Media Broadcast: Smart-TV-Portal für DVB-T

In Sachen HbbTV und Smart-TV war das digitale Antennenfernsehen DVB-T bislang nicht gerade ein Vorreiter. Als die programmbegleitenden Onlinedienste starteten, waren sie zunächst gar nicht über DVB-T nutzbar, erst nach und nach schalteten die Sender in den letzten Jahren ihre Onlineangebote via Antenne frei. Media Broadcast, der führende technische Dienstleister in Sachen DVB-T, will jetzt das Onlineangebot im Antennenfernsehen massiv aufwerten.

Das Unternehmen plant, ab Februar 2013 in allen deutschen Ballungsräumen mit DVB-T-Versorgung ein „Hybrid-TV-Portal” zu starten. Dieses TV-Onlineportal soll sich wie ein ganz normaler Fernsehsender aus der Programmliste aufrufen lassen. Im Gegensatz zu bisherigen Smart-TV-Angeboten, die entweder per HbbTV-Signalisierung an einem bestimmten TV-Kanal hängen oder aber vom TV- oder Set-Top-Boxen-Hersteller über ein Gerät geliefert und bespielt werden, soll das neue DVB-T-Onlineportal eigenständig sein. Seine Startseite wird als HbbTV-Verlinkung über einen neuen DVB-T-Sender ausgestrahlt, der ansonsten nur eine Reihe von Standbildern überträgt. HbbTV-fähige TVs und Empfangsboxen, die mit dem Internet verbunden sind, zeigen automatisch das Online-Portal, sobald man den Kanal in der Senderliste auswählt. Geräte ohne Onlinefunktionen präsentieren dagegen eine Serie mit Standbildern, die das Onlineangebot und dessen Empfangswege erläutern.

Dieses Portal präsentiert Media Broadcast bislang als Prototyp (siehe oben). Obwohl seine endgültige Optik noch nicht feststeht, soll es laut Projektleiter Daniel Kleinbauer auch in seiner finalen Fassung sehr übersichtlich aufgebaut sein. „Mehr als drei oder vier mal zwei Kacheln mit Applikationen auf der Startseite wollen wir nicht zeigen” sagt er und verweist auf die nicht besonders großen TV-Geräte, mit denen gerade über DVB-T häufig ferngesehen wird. An Angeboten stehen bislang ein interaktiver Online-EPG, TV-Mediatheken und Web-TV-Angebote wie Spiegel.tv sowie tagesaktuelle News fest. Auch eine Online-Videothek ist auf Dauer geplant, so Daniel Kleinbauer.

Die Verträge mit möglichen Inhaltenanbietern werden derzeit verhandelt. Außerdem feilt Media Broadcast noch am Funktionsumfang des geplanten Angebotes. Im EPG-Prototypen etwa weist ein „Record”-Feld zu jeder Sendung sogar auf die mögliche Anbindung eines Online-Videorecorders à la Save.tv oder Bong.tv hin (siehe Zusatz-Infos unten). Dies sei eine von vielen Ideen für den Einsatz eines solchen unabhängigen Smart-TV-Portals, derzeit aber nicht konkret in Vorbereitung, so Kleinbauer. Die rechtliche Situation solcher Online-Recorderdienste ist nicht endgültig geklärt. RTL etwa klagt seit Jahren gegen Bong.tv und Save.tv, von denen Letzterer auch anbietet, Werbung aus den Aufnahmen herauszuschneiden. RTL hat mittlerweile bewirkt, dass sich das Hauptprogramm der Sendergruppe über Onlinedienste nicht mitschneiden lässt.

Ein großer Vorteil des Smart-TV-Kanals via DVB-T dürfte seine einfache Auffindbarkeit sein: Je nach Region werden per Antenne derzeit zwischen 18 und 33 Sendern ausgestrahlt. Da fällt ein zusätzlicher Online-Kanal in der Senderliste schnell ins Auge. Über Satellit verbreitet hätte es ein vergleichbares Angebot viel schwerer, gefunden und genutzt zu werden. Im Kabel könnte indes der jeweilige Netzbetreiber einen solchen Onlinekanal anbieten. Das ist auch durchaus in Planung: Der Eutelsat-Kabeldienst „Kabelkiosk”, der überwiegend kleinere und mittelgroße Kabelnetze beliefert, startet derzeit mit „Kabelkiosk Choice” ein vorgefertigtes HbbTV-Angebot, mit dem die jeweiligen Kabelnetze ihren Kunden ebenfalls Onlinedienste anbieten können.

digitalzimmer.de meint: ein Smart-TV-Portal, das sich wie ein TV-Kanal aufrufen lässt und weder vom Gerätehersteller noch von einem bestimmten Sender bestimmt wird – das klingt verlockend, vor allem wegen der leichten Auffindbarkeit eines solchen Angebotes via DVB-T. Weniger unabhängig als etwa die Smart-TV-Portale einzelner Hersteller wird es allerdings kaum sein, auch Media Broadcast wird zu einem Gutteil kommerzielle und selektierte Angebote präsentieren, denn auch dieser Anbieter will natürlich mit seinem Smart-TV-Portal auf Dauer Geld verdienen. Da stellt sich die Frage, mit welcher Verbreitung ein solches, auf Ballungsräume begrenztes DVB-T-Angebot rechnen kann: 2011 empfingen laut dem „TV-Monitor” von TNS Infratest 3,3 Prozent der Haushalte ihr Programm ausschließlich per DVB-T, nochmals knapp so viele dürften ein DVB-T-Zweitgerät nutzen. Wie viele dieser potentiellen Zuschauer HbbTV-fähige Empfänger haben, die obendrein mit dem Internet verbunden sind, ist nicht bekannt. Doch das Ganze ist ja auch ein Projekt mit Potential für die Zukunft.