Nest Cam Indoor: Die Überwachungskamera von Google im Test. ©digitalzimmer

Nest Cam Indoor: Die Cloud-Kamera im Test

Stellt die Nest Cam eine Bewegung oder ein Geräusch fest, informiert sie ihren Besitzer. Je nach Einstellung bekommt er eine Push-Nachricht aufs Smartphone oder eine E-Mail. Auf Wunsch auch beides parallel. Gleichzeitig legt die App in ihrem Videoverlauf ein neues „Ereignis“ mit Datum und Uhrzeit an. Für Nutzer ohne Abo besteht dieser Eintrag aus einem Standbild. Besonderer Service für Träger der Apple Watch: Sie sehen das Foto auch auf ihrem Uhren-Display und können entscheiden, ob es sich lohnt, das iPhone aus der Tasche zu ziehen. Außerdem erlaubt die Smartwatch am Touchscreen einen schnellen Wechsel zwischen den Betriebsarten Zuhause und Unterwegs (Bild unten).

Die Nest-App für iOS überträgt wichtige Informationen auch auf die Apple Watch. ©digitalzimmer
Die Nest-App für iOS überträgt wichtige Informationen auch auf die Apple Watch.
Deutlich erweiterte Funktionen mit Nest Aware

Viel mehr hat die Gratisversion der Nest-Cloud nicht zu bieten. Sie liefert ausschließlich Livebilder. Wer einen Einbrecher auf frischer Tat ertappen will, muss aufpassen und bei einem Alarm sofort den Videostream in der App starten. Über die integrierte Sprechfunktion kann er dann in erstaunlich guter Qualität auf den Besucher einreden. Ansonsten bleibt nur die Hoffnung, dass der ungebetene Gast in Richtung Kamera blickt, wenn die Nest Cam gerade ihren Schnappschuss macht.

Videoaufnahmen, die als Beweis dienen können, gibt es nur mit Nest Aware. Der Cloud-Dienst ist nach Installation der Kamera automatisch für 30 Tage freigeschaltet – als kostenloses Probeabo. Danach geht der Service ins Geld: Schon für das kleine Abo mit zehn Tagen Aufnahmearchiv verlangt Nest 10 Euro monatlich. Wer 30 Tage Videorückschau braucht, weil er zwei Wochen und länger verreist, muss regelmäßig 30 Euro auf den Tisch legen. Zum Vergleich: Bei Gigaset Elements kosten vier Wochen Cloud-Speicher aktuell knapp 5 Euro pro Monat oder 50 Euro im Jahr. Günstiger wird es für Nest-Kunden mit jährlicher Zahlungsweise. Dann sinkt der Tarif auf 100 beziehungsweise 300 Euro. Die letzten beiden Monate im Jahr gibt es also geschenkt. Für weitere Nest Cams im Konto reduziert sich der Abopreis zudem um 50 Prozent.

Videoaufnahmen sind aber nur ein Vorteil von Nest Aware. Der Abonnent bekommt auch zusätzliche Funktionen. So verspricht der Anbieter mehr Bildanalyse. Intelligente Algorithmen sollen Gesichter erkennen oder Licht- und Schattenspiele herausrechnen. Das klappt nach den Erfahrungen im Digitalzimmer ziemlich gut. Allerdings können Scheinwerfer eines vorbeifahrenden Autos in der Nacht trotzdem Alarm auslösen. Da unterscheidet sich die Nest nicht von anderen Kameras, die wir bereits im Test hatten. Ein weiteres Extra sind frei definierbare Alarmbereiche. Bis zu vier solcher Flächen können im Kamerabild markiert werden, um besonders wichtige Zonen zu überwachen. Umgekehrt lassen sich damit auch Bereiche von der Bewegungserkennung ausschließen. Etwa der Fußboden, auf dem Hund und Katze unterwegs sind.

Frei definierbare Alarmzonen markieren wichtige Bildbereiche – und schließen andere von der Überwachung aus.
Alarmzonen markieren wichtige Bildbereiche – und schließen andere von der Überwachung aus.

Die Werkzeuge zum Anlegen und Ändern von Zonen gibt es übrigens nur im Browser am Computer. In der App fehlen sie. Dasselbe gilt für den Zeitraffer, mit dem sich längere Aufnahmen beschleunigt in einem Clip zusammenfassen lassen. Oder für die Export-Funktion zum Herunterladen und Teilen von Videos auf sozialen Netzwerken. Noch so ein praktisches Extra, das ausschließlich Abonnenten zur Verfügung steht.

Bild- und Tonqualität der Nest Cam Indoor

In Sachen Bildqualität lässt die Nest wenig zu wünschen übrig. Vor allem im Hellen sind die Bilder knackscharf und unverrauscht. Das gilt besonders für Aufnahmen in der maximalen Auflösung 1080p (1920 x 1080 Pixel). Allerdings wird das Gehäuse der Kamera dabei auch deutlich mehr als handwarm. In den meisten Fällen dürfte die mittlere Qualitätststufe (720p) genügen. Wer mag, kann auf bis zu 360p reduzieren. Oder er überlässt die Einstellung der Automatik. Sie regelt die Bildqualität passend zur Geschwindigkeit der Internetverbindung.

Auch der Lautsprecher überzeugt mit guter Qualität. Anders als die Exemplare vieler Smart Kameras hat er nicht nur Alibifunktion. Er überträgt Stimmen laut und unverzerrt. Das Gegenüber kann tatsächlich verstehen, was man sagt. Praktisch: Ein Gong signalisiert Personen im Raum, wenn die Gegensprechfunktion aktiviert wird. Zur ungestörten Überwachung, etwa nachts im Kinderzimmer, lässt sich der Hinweiston in der App abschalten. Apropos Nacht: Im Dunkeln verliert das Bild wie üblich an Auflösung. Die Aufnahmen beginnen zu Rauschen. Diesen Effekt kennen alle Überwachungskameras. Er scheint mit bei der Nest Cam aber recht ausgeprägt.

Im Hellen sind die Aufnahmen der Nest Cam kristallkar. Mit wenig Licht steigt das Bildrauschen.
Im Hellen sind die Aufnahmen kristallklar. Mit wenig Licht steigt das Bildrauschen.
Gemischtes Gefühle: Testfazit zur Nest Cam Indoor

Selten war meine Meinung zu einem Produkt so geteilt wie im Falle der Nest Cam. Und dabei meine ich nicht das Für und Wider der Cloud-Aufzeichnung. Ob jemand seine Videos einem Server im Internet überlässt, kann er selbst entscheiden. Es macht das Leben einfacher, weil die Mitschnitte automatisch vor Diebstahl geschützt sind. Wenn Einbrecher die Kamera mitgehen lassen, gibt es immer noch die Aufzeichnung in der Cloud. Besitzer einer Netatmo Welcome müssen für diesen Fall selbst vorsorgen – mit Backups auf dem privaten NAS-System oder FTP-Server.

Es ist eher die Preispolitik von Nest, die mich irritiert. Käufer der Kamera müssen zum Anschaffungspreis von 200 Euro fast zwangsläufig ein Abo abschließen. Ohne Nest Aware sind keine Aufnahmen möglich. Endet das Abo, sind die Videos weg – wenn man sie nicht vorher auf seinen Computer herunterlädt. Soweit so gut. Das handhaben andere Hersteller ähnlich. Sie verlangen aber keine 300 Euro im Jahr. Wer drei Kameras installiert, bezahlt auf diese Weise fast 1200 Euro – fürs erste Jahr. Danach sind in jedem weiteren Abrechnungszyklus 600 Euro fällig. Man muss schon ein ziemlich großer Nest-Fan sein, um solche Summen auszugeben. Eigentlich schade, denn die Kamera selbst hätte das Zeug zum Renner. Verarbeitung, Design und Bedienung können sich wirklich sehen lassen.