Philips: Smart-TVs als Drei-Klassen-Gesellschaft

Bei den neuen Flat-TVs von Philips stehen alle Zeichen auf Schlau. Von acht neuen Fernseher-Serien gibt es nur eine, die nicht das Logo „Smart-TV” auf der Featureliste trägt: die Einsteiger-Geräte der Serie 3000. Diese haben Full-HD-Auflösung und eine konventionelle Röhren-Rückbeleuchtung (CCFL) an Stelle von LEDs. Sie sollen überwiegend in Großflächenmärkten von der Palette verkauft werden, selbst das 47-Zoll-Modell (119 Zentimter Diagonale) dieser Klasse dürfte für deutlich unter 1000 Euro den Besitzer wechseln. In den Preissegmenten darüber ist aber auch nicht alles gleich schlau, was Smart-TV heißt. Philips segmentiert die Online- und Netzwerkfunktionen seiner TV-Geräte in drei Klassen: Smart TV Premium, Smart TV Plus und einfach nur Smart TV.

Das neue Smart-TV-Menü von Philips. (Bild: Hersteller)
Das neue Smart-TV-Menü von Philips. (Bild: Hersteller)

Smart TV Plus – Das neue Net TV
Die Modelle der Mittelklasse-Serien 4000, 5000 und 5500 entsprechen in ihren Onlinefunktionen am ehesten dem, was von den bisherigen vernetzten Philips-TVs bekannt ist. Das ursprünglich „Net-TV” genannte Onlineportal wurde ja schon vor einiger Zeit in „Smart TV” umbenannt. Es kommt in runderneuerter Optik in die  TVs – und in ältere. Selbst die Online-Menüs von 2009er-Modellen wurden laut Philips aufgehübscht – ein Firmwareupdate macht’s möglich.

Das neue Portal bietet eine strengere Sortierung nach Video-Empfehlungen, TV-Apps und Online-Menüs als bisher. Apps werden als Kacheln im unteren Bildschirmbereich gruppiert. Sie lassen seitenweise durchblättern. Weitere Anwendungen findet man in der so genannten App Gallery. Die Film-Tipps aus Onlinevideotheken im oberen Bildschirmbereich möchte Philips in Zukunft aus einer Empfehlungsdatenbank zusammenstellen. Der so genannte „Gracenote Recommender” soll aus Benutzerbewertungen und Sehgewohnheiten des Zuschauers in TV-Mediatheken und Online-Videotheken interessante Filme aus einer großen Cloud-Datenbank sammeln und auf dem TV-Schirm präsentieren. Wer angesichts der Sammelleidenschaft eines solchen Dienstes Datenschutz-Bedenken hat, der könne die Funktion auch deaktivieren, sagte ein Philips-Sprecher bei der Präsentation der neuen Smart-TV-Oberfläche.

Philips integriert immer mehr kommerzielle Dienste wie etwa Onlinevideotheken in sein Smart-TV-Portal: Neben Videociety stehen jetzt oder demnächst auch Filme von Maxdome, Acetrax Viewster und kinderkino.de zum Ausleihen bereit. Für diese und andere Bezahldienste möchte Philips künftig ein einheitliches und zentrales Abrechnungssystem mit einem einzigen Benutzerlogin einführen. Neben dem TV-Portal bieten Smart-TV-Plus-Geräte wahlweise eingebautes WLAN oder die Möglichkeit, den Funknetz-Anschluss per USB-Stick nachzurüsten. Über das lokale Netzwerk können die Geräte Medieninhalte per DLNA streamen. Die Smart-TV-Plus-Serien sind allesamt Full-HD-Geräte mit LED-Rückbeleuchtung. Nur die hochwertigste Serie darunter, die 5500er-Modelle, zeigen auch 3D-Filme räumlich an. Bei ihnen kommt  Shuttertechnik zum Einsatz

Smart-TV Premium: Skype und Co.
Die Edel-Flat-TVs der neuen Philips-Serien 6000, 7000 und 8000 haben unter dem Titel Smart TV Premium eine komplette Online- und Kommunikationsplattform eingebaut. Neben dem Smart-TV-Menü beherrschen sie auch Video-Telefonate mit dem Onlinedienst Skype. Den 8000er-Modellen legt Philips die Skype-Webcam bei, zu den günstigeren Serien kann man sie dazu kaufen.

Daneben zeichnen sich die Topmodelle unter den Premium-Serien auch durch eine erweiterte Bedienung im Onlineportal aus. Die 7000er- und 8000er-Geräte haben Fernbedienungen, auf deren Rückseiten vollwertige, quer angeordnete Text-Tastaturen eingelassen sind. Per Lagesensor sperren sich die Tasten auf der Vorderseite, sobald man die Fernbedienung zum Tippen umdreht und auf dem Bein ablegt. Als weitere Bedienhilfe ist bei den Geräten der Serie 8000 eine Cursorsteuerung im Zauberstab-Stil vorgesehen: Drückt mann die ok-Taste der Fernbedienung, dann lässt sich eine Art Mauszeiger mit der Fernbedienung über den Bildschirm dirigieren. Diese Funktion sollen die Geräte allerdings erst im Herbst 2012 per Software-Update lernen. Die 6000er-Serie setzt auf eine 3D-Anzeige per Polfilterbrillen, die beiden teureren Serien 7000 und 8000 bieten 3D-Shuttertechnik. Alle drei Serien haben die Philips-typische Ambilight-Beleuchtung, die von der Rückseite des TV aus die Umgebung indirekt erhellt.

Smart TV: Online-Basisfunktionen
Auch die wesentlich günstigere Serie 3500 trägt den Namen „Smart TV”, doch hier handelt es sich nicht um das bekannte Philips-Onlinemenü. Für die kleinste Stufe der Philips-Onlinefunktionen stehen nur ein Netzwerkanschluss mit DLNA-Medienabruf sowie ein Zugang zur Videocommunity YouTube zur Verfügung. Das bislang mit dem Begriff „Smart TV” assoziierte App- und Mediatheken-Menü bleibt diesen Geräten verschlossen.

Die neuen Philips-TVs sollen zwischen März und Mai 2012 auf den Markt kommen. Den Anfang machen die Einsteigermodelle der Serien 3000 und 3500, dann folgen die teureren Varianten. Preise stehen bislang nicht fest, so Philips. Auch Smart-TV-Innovationen wie das Gracenote-Empfehlungssystem, der gemeinsame Abrechnungszugang und die Zeiger-Steuerung im Online-Menü sollen im Laufe des Jahres über Software-Updates ergänzt werden. Für Herbst deutete Philips weitere TV-Neuheiten an. Auf der IFA könnten etwa Nachfolger-Modelle für die Top-Serie 9000 und neue Flat-TVs im Kino-Format 21:9 präsentiert werden.

Neu ist ab März auch die Firmenstruktur bei Philips: Das TV-Geschäft wird zu diesem Termin in ein Gemeinschaftsunternehmen von Philips und dem taiwanesischen TV-Hersteller TPV Technology ausgegliedert. Laut Philips bleiben die Entwicklungs- und Fertigungsstandorte sowie die Belegschaft von der Umstrukturierung allerdings unberührt.

digitalzimmer.de meint: Mit Net-TV gehörte Philips 2009 zu den ersten Herstellern mit Online-Menüs auf dem TV-Schirm. Drei Jahre später erscheint eine Runderneuerung des inzwischen immer volleren Onlinemenüs tatsächlich nötig. Das neue Onlineportal von Philips wirkt aufgeräumt und übersichtlich, innovative Bedienansätze wie die Fernbedienung mit Tastatur sind goldrichtig. Was nicht passt, ist die Dreiteilung des Begriffes „Smart-TV”. Erstens ist die Sparversion kein echter Smart-TV: Die Einstiegsgeräte zeigen noch nicht einmal die Onlineangebote der Sender per HbbTV. Zweitens unterscheidet einen Smart-TV Plus vom Premium-Gerät eigentlich nur die Skype-Funktion. Drittens fragt man sich, ob Philips im Herbst seine Topmodelle dann „Smart TV Ultra” nennt, wenn diese Live-Streaming oder andere Gimmicks beherrschen, die Mitbewerber bereits heute im Angebot haben. Vielleicht sollte man den gerade erst geprägten Begriff des Smart-TV einfach mal für sich stehen lassen, statt ihn gleich in drei Versionen mit je zwei Ausstattungsvarianten zu zersplittern.