NFC: Das Handy wird zur Geldbörse

Bezahlen mit dem Mobiltelefon: An manchen Orten geht das bereits. In dreizehn deutschen Nahverkehrsregionen etwa, wo als Fahrschein ein QR-Code dient, der aufs Handy geschickt wird. Vollwertiger Ersatz für eine Kreditkarte oder die normale Bankkarte waren solche Lösungen bislang aber nicht. Das soll sich nun ändern. Auf der Fachmesse Mobile World Congress, die am 14. Februar in Barcelona beginnt, wird eine Technologie ihre Wiedergeburt erleben: NFC oder Near Field Communication, zu Deutsch etwa „Kommunikation im Nahbereich”.

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NFC am Snack-Automat: Angebot der Telekom Aufstria (A1) mit Nokia-Handy (Bild: A1)

Für NFC muss das Handy mit einem zusätzlichen Funk-Chip ausgestattet sein. Dieser RFID-Sensor reagiert auf kurze Entfernung zum Beispiel mit der Zahlschranke im Parkhaus oder dem Fahrschein-Automaten in Bus und Bahn. Der Kunde hält zum Bezahlen sein Handy nur an das jeweilige Terminal, der Betrag wird dann vom Konto abgebucht oder mit der monatlichen Mobilfunk-Rechnung erhoben. Der Mobilfunk-Anbieter Telekom Austria (A1) experimentiert bereits seit 2007 mit der Technologie. In Salzburg und Wien lassen sich Tickets damit kaufen oder Snacks und Zigaretten aus speziellen Automaten ziehen. Allerdings funktioniert das Bezahlen nur mit wenigen Handys von Nokia, die außerdem nicht mehr dem neuesten Stand der Technik entsprechen.

Doch jetzt kommt eine neue Generation von Smartphones, die NFC von Haus aus unterstützen. Google hat Near Field Communication in Version 2.3 seines Handy-Betriebssystems Android (Spitzname „Gingerbread”) integriert. Das Galaxy S2 von Samsung soll einen RFID-Chip an Bord haben, das weitgehend baugleiche Google Nexus S in den USA ebenfalls. Und wenn die Gerüchte recht behalten, wird er auch bald im iPhone und kommenden Nokia-Modellen eingebaut sein.

Damit könnte der Technik, die in Japan bereits weit verbreitet ist, der Durchbruch gelingen. Allerdings hat Nippon einen Vorsprung von sechs Jahren. Bereits 2004 wurden dort erste Mobiltelefone verkauft, die den NFC-Ableger „FeliCa” benutzen. Inzwischen ist das von Sony entwickelte System zum japanischen Standard geworden – mit Millionen verkauften Handys und über 70 Unternehmen, die FeliCa als Zahlungsmittel akzeptieren. Selbst für das iPhone 4 gibt es dort eine Gehäuseschale, die FeliCa nachrüstet.

Im Rest der Welt steht NFC noch ganz am Anfang, obwohl die Technologie seit Jahren über Messen geistert. Bereits 2004 gründeten Philips, Sony und Nokia das NFC-Forum, um Near Field Communication im Markt voran zu bringen. Mittlerweile sind an der Interessenvereinigung mehr als 140 Firmen beteiligt, darunter LG, Microsoft, Motorola, Samsung, Mastercard und Visa. Aber erst seit Dezember 2010 gibt es offizielle Regeln zur Zertifizierung von Geräten, nach denen sich alle Handy-Produzenten richten können. Eine wichtige Voraussetzung, damit das System herstellerübergreifend funktioniert. Bis dahin waren alle NFC-Einsätze außerhalb Japans kaum mehr als Pilotversuche.

Indirekte Unterstützung kommt auch von Banken und Kreditkarten-Anbietern. Die rüsten ihre Plastik-Zahlungsmittel gerade auf RFID-Chips um. Statt unsicherer Magnetstreifen sollen künftig Funkchips die Kunden- und Kontoinformationen enthalten. Bei Mastercard heißt die Funktion „Paypass” – eine halbe Million Miles&More-Kreditkarten sind bereits damit ausgestattet – Konkurrent Visa nennt seine Lösung „PayWave”. Vor allem aber haben die deutschen Sparkassen angekündigt, ab dem zweiten Halbjahr 2011 ihre rund 45 Millionen Karten mit der neuen Bezahltechnologie auszustatten. Bis 2014 sollen alle Sparkassencards ausgetauscht sein. Wenn so viele RFID-Chips in Umlauf sind, lohnt es sich auch für den Handel in neue Lesegeräte zu investieren. Edeka testete das berührungslose Zahlen schon am Hamburger Flughafen. Fans von Bayer 04 Leverkusen können im Stadion berührungslos mit ihrer Dauerkarte bezahlen.

digitalzimmer.de meint: Die Chancen stehen gut, dass Near Field Communication im Handy sich langfristig durchsetzt. Gerade zum schnellen Bezahlen an der Supermarkt-Kasse oder am Automaten ist die Technik bequem, weil für Beträge unter 25 Euro in der Regel keine PIN benötig wird. Da Mobiltelefon und Zahlstelle sich auf wenige Zentimeter annähern müssen, um eine Überweisung auszulösen, ist auch die Gefahr von Hacker-Angriffen gering. Allerdings müssen Mobilfunk-Nutzer auf ihr NFC-Handy in Zukunft genauso achtgeben wie auf ihr Portemonnaie. Es ist bares Geld wert.