einen kleineren Bildschirm. Im Vergleich zum Eluga wirkt es rustikal wie ein Outdoor-Handy. Dafür erreicht Motorola die höhere Schutzklasse IP67 und darf sein Smartphone „staubdicht” nennen. Ganz so hermetisch scheinen die Gummidichtungen an SIM-Kartenschacht und USB-Anschluss des Panasonic dann doch nicht zu schließen. Für den alltäglichen Gebrauch reicht die Widerstandskraft aber mehr als aus.
Das 7,8 Millimeter flache Eluga-Gehäuse bietet wenig Platz für Akkuzellen. Damit das Smartphone länger durchhält, greift Panasonic auf Know-how des kürzlich übernommenen Batterie-Spezialisten Sanyo zurück: Ein Eco-Mode soll automatisch ungenutzte Funktionen deaktivieren, wenn der Stromspeicher mit 1150 Milliampere-Stunden (mAh) Kapazität zur Neige geht. Angaben zur Laufzeit macht das Unternehmen bislang keine. Rekordwerte sind aber nicht zu erwarten, wenn man bedenkt, dass andere Hersteller vergleichbar große Displays mit 1700 mAh befeuern. Weil die Zellen wie beim iPhone fest ins Gehäuse eingelassen sind, gibt es keine Möglichkeit, per Wechselakku die Betriebszeit zu verlängern. Auch auf den an Android-Handys üblichen Steckplatz für SD-Karten hat Panasonic verzichtet – 8 Gigabyte interner Speicher müssen reichen.
Das fehlende Glied in der Kette
Die besondere Bedeutung des Geräts für den Hersteller deutet sich im Namen an: Eluga steht für „Elegant user-oriented gateway”, was nicht weniger bedeutet als den einfachen Zugang in die Unterhaltungswelt von Panasonic. Neben seinen Grundfunktionen als Telefon und Abspielstation für Apps soll das Gerät auch Medien zwischen AV-Geräten des japanischen Herstellers vermitteln. So lassen sich mit der neuen Panasonic-App (Version 2.0) Fotos und Videos durch bloßes Fingerwischen auf die kommenden TV-Geräte der Serien VT (Plasma), DT und WT (LCD) schicken. Umgekehrt können die Fernseher des Jahrhangs 2012 ihr Live-Programm übers WLAN an die App senden – ähnlich wie es Samsung schon mit seinen Smart-TVs der Serie 8 und dem Galaxy S2 praktiziert (mehr dazu in unserem Video-Beitrag unten auf dieser Seite).
Eine Reihe weiterer App-Funktionen sind in Vorbereitung. So werden zwei neue Festplatten-Recorder ür Kabel- und Sat-Empfang ebenfalls auf das Smartphone streamen. Weil Panasonic dabei auf den DLNA-Standard setzt, dürfte das sogar mit Modellen der vorigen Generation funktionieren – etwa den Blu-ray-Festplatten-Recordern DMR-BST 700 EG und DMR-BST 800 EG. Ebenfalls in Planung: Digitalkameras der Lumix-Serie, die sich per Smartphone fernsteuern lassen und ihre Bilder übers WLAN zum Fernseher senden. Für Panasonic ist das Eluga also mehr als ein Android-Handy – es füllt eine Lücke in der digitalen Unterhaltungskette, die ansonsten dauerhaft von Apple, Samsung oder anderen Smartphone-Herstellern besetzt wird.
digitalzimmer.de meint: Der Fernseher als mächtigste Medienzentrale im Haushalt – an diese jahrelang gepredigte Vision glauben manche TV-Hersteller inzwischen selbst nicht mehr. Zu groß wird die Konkurrenz von Seiten der Telefone und Tablets. Daran dürften auch der HbbTV-Standard und Netzwerk-Funktionen im Fernseher nicht viel ändern: DisplaySearch rechnet bis 2015 mit über 800 Millionen verkauften Smartphones – aber nur mit 150 Millionen vernetzten TV-Geräten. Diese Zahlen hat Paul Gray, verantwortlich für die TV-Marktforschung bei DisplaySearch, heute auf einer Panasonic-Veranstaltung präsentiert. Vielleicht haben sie zu der Entscheidung beigetragen, das Eluga in Europa einzuführen. Denn mitunter lohnt der Sprung ins kalte Wasser, um sich freizuschwimmen – selbst dann, wenn das Becken voller Haifische ist.