OLED-Fernseher: LG bohrt dünne Bretter

LG Electronics hat den bislang größten Fernseher mit OLED-Technologie vorgestellt. Wieder einmal. Denn der Prototyp auf einer Händler- und Presseveranstaltung in Monte Carlo ist nur ein Etappensieg im ewigen Wettlauf mit Samsung. Der Erzrivale aus Korea präsentierte Anfang Mai ebenfalls einen OLED-TV mit 139,7 Zentimeter Bilddiagonale (55 Zoll), allerdings soll der im zweiten Halbjahr zunächst nur auf dem Heimatmarkt erhältlich sein – LG plant, sein Modell 55EM960V bis Ende des Jahres auch den Europäern anzubieten.

Der OLED-Fernseher 55EM960V von LG soll an der dünnsten Stelle nur vier Millimeter dünn sein. (Bild: Hersteller)
Der OLED-Fernseher 55EM960V von LG soll an der dünnsten Stelle nur vier Millimeter dünn sein. (Bild: Hersteller)

So geht das nun schon seit Jahren. Beide Hersteller reisen von Messe zu Messe, und präsentieren Prototypen. Die wandeln immer mal wieder ihre Gestalt. Der OLED, den LG Anfang 2012 auf der CES in Las Vegas zeigte, schwebte zum Beispiel noch auf einem Standrohr etwa einen Meter über dem Boden. Das jetzt präsentierte Modell hat einen Tischfuß mit Plexiglaseinlage, in dem sämtliche Anschlüsse untergebracht sind. Anders ließe sich der vier Millimeter dünne Bildschirm auch gar nicht ansteuern – weder seitlich noch hinten am kohlefaser-versträrkten Display ist genug Platz für HDMI-Buchsen.

Beim aktuellen Designmuster sitzen Bild- und Tonanschlüsse am Tischfuß. Allein drei HDMI-Buchsen und ein optischer Digitalausgang befinden sich auf der rechten Seite. Das dürfte zu unschönen Kabelsträngen führen, die das elegante Design ein wenig ad absurdum führen. Und als rahmenloses Bild an die Wand hängen lässt sich das ultradünne Display auf diese Weise auch nicht. Aber vielleicht ändert sich die Optik bis zur Markteinführung ja erneut. LG hat auf der Präsentation lediglich angekündigt dass man „den OLED-Fernseher zur Serienreife entwickeln wird”. Einen genauen Termin der Markteinführung bleibt das Unternehmen bislang schuldig, ebenso einen Preis. Nachdem Samsung angekündigt hat, seinen OLED-TV für umgerechnet etwa 8000 Euro verkaufen zu wollen, dürfte auch das LG-Modell in einer ähnlichen Preisregion landen.

Technisch hält LG an seinem Bildaufbau mit vier Pixelfarben fest. Genauer gesagt: Die organischen Leuchtdioden strahlen durchgängig weiß und werden mit Filtern vor den Bildpunkten rot, grün und blau eingefärbt. Dazwischen bleiben weiße Pixel stehen, um das Bild strahlender und kontrastreicher zu machen (WRGB). Der Trick gleicht Helligkeitsverluste aus, die durch die Farbfilter entstehen. Außerdem dürfte er den Fernseher farbstabiler machen, weil nur eine Art Leuchtstoff zum Einsatz kommt, der gleichmäßig altert. Samsung lässt seine OLED-Bildpunkte selbst in Rot, Grün und Blau leuchten (RGB). Da die Farbstoffe unterschiedlich schnell altern und dabei an Helligkeit verlieren, bekommt so ein Display ohne Gegenmaßnahmen im Lauf der Zeit allerdings einen Farbstich: Blau verabschiedet sich am schnellsten und muss durch Änderung der Pixelansteuerung kompensiert werden.

Echte Langzeiterfahrungen mit beiden Technologien fehlen bislang. Der optische Eindruck sowohl des Samsung- als auch des LG-Panels scheint aber exzellent zu sein. Augenzeugen, die in Monaco und auf der CES die Prototypen gesehen haben, loben Brillanz und den Blickwinkel der OLED-Schirme. Dank extrem kurzer Reaktionszeiten sollten auch schnelle Bewegungen kein Problem sein. Samsung nutzt die Schaltgeschwindigkeit auch für 3D-Darstellung mit Shutterbrillen, LG setzt beim 55EM960V auf die passive Technik mit Polfilter-Technik. Allerdings wird das OLED-Modell nach aktuellem Stand keine „Ultra Definition”-Auflösung mit 3840 x 2160 Pixel haben, die im 3D-Betrieb für volle HDTV-Qualität sorgen würde. 4K-Auflösung bleibt Geräten wie dem 84-Zoll UDTV vorbehalten, den LG ebenfalls schon mehrfach als Prototyp gezeigt hat.

digitalzimmer.de meint: Die Vorteile der OLED-Technologie sind unbestritten. Und flacher als mit der papierdünnen Display-Technik lassen sich Bildschirme derzeit nicht bauen. Allerdings ist es bis zum TV, der wie ein Bild an der Wand hängt, noch ein weiter Weg. Was nutzt ein vier Millimeter flacher Schirm, wenn er in einem wuchtigen Fuß endet, der die komplette Elektronik samt CI-Plus-Modul und HDMI-Buchsen beherbergen muss? Wer 8000 Euro für ein Gerät ausgibt, möchte nicht unbedingt verzweigte Anschlusskabel auf dem Sideboard in Kauf nehmen. In dieser Preisklasse kommt es nicht allein auf gute Bildqualität an. Der Fernseher sollte von allen Seiten und auch in ausgeschaltetem Zustand gut aussehen. Aber vielleicht modifiziert LG das Design ja noch. Bis zur Markteinführung in der zweiten Jahreshälfte ist noch Zeit – für den einen oder anderen Prototypen.