Alternative Karten-Apps für iPhone und iPad

Die neue Karten-App, die Apple mit dem Betriebssystem iOS 6 für iPhone, iPad und iPod touch gestartet hat, löste in den letzten Tagen einen Sturm der Kritik aus. Grund dafür sind viele Fehler in der App – nach unserer Erfahrung etwa veraltete und falsch zugeordnete Sonderziele, die so genannten „Points Of Interest” (POI). In Stuttgart etwa ist eine „Patronen-Tankstelle”, die Tintenstrahl-Druckerpatronen nachfüllt, als Tankstelle vermerkt, die Redaktionen des Verlages „Motor Presse Stuttgart” sind mit dem Verweis auf die Zeitschrift „Lastauto Omnibus” als Bushaltestelle eingezeichnet und Märkte von „Penny”, „Aldi Süd” oder „Lidl” firmieren als Restaurants. Andererseits verzeichnet die App Restaurants, die bereits seit mehreren Jahren geschlossen sind oder den Namen gewechselt haben. In Onlineforen werden neben diesen offensichtlichen Schlampereien auch Fehler in den Karten gelistet. Kurzum: Die App bedarf einer gründlichen Überarbeitung. Nun hat sich Apple-Chef Tim Cook in einem offenen Brief für die Fehler entschuldigt und vorgeschlagen, man könne ja in der Zwischenzeit bis zu einem notwendigen Update auf die Mobilseiten anderer Kartendienste oder andere Apps zurückgreifen. Doch welche kostenlosen bis günstigen Apps taugen als Karten-Ersatz?

Google Maps und andere Mobilseiten
Die bisherige Karten-App von Apple basierte auf den Daten von Google Maps und funktionierte auf ihre Art prima. Sie fand Orte auf der Karte per Auswahl von Kontakten aus dem Adressbuch, per Google-Suche oder über eine einfache Eingabe der Adresse ins Suchfeld. Per Fingertippen zeigte die App die aktuelle Position, und über die Routenfunktion ließen sich Verbindungen fürs Auto, mit öffentlichen Verkehrsmittel oder zu Fuß aufrufen. Die meisten dieser Funktionen bietet auch die mobile Google-Maps-Seite, die man über http://maps.google.com aufrufen kann. Aber eben nicht alle: Die Webseite sieht zwar auf dem iPhone fast so aus wie eine eigene App, doch sie kann beispielsweise nicht auf das Adressbuch des iPhone zugreifen und dementsprechend keine Routen zu Kunden oder Freunden auf Fingertippen aufrufen. Auch die Anzeige von Google-Streetview, die in der bisherigen Karten-App für einige Städte verfügbar war, ist auf der mobilen Webseite nicht aktiv.
Ähnlich sind die Kartendienste Bing Maps von Microsoft (m.bing.com/maps) und Nokia Maps (m.maps.nokia.com) aufgebaut. Beide basieren auf Navteq-Kartenmaterial. Bing Maps ist sehr schlicht und besitzt in der Basisversion nicht einmal einen Routenplaner. Den kann man aber über die mobile Startseite der Microsoft-Suchmaschine aufrufen. Die Mobilseite von Nokia Maps vereint dagegen Kartenansicht und Routenplaner zusammen mit Menüeinstellungen auf einer Oberfläche. Ein Zugriff auf das Adressbuch ist ebenso wenig möglich wie bei Google Maps. Die Suche per Begriffseingabe nach speziellen Zielen und die Routenplanung dorthin klappt mit Nokia Maps ähnlich problemlos wie bei Google, die Bing-Kartenseite dagegen tat sich mit Stichwortsuchen schwer. Keine der mobilen Webseiten kann indes navigieren – die Kartendarstellung zeigt immer nur eine Route, an der man sich im Auto oder zu Fuss orientieren kann.

Kostenlose Karten zur Auswahl – Falk Maps
Falk Maps ist eine Karten-App, die wahlweise dasselbe Kartenmaterial nutzt wie Bing und Nokia oder die frei verfügbaren „OpenStreetMaps” (OSM). Diese weltweiten Open-Source-Karten wurden in den letzten Jahren durch unzählige Nutzer erschaffen, ständig weiterentwickelt und bieten zumindest in Gegenden mit guter Infrastruktur eine sehr gute und meist aktuelle Alternative zu den kommerziellen Kartenanbietern. OSM sind wahlweise als Straßen-, Radweg- oder Geländekarten sowie mit Satellitenansichten zu haben, die Falk-App bietet die Auswahl in ihrem Menü an und springt schnell von einer zur anderen Variante. Routenplanung beherrscht die App auf Basis einer Adresseingabe, die leider ebensowenig an das Adressbuch angebunden ist wie bei den Mobilseiten von Google Maps oder Bing. Dafür bietet sie eine sehr gute Suchfunktion für POIs im Umkreis des aktuellen Standortes. Navigation mit Routing ist bei Falk nicht vorgesehen. Und manchen Nutzer könnten die Werbebanner stören, die immer wieder oben oder unten am Rand eingeblendet werden.

Crowd-gesteuertes Navigationssystem – Waze
Gemeinsam sind wir schlauer, sagten sich die Macher der kostenlosen Navigations-App Waze. Sie basiert auf Open-Source-Karten und dient vor allem als Navigationssystem – inklusive mehrsprachiger Ansagestimme und Warnmeldungen, die durch andere Nutzer aktiviert und bestätigt werden. Die Navigation richtet auch sich nach solchen User-Meldungen über einen Unfall, einen Stau oder eine Baustelle auf der Strecke und wählt im Zweifelsfall eine neue Route. Per Fingertippen kann man auch selbst der Community Blitzer, Polizeikontrollen, Unfälle und andere Vorkommnisse melden sowie Fehler auf den Karten übermitteln. Das Programm funktioniert theoretisch weltweit, solange man eine Datenverbindung hat und Karten wie auch Meldungen live abrufen kann. Die Suche nach Zielen erfolgt wahlweise per Adresseingabe, über eine Google-, Bing- oder 4Square-Suche sowie aus den Kontaktdaten des iPhone oder iPad. Die Navigation von Waze bietet mit ihrem von Usern generierten Kartenmaterial nicht immer die allerletzte Genauigkeit – in Stuttgart wurden etwa ein paar der zahlreichen Staffeln (Treppen) zu Straßen erklärt, und auf einer Route sollte der Fahrer recht halsbrecherisch an verbotener Stelle links abbiegen. Für ein kostenloses Programm sind die Leistungen dennoch beeindruckend.

Die günstige Alternative – Skobbler GPS Navigation 2 + Blitzer
Die günstigen Navigationsprogramme von Skobbler sind bereits Klassiker im Appstore. Die neueste Version gibt es für den Grundpreis von 1,59 Euro. Sie bietet bereits eine weltweite Kartenabdeckung, man muss allerdings ständig online sein, um Navigation und Kartenanzeige am Laufen zu halten. Eine Funktion für Kartendownloads und andere Extras kosten Aufpreis: Für 2,99 Euro kann man die Karten eines Landes downloaden, für 5,99 die eines ganzen Kontinents und für 9,99 Euro die ganze Welt. Skobbler nutzt ebenfalls lizenzfreie OpenStreetMaps. Die Routenführung klappt prima und umfasst im Gegensatz zu allen anderen Lösungen sogar eine in Deutschland gut funktionierende Fahrrad-Navigation, die überwiegend Nebenstrassen sowie Fahrrad-, Wald- und Feldwege nutzt. Die Auswahl von Zielen erfolgt über POI- und Web-Suche sowie die Auswahl von Kontakten aus dem Adressbuch, alternativ zur Navigationsfunktion bietet Skobbler auch eine Kartenansicht mit Routenplaner und einen Fahrpiloten, der ohne Routenführung die aktuelle Position auf der Karte in 2D- oder 3D-Optik und die Geschwindigkeit zeigt.

Kostenlose Basisversion von Navigon bei der Telekom
Die Navigon Select Telekom Edition ist die Einfach-Version mit Karten für Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein der kommerziellen Navigations-App, die als Vollversion für wahlweise 20 oder 40 Länder Europas 59 bis 69 Euro kostet. Die Select-App ist nur für iPhone-Nutzer mit Telekom- oder Debitel-Vertrag nutzbar. Funktionen wie die 3D-Ansicht, Blitzerwarnungen oder regelmäßige Kartenupdates muss man aber per In-App-Kauf dazu erwerben. Die Grundfunktionen der App sind aber bereits sehr gut und bieten vor allem im Strassenverkehr die beste Routenführung aller günstigen Apple-Alternativen – allerdings eben nur in den genannten Ländern. Mit kostenpflichtigen Erweiterungen für vollen Funktionsumfang wird der Spass allerdings schnell ähnlich teuer wie die Komplett-Apps von Navigon für ganz Europa. Dass das Konzept der kostenlosen Basis-App mit Bezahl-Upgrades aufgeht, zeigen die Appstore-Charts. Dort ist Navigon Select Telekom Edition sowohl die meist geladene Navigations-App als auch die Umsatzstärkste.

digitalzimmer.de meint: Apple wollte mit der neuen Karten-App in iOS 6 eigentlich alle anderen Navigationsprogramme überflüssig machen. Denn abgesehen von ihren Fehlern können die neuen Apple-Maps jetzt auch navigieren. Und sie machen das nicht einmal schlecht – sie schlagen beispielsweise mehrere Routen zum Ziel vor, verzeichnen auch Wald- und Wanderwege. Das bringt aber nur wenig, wenn man den Karten generell nicht so recht vertrauen kann. Nun schlägt also doch die Stunde der unabhängigen Kartenanbieter wie etwa Waze, das Tim Cook in seinem Schreiben erwähnt und das für ein Gratis-Programm beachtliches leistet. In unseren Versuchen hat sich indes Skobbler als erste Wahl für eine möglichst günstige und weitgehend zuverlässige Navigations-App erwiesen – vor allem mit Kartendownloads als Bezahl-Upgrade. Für die einfache Anzeige und Routenplanung mit verschiedenen Kartentypen ist die Karten-App von Falk erste Wahl – kostenlos und besser als die Mobilseiten von Google, Bing und Nokia. Am Besten aber wäre es, wenn Apple schleunigst die Fehler im eigenen Programm ausmerzt.