Standby-Verbrauch von Multiroom-Systemen

Eigentlich dachten wir, die Zeit der Stromfresser sei vorbei. Schließlich hat die EU mit ihren Ökodesign-Richtlinien eine deutliche Senkung des Standby-Verbrauchs bewirkt: Viele elektronische Geräte dürfen im Ruhezustand inzwischen nur noch 0,5 bis 1 Watt konsumieren. Allerdings gelten die Vorschriften nicht für den „vernetzten Bereitschaftsbetrieb“, also jenen Dämmerschlaf, in dem etwa Multiroom-Audiosysteme auf ihren Einsatz warten. Um nach dem Start eines Titels in der App sofort spielbereit zu sein, müssen die Player konstant eine Verbindung zum Netzwerk halten.

Dabei kann der Energieverbrauch die üblichen Grenzwerte um ein Vielfaches übersteigen. Wie unsere Erfahrungen mit sechs Multiroom-Lösungen aus dem vergangenen Jahr zeigen, reicht die Skala von knapp unter 2 Watt bis hinauf zu 14 Watt (siehe Diagramm) – im Ruhezustand wohlgemerkt, ohne jede Funktion.

So viel verbrauchen gängige Multiroom-Audiosysteme im Standby. ©digitalzimmer.de
So viel verbrauchen gängige Multiroom-Audiosysteme im Standby. ©digitalzimmer.de

Auch innerhalb eines Herstellers gibt es Streuungen, weil die einzelnen Modelle oft unterschiedlich viel verbrauchen. So kommt der reine Netzwerk-Spieler Node von Bluesound mit 3 Watt aus, die Verstärker-Variante Powernode bedient sich dagegen mit 14 Watt aus der Steckdose. Auch der WLAN-Lautsprecher Pulse erscheint im Vergleich zur Konkurrenz recht gierig (12 Watt).

Das Gros der von digitalzimmer.de untersuchten Geräte verbraucht zwischen 3,5 und 6,5 Watt, so  auch die Modelle von Streaming-Pionier Sonos. Lautsprecher-Teufel hat seine Raumfeld-Komponenten nicht nur energiesparend konzipiert (unter 2 Watt), sie bringen auch den selten gewordenen Netzschalter mit. Damit lassen sie sich bei Nichtgebrauch komplett vom Netz trennen. Nur eines der Raumfeld-Geräte sollte immer mit Strom versorgt sein: der als sogenannter Host konfigurierte Player. Er speichert den Musikkatalog und koordiniert die Wiedergabe im System, geht wegen dieser verantwortungsvollen Aufgabe aber auch nicht in Standby. Ein One M oder ein paar Stereo Cubes verbrauchen so rund um die Uhr etwa 8 Watt. Zu den genügsamsten Vertretern gehört das drahtlose Musiksystem Munet von der MediaSaturn-Eigenmarke Peaq: Bei keiner Komponente zeigte unser Messgerät  mehr als 2,1 Watt an.

So viel kostet der Energieverbrauch im Standby pro Jahr. ©digitalzimmer.de
So viel kostet der Energieverbrauch im Standby pro Jahr. ©digitalzimmer.de

Wie ein Auto kauft man auch Multiroom-Audiosysteme nicht ausschließlich nach dem Verbrauch. Für jeden Musikfan sind andere Kriterien wichtig: Ist die Anlage schnell zu installieren und einfach zu bedienen? Unterstützt sie Bluetooth oder AirPlay? Kann sie die richtigen Audio-Formate oder High-Resolution-Dateien abspielen? Und wie gut klingen die Player überhaupt?

Eine hohe Energieaufnahme im Ruhezustand kann den Spaß am Musikhören aber zumindest trüben. So macht der Unterschied zwischen 2 und 14 Watt eine Differenz von gut 30 Euro auf der jährlichen Stromrechnung aus – bei 24 Stunden Standby am Tag (siehe Diagramm). Da sich die Kosten der Player addieren, kann eine Anlage mit vielen stromfressenden Geräten schon ins Geld gehen, ohne auch nur einen Ton zu spielen, denn während der Wiedergabe verbrauchen die Player ja zwangsläufig mehr Strom.

digitalzimmer.de meint: Ein Standby-Verbrauch von 10 Watt oder mehr ist nicht mehr zeitgemäß. Aber auch 3 bis 6 Watt – hochgerechnet auf viele Geräte – gehen ins Geld. Bislang können sich Käufer nur mühsam informieren, weil die meisten Hersteller keine Werte für den vernetzten Bereitschaftsbetrieb nennen. Doch Besserung ist in Sicht: In einer Verordnung vom 22. August 2013 (Nr. 801/2013) legt die EU-Kommission fest, dass ab 1. Januar 2015 die Leistungsaufnahme im sogenannten Networked Standby auf der Hersteller-Webseite angegeben sein muss. Außerdem definiert die EU verbindliche Grenzwerte: Der Standby-Verbrauch vernetzter Geräte soll schrittweise von 6 Watt (2015) über 3 Watt (2017) auf 2 Watt (2019) sinken. Allerdings gilt die Verordnung 801/2013 nicht für Geräte mit externem Steckernetzteil und nicht für Fernseher. Es gibt eben auch in der EU keine Regel ohne Ausnahme.

Update, 31.12.2015: Mittlerweile gibt es eine Reihe von Multitroom-Systemen, die neben dem sogenannten „Networked Standby“, also dem vernetzten Ruhemodus, einen Tiefschlaf ohne Netzwerkverbindung bieten. Er senkt den Standby-Verbrauch auf unter 0,5 Watt, ist aber mit einigen Einschränkungen verbunden. So lassen sich die Geräte aus diesem Betriebszustand nicht mehr per App einschalten. Das muss mit einem Tastendruck am Gerät geschehen. Außerdem ist der Tiefschlaf nicht immer einfach zu aktivieren. Beim ALL Connected Audiosystem von Panasonic muss dazu etwa eine bestimmte Tastenkombination gedrückt werden. Heos by Denon geht von selbst nach einer gewissen Zeit in den Deep Standby. Allerdings nur, wenn keinerlei Netzwerkverkehr mehr stattfindet. Das heißt: Im WLAN-Betrieb muss auch das Funknetz des Routers deaktiviert sein – zum Beispiel mit einer Nachtschaltung.