Ausprobiert: Philips-Kopfhörer Fidelio L1

Noch kurz vor Weihnachten erreichte ein Muster des Fidelio L1 die Redaktion. So war genügend Zeit, den neuen Edel-Kopfhörer von Philips über die Feiertage auszuprobieren. Die folgenden Eindrücke spiegeln praktische Erfahrungen wieder, die zu Hause und unterwegs gesammelt wurden. Denn obwohl es sich beim Fidelio L1 um einen ausgewachsenen HiFi-Hörer mit Kopfbügel handelt, wird das Modell von Philips nicht nur für die Stereoanlage im Wohnzimmer empfohlen, sondern auch für den mobilen Einsatz am iPhone, iPad oder einem anderen Mobilgerät.

Der Kopfhörer Fidelio L1 von Philips ist perfekt verarbeitet. (Fotos: Hersteller)
Der Kopfhörer Fidelio L1 von Philips ist perfekt verarbeitet. (Fotos: Hersteller)

Damit richtet sich der L1 an eine ähnliche Zielgruppe wie der B&W P5 aus dem Hause Bowers & Wilkins. Zu beiden Kopfhörern werden austauschbare Anschlusskabel geliefert: eine Stereo-Strippe mit Adapterstecker (3,5 auf 6,35 mm Klinke) für normale Audiogeräte und ein sogenanntes MFI-Kabel („Made for iPod”), das über Fernbedienungs-Tasten die Steuerung von Lautstärke, Wiedergabe und Pause an Apple-Playern erlaubt. Dank Mikrofon in der Kabel-Fernbedienung sind außerdem Telefonate möglich, wenn der Hörer an ein iPhone angeschlossen ist – oder Headset-Gespräche mit Apples virtueller Sprach-Assistentin Siri. Für den Heimgebrauch an der Stereoanlage ist die knapp 1,20 Meter lange Standard-Leitung allerdings recht kurz. Wer nicht direkt neben seinem HiFi-Verstärker sitzen möchte, muss ein Verlängerungskabel dazu kaufen.

Mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 249,99 Euro kostet der Philips einen Fünfziger weniger als der B&W (299 Euro), ohne sich diesen Umstand im Entferntesten anmerken zu lassen. Im Gegenteil: Die Verarbeitung des L1 gehört zum Besten, was digitalzimmer.de bislang an Kopfhörern in die Finger bekam. Da sitzt jeder Stich der Leder-Steppnaht am Kopfbügel. Die präzise gefrästen Aluminium-Bügel- und -Träger an den Ohrmuscheln strahlen eine beruhigende Solidität aus, die sich über das stoffummantelte Kabel bis hinunter zu den Metallsteckern fortsetzt. Eine Kupplung, etwa zehn Zentimeter unter der linken Ohrmuschel, erlaubt den schnellen Wechsel beider Anschlusskabel. Am P5 von Bowers & Wilkins muss dazu das magnetisch haftende Ohrkissen abgenommen und ein Stecker im gebogenen Kabelkanal fixiert werden. Und in noch einem Punkt ist der Philips leichter zu handhaben: Das Textilkabel des L1 verknotet so gut wie nie. Durch seine leichte Steifheit wickelt es sich fast von selbst ab, wenn man den Hörer aus dem Transportbeutel nimmt. Das gesteppte Etui von B&W sieht zwar eleganter aus, verhindert aber nicht, dass die gummierte und somit rutschgehemmte Strippe vor Gebrauch meist von Hand entwirrt werden muss.

Der Tragekomfort des Philips ist hoch und über weit ausfahrbare Alu-Schienen gut an verschiedene Kopfgrößen anpassbar. Ohrkissen aus „Memory”-Schaum schmiegen sich in der Körperwärme passgenau an und umschließen die Ohren des Trägers. Sie liegen nicht auf wie die On-Ear-Konstruktion des P5. Welche Variante als angenehmer empfunden wird, ist Geschmackssache und wohl auch eine Frage der Philosophie. Durch seine halboffene Bauweise lässt der Fidelio etwas mehr Umgebungsgeräusche durch und schottet den Träger weniger von der Außenwelt ab. Trotzdem hält er den Streuschall nach draußen in Grenzen: Der L1 ist absolut bus- oder bahntauglich und belästigt Mitreisende nicht.

Im Hörtest beeindruckte der Philips spontan durch seinen Bass. Die Neodym-Schallwandler entlocken Musikstücken so manchen tiefen Ton, der normalerweise verborgen bleibt – weil Durchschnitts-Kopfhörer ihn gar nicht wiederzugeben scheinen. Dance-Music wie der im Rahmen der „12 Tage – 12 Geschenke”-Aktion auf iTunes angebotene Gratis-Download „Without You” von David Guetta sind über den Fidelio L1 beinahe körperlich spürbar. Rocktitel bekommen so einen mitreißenden „Punch”, der allerdings auch zu viel werden kann, wenn die Aufnahme an sich schon dick aufträgt. So tönte die Bass-Drum in Adeles „Set Fire To The Rain” im Vergleich zum P5 etwas fett, allzu basslastige Abmischungen drängten Gesangsstimmen ein wenig in den Hintergrund. Die Höhenwiedergabe wirkte sehr frei und offen. Tendenziell fächert der Philips Musik zu einem schönen Stereo-Panorama auf, während sie sich beim P5 eher zentral „im Kopf” abspielt. Zusammen mit dem druckvollen Bass des L1 ergibt das ein sehr imposantes Klangbild. Klassik-Aufnahmen wie das Neujahrskonzert 2011 der Wiener Philharmoniker (Decca-CD) schienen über den Philips mit einem üppiger besetzten Orchester und in einem größeren Saal eingespielt. Dafür arbeitete der Bowers & Wilkins Stimmen plastischer heraus. Er gab ihnen mehr Kontur und Körper, wirkte insgesamt weicher und runder. Außerdem spielt er lauter, was auf einen höheren Wirkungsgrad des P5 schließen lässt.

digitalzimmer.de meint: Freunde eines satten Beats kommen mit dem Fidelio L1 voll auf ihre Kosten, doch auch klassische Musik macht über den Edel-Kopfhörer Spaß. Für den Einsatz an leistungsbegrenzten Playern wie dem iPhone oder iPad dürfte der Wirkungsgrad etwas höher sein – und der Autor wäre unterm Strich auch mit weniger Bass zufrieden. Trotzdem: Hut ab – und Kopfhörer auf. Philips ist ein faszinierendes Stück Technik gelungen, das nicht zuletzt durch seine exzellente Verarbeitung und hohe Anfassqualität Begehrlichkeiten weckt.