Digitale Trauer: Grabsteine mit QR-Code

Trauerseiten im Internet gibt es viele. Die evangelische Kirche spendet Angehörigen Trost im Trauernetz.de (Link), Zeitungsverleger wie Holzbrinck und die WAZ-Gruppe haben ihr Anzeigengeschäft auf Trauer.de (Link) digitalisiert. Nur der direkte Link ins Leben der Hinterbliebenen, der fehlt in der Regel. Vor allem in Deutschland. Andere, eher technikbegeisterte Nationen wie Japan, Israel oder die Vereinigten Staaten haben längst eine Möglichkeit gefunden, das Hier und Jetzt mit dem Jenseits zu vernetzen: QR-Codes.

Grabstein_QR-Code
Grabsteine mit QR-Code gibt es bereits in Japan, Israel und den Vereinigten Staaten.

Die schwarz-weißen Würfelgrafiken werden auf Grabsteine aufgebracht und enthalten Links zu Internet-Seiten über die Verstorbenen. Jeder, der sein Smartphone mit installiertem QR-Code-Reader auf so einen Grabstein richtet, kann Texte lesen, Bilder anschauen oder beim Betrachten von Videos des jeweiligen Menschen gedenken. Das japanische Steinmetz-Unternehmen Ishinokoe bietet bereits seit 2008 solche Steine an. Sie werden „Kuyou No Mado” genannt, was übersetzt ungefähr so viel bedeutet wie „Fenster des Andenkens” (Link)

Quiring Monuments aus Seattle, seit mehr als 100 Jahren in Familienbesitz und einer der Marktführer für handgefertigte Grabsteine in den USA, bietet mit „Living Headstone” (Link) gleich das Komplettpaket: Für einen Aufpreis von 65 Dollar sorgt das Unternehmen fünf Jahre lang für Aufbau und Unterhalt der Webseite. Zusätzliche Code-Plaketten für die Lieblings-Gartenbank des Verstorbenen oder andere Orte mit persönlicher Bedeutung können nachbestellt werden.

Während Quiring die Würfelgrafiken aufklebt, was einfache Massenfertigung erlaubt, ließ der israelische Medizintechniker Yoav Medan den QR-Code auf dem Grab seiner unlängst verstorbenen Mutter per Laser eingravieren. Die Vertiefungen wurden mit einer schwarzen Paste gefüllt, um den nötigen Kontrast zu erzielen, und anschließend mit Glas versiegelt. Der von Medan beauftragte Steinmetz möchte aus dem Verfahren ein Geschäftsmodell machen, wie das Technikblog Mashable.com berichtet. Bei Medan selbst haben die Blogger einen recht profanen Grund für die QR-Aktion ausgemacht: Er wusste auf die Schnelle nicht, was er auf den für die Ewigkeit gedachten Grabstein schreiben sollte. Eine Webseite hingegen ist dynamisch – sie lässt sich jederzeit ändern oder ergänzen.

digitalzimmer.de meint: Jeder Mensch trauert auf seine Weise, warum also nicht per Website, die dem Verstorbenen ein virtuelles Denkmal setzt. Dass QR-Codes für jedermann sichtbar auf Grabsteine aufgebracht werden, passt außerdem in die Zeit: Eine Facebook-Kultur, die Privates eher enthüllt als zu verbergen, führt zwangsläufig auch zu neuen Formen der Trauer. So werden die Internet-Links auf Grabsteinen wohl eher von Fremden genutzt als von den Hinterbliebenen. Denn die kannten den Menschen ja oft noch zu Lebzeiten.