Ausprobiert: TV-Streaming mit Magine

Zu Beginn liefen die Apps für iPhone und iPad recht instabil, die Android-Version ist noch gar nicht fertig. Auch die Wiedergabe am PC führte zu gelegentlichen Abstürzen, was am Browser-Plugin „Widevine” liegen mag, dessen Installation Magine vor der Wiedergabe am PC verlangt. Widevine ist ein digitales Rechte-Management (DRM) von Google, das Mitschnitte auf Festplatte verhindert. Es ist allerdings seit Jahren im Einsatz und wird etwa von Netflix, Lovefilm und Samsung verwendet. Magine beschreitet damit also kein technologisches Neuland.

Kinderleichte Bedienung
Inzwischen sind die meisten Kinderkrankheiten überwunden und die übersichtliche Gestaltung der Menüs sowie die einfache Bedienung kommen zum Tragen. Was noch nicht zuverlässig funktioniert, ist die Fernbedienung eines Computers oder Smart-TVs mit der Magine-App. iPhone oder iPad lassen übers Internet an den Bildschirm koppeln sollen später einmal die Wiedergabe fernsteuern können. Das sogenannte AirPlay auf eine Apple-TV-Box klappt dagegen schon tadellos. Die Bildqualität ist gut und liegt ungefähr zwischen einem kostenlosen Zattoo-Angebot und der hochauflösenden Variante mit Zattoo-HiQ-Account. Die Streaming-Server reagieren schnell auf unterschiedliche Bandbreiten und passen die Datenmengen auf die Wiedergabe im heimischen WLAN, per 3G- oder LTE-Netz an. Auf dem Smartphone oder Tablet macht Magine schon richtig Spaß.

Die größte Hürde für einen erfolgreichen Regelbetrieb stellt derzeit allerdings nicht die Technik dar. Das Problem sind die Rechte. So ist die Senderauswahl im Betatest noch sehr gering: Die Programme der ARD fehlen komplett. Als einzigen öffentlich-rechtlichen Sender gibt es das ZDF auf Magine zu sehen. Hinzu kommen Kanäle der RTL-Gruppe (RTL, Vox, RTL II, Super RTL, n-tv und RTL Nitro) und Eurosport 1, Eurosport 2, Nickelodeon, Comedy Central, Viva sowie DMAX. Die ProsiebenSat.1-Gruppe glänzt durch Abwesenheit. Da sind die Münchner konsequent: Auch Zattoo muss ohne Sat.1 und ProSieben auskommen.

Die Sender müssen mitspielen
Zweites Problem: Magine kann die Programme nur so zeigen und übertragen, wie es der jeweilige Rechteinhaber zulässt. Das heißt in der Praxis, nicht jede Funktion steht in jedem Kanal zur Verfügung – von der Live-Sendung, die überall geht, mal abgesehen. So ist Timeshift derzeit nur in 5 der 13 Kanäle erlaubt. Mediatheken gibt es nur für Eurosport 2, DMAX, Nickelodeon und Viva. Und lässt sich eine Sendung nachträglich abrufen, so verhindern manche Sender das Vorspulen – damit der Zuschauer die Werbeblöcke nicht überspringen kann. Wer die Widergabe unterbricht, um sie etwa am nächsten Tag fortzusetzen, muss so einen Beitrag dann wieder ganz vom Anfang sehen. Nickelodeon und Viva verhindern das Vorspulen sogar im Timeshift-Betrieb: Wer das Liveprogramm für eine halbe Stunde pausiert, hat keine Möglichkeit, den Zeitversatz bis zum Ende der Sendung wieder aufzuholen. Bei Eurosport und DMAX hingegen geht das.

digitalzimmer.de meint: Die Idee von Magine ist großartig. So wie CEO Mattias Hjelmstedt und sein Team sich die Fernsehzukunft vorstellen, würde sie vielen Zuschauern gefallen. Allerdings hat das Unternehmen bis zum geplanten Deutschlandstart im Herbst noch zähe Verhandlungen mit Sendern und Rechteinhabern vor sich. Ob sie Aussicht auf Erfolg haben, darf zumindest bezweifelt werden. Denn auch im klassischen TV via Kabel oder Satellit wurden die Einschränkungen beim Aufzeichnen, Timeshiften und Vorspulen in den vergangenen Jahren nicht weniger, sondern eher mehr – weil die Free-TV-Sender versuchen, ihr werbefinanziertes Geschäftsmodell zu sichern. Das Fernsehen neu zu erfinden, bedarf also mehr als einer guten Idee. Über den Erfolg von Magine entscheidet letztendlich das Geschick am Verhandlungstisch.