Das neue Energielabel für Fernseher

Hilfe zum Energiesparen: Ab sofort können TV-Käufer im Handel über eine neue Kennzeichnung zum Stromverbrauch von Flat-TVs stolpern. Das Etikett sieht ähnlich aus wie das von Kühlschränken, Waschmaschinen oder Glühbirnen bekannte Energie-Label. Die Geräte werden in der neuen Klassifizierung vorerst auf einer Skala von G (nicht sparsam) bis A (sehr sparsam) gekennzeichnet.

Das neue Energielabel für TV-Geräte. (Bild: digtalzimmer.de)
Das neue Energielabel für TV-Geräte. (Bild: digtalzimmer.de)

Hersteller und Händler können die standardisierten Aufkleber ab sofort einsetzen. Pflicht wird das Label für alle Fernseher, die ab dem 1. Dezember 2011 in den Handel kommen. Bis dahin können die Hersteller neben der neuen Kennzeichnung für den Stromverbrauch auch die bisher schon bekannte, aber weniger aussagekräftige EU-Umweltblume – oder EU-Ecolabel – weiter nutzen. Sharp hat indes als erster Hersteller angekündigt, seine Geräte ab sofort mit den neuen Effizienz-Aufklebern zu versehen.

Die neue Kennzeichnung wurde in einem jahrelangen Tauziehen zwischen der EU-Kommission und der TV-Branche entwickelt. Politik und Branchenvertreter haben dabei versucht, eine einheitliche Energiekennzeichnung zu finden, die allen TV-Technologien und -Ausstattungsvarianten gerecht wird. Die Einstufung der Fernseher in Effizienzklassen erfolgt mit Hilfe eines Referenz-Verbrauchswertes. Der ist abhängig von der Bildgröße und der Ausstattung des jeweiligen Geräts und markiert gleichzeitig die Einstufung in die schlechteste Effizienzklasse „G”. Für ein 102-Zenzimeter-Gerät (40 Zoll) liegt der Referenz-Wert zwischen etwa 207 Watt für einen Flat-TV ohne Tuner und 220 Watt für ein Modell mit Festplatte und Doppeltuner. Der reale Stromverbrauch eines Fernsehers wird vom Hersteller bei 65% der maximalen Bildhelligkeit gemessen. Für TV-Geräte mit Helligkeitssensor und automatischer Bildanpassung darf der Hersteller 5 Prozent vom gemessenen Stromverbrauch abziehen. Für die Einstufung wird das Ergebnis dann mit dem Referenzwert verglichen.

Beispiel: Verbraucht ein voll ausgestatteter 40-Zoll-Fernseher 110 Watt, dann entspricht das 50 Prozent seines EU-Referenzwertes von 220 Watt – und steht für die Effizienzklasse „C” in der Skala des neuen Labels.

Zum Start umfasst die Stromverbrauchs-Skala sieben Stufen von G (100 Prozent des Referenzwertes) bis A (bis 30 Prozent). Ein 40-Zöller mit Bildautomatik, Festplatte und Doppeltuner in der A-Kategorie darf danach maximal 69 Watt verbrauchen. Die Einführung es Labels erfolgt in mehreren Stufen: Ab 2014 soll zusätzlich zur Effizienz-Klasse „A” die Erweiterung „A+” kommen, mit der Hersteller die Geräte kennzeichnen dürfen, die weniger als 23 Prozent des Referenz-Wertes verbrauchen – im Beispiel also weniger als 53 Watt. 2017 soll „A++” und ab 2020 sogar „A+++” möglich sein. Diese beiden besonders sparsamen Klassen stehen für Werte von maximal 16 beziehungsweise zehn Prozent der Referenz – oder 35 und 22 Watt beim Beispiel 40-Zöller.

Fachleute bezweifeln, dass große Flat-TVs in absehbarer Zeit auf derart geringe Verbrauchswerte kommen. „Zum Start der Kennzeichnung im nächsten Jahr erwarten wir, dass etwa 10 Prozent der Geräte auf dem Markt in den Klassen A und B eingestuft werden” sagt Wilfried Oppermann von Panasonic, der als Vertreter des Herstellerverbandes ZVEI an der Umsetzung des Energielabels beteiligt war. „Eine Flut an A-Kennzeichnungen wie bei Kühlschränken werden wir bei TV-Geräten nicht haben”, vermutet er und hofft, dass TV-Käufer künftig nicht nur auf Basis der Energieffizienz entscheiden, welches Gerät sie wählen.

Denn Funktionen wie ein eingebauter HDTV-Tuner, Pay-TV-Decoder, Internetfunktionen oder ein integrierter Festplattenrecorder schlagen sich in jedem Fall negativ auf die Effizienz-Kennzeichnung nieder. Schließlich räumt der EU-Referenzwert einem zusätzlichen Tuner oder dem Festplattenrecorder grade mal je 4 Watt zusätzlichen Verbrauch ein. Bei einem Gerät der Effizienzklasse A bleiben davon maximal 30 Prozent – also magere 1,2 Watt. Oppermann setzt darauf, dass die Hersteller und der Handel das neue Label verantwortungsvoll einsetzen und kommunizieren. Fernseher mit hochwertiger Technik wie Full HD, 3D oder 200 Hertz-Technik brauchen ihm zufolge prinzipbedingt mehr Energie als Billig-Geräte ohne innovative Features. Eine Kaufentscheidung ausschließlich nach dem Energielabel kann also auch Bildqualität kosten.

Sharp-Vertriebsdirektor Herman Karabetyan erklärt indes „Bereits heute erfüllen etwa 85 Prozent unseres aktuellen Sharp TV-Sortiments die Voraussetzungen für eine Einstufung in die obersten, ‘grünen’ Energieeffizienzklassen.” Mit den „obersten Effizienzklassen” sind dabei die Stufen A, B und C gemeint, die in den aktuellen EU-Labels allesamt grün gekennzeichnet sind.

Neben der Effizienzklasse zeigt das neue Label auch den tatsächlichen Stromverbrauch in Watt sowie den theoretischen Energieverbrauch pro Jahr. Dieser wird auf der Basis von vier Stunden Betrieb am Tag berechnet.

digitalzimmer.de meint: Gut, dass endlich eine Kennzeichnung kommt, die den Energiehunger von TV-Geräten sichtbar macht. Gut auch, dass sie nicht vom Start weg eine Versammlung immer gleicher A-Geräte mit wechselnder Zahl an Plus-Zeichen liefert. Paradoxer weise wird aber der Verkauf von Kühlschränken der Energieffizienzklasse A „ohne Plus” ab 2012 in der EU verboten, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind. Bei TV-Geräten werden 2012 Geräte ab Klasse D vom Markt verbannt. Das zeigt das Dilemma der Kennzeichnung: Ein Vergleich zwischen Gerätearten wie Kühlschränken und TV-Geräten ist ähnlich sinnvoll wie der zwischen Äpfeln und Birnen. Für Fernseher gilt: Energieverbrauch ist ein wichtiges, aber neben der Ausstattung und der Bildqualität nicht das absolut entscheidende Kriterium, um künftig das Wunschgerät zu finden.